Direktbuchungen, gerne, aber wie?

Marketing
14.06.2018

Von: Thomas Askan Vierich
Wie geht’s weiter im Umgang mit den Buchungsplattformen? Wie komme ich zu mehr Direktbuchungen? Helfen hier die Metasearcher? Was bringt die Sprachsteuerung? Wir haben bei der ÖHV nachgefragt.  
Motiv aus der Direktbuchungs-Kampagne der ÖHV.
Motiv aus der Direktbuchungs-Kampagne der ÖHV.
Si, signori: Mafiamethoden in der Hotellerie!?
Unterstützt Hoteliers beim Thema Direktbuchen: Markus Gratzer von der ÖHV

Alle hoffen auf Direktbuchungen. Aber laut einer aktuellen HOTREC-Studie sanken die Direktbuchungen in Europa in den letzten Jahren von 55 auf 52 Prozent. In Europa kontrollieren drei OTAs den Markt. Der Platzhirsch Booking.com erreicht einen durchschnittlichen Marktanteil von 66 Prozent, Expedia 17 Prozent und HRS neun Prozent. „Die ersten Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass Online-Vermittler mehr und mehr Kontrolle über den Hotelvertrieb gewinnen, dass die Abhängigkeit der Hotels zunimmt und sich die eigenen unternehmerischen Handlungsspielräume verringern“, fasst Markus Luthe, Vorsitzender der HOTREC Distribution Task Force die Ergebnisse zusammen. „Hotels müssen in der Lage sein, die Konditionen und Bedingungen ihrer eigenen Angebote frei festzulegen und über die werbliche Nutzung ihres geistigen Eigentums, z. B. des Markennamens, selbst zu entscheiden“, fügt Luthe hinzu. 
In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Online-Buchungsplattformen fühlt sich die Mehrheit der Hoteliers laut Studie unter Druck gesetzt, Vertragsinhalte und Bedingungen wie Stornierungsrichtlinien, Sonderrabatte, Online-Marketing und PPC-Werbung zu akzeptieren, die man freiwillig nicht akzeptieren oder anbieten würde. Kleine und unabhängige Hotels fühlen sich dabei stärker unter Druck gesetzt als große Hotels oder Hotelketten.

Österreich stärker

Auch in Österreich sind die Direktbuchungen erst zurückgegangen (2013 auf 64 %), haben sich aber in den letzten Jahren wieder erholt, wohl auch dank der Abschaffung der Ratenparität, die ja in vielen europäischen Ländern noch gilt. Markus Gratzer, Geschäftsführer der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), begründet das auch mit der vorteilhaften Struktur der heimischen Hotellerie mit vielen privat geführten Hotels und einem höheren Anteil in der Ferienhotellerie. „Komplexere Angebote wie eine Skipauschale für die ganze Familie, selbst Kinderermäßigungen lassen sich auf OTAs schwer oder gar nicht buchen, da ist der direkte Kontakt zum Hotel viel einfacher, das wissen auch die Gäste.“  
Dennoch: Internationale und einheimische Gäste recherchieren ihr Hotel mittlerweile ganz überwiegend online, und die Hälfte bucht auch online, bevorzugt am Handy. Da bietet booking.com eben ein sehr einfaches System, das die Gäste mittlerweile gelernt haben. „Viele Gäste wissen oft gar nicht, dass sie über booking.com gebucht haben, die verstehen auch den Unterschied zwischen OTAs und Direktbuchung nicht“, sagt Gratzer. Auch auf den Metasearchern ist booking.com sehr prominent platziert und bezahlt dafür viel Geld. Und wirbt über GoogleAdWords häufig mit dem Namen des Hotels.
Aber Gratzer sagt auch: „Die OTAs schaffen Nachfrage, sie sind grundsätzlich durchaus die Freunde der Hotellerie, vor allem in internationalen Märkten.“ Dazu kommen die Metasearcher wie Trivago. „Die Metabuchung wird immer interessanter, eine Schnittstelle zu den Metasearchern kann viele Buchungen bringen.“ Meta-searcher bieten auch die Möglichkeit zu Direktbuchungen – allerdings gegen Bezahlung. Das können fixe Gebühren sein, oder es wird pro Klick abgerechnet – was bei einer schlechten Conversion-Rate schnell ins Geld gehen kann.

Problem Preishoheit

Ein Problem sind die Pseudoangebote, die booking.com ohne Rücksprache mit dem Hotel anbietet: „Der Tagespreis wird mit einem früheren, höheren Preis verglichen und so als Rabatt angezeigt. Das sind vorgetäuschte Schnäppchen. Aber leider sehr wirksam“, sagt Gratzer. Die Beraterin und Dozentin für digitales Marketing und Distribution in der Hotellerie Gabrie-le Schulze ergänzt: „Rack Rates, Normalpreise und flexible Preise müssen oben bleiben. Überall. Auch auf der eigenen Webseite und in der eigenen Booking-Engine. Ein rabattierter Preis ist nur eine Alternative zum normalen Preis. Ein Preisnachlass muss etwas vom Gast zurückfordern, dies ist mit Buchungs- oder Zahlungsrestriktionen möglich.“
Auch beim Spiel mit stornierbaren und nichtstornierbaren Preisen ist der Wettbewerb verzerrt. Mit der sogenannten Risk-Free-Buchung von booking.com wird für den Gast die nichtstornierbare Rate zur stornierbaren. Wenn der Gast tatsächlich storniert, verkauft booking.com das Zimmer erneut oder erstattet dem Hotel den Zimmerpreis. „An sich ein toller Service für die Gäste“, sagt Gratzer. „Aber es untergräbt die Preispolitik des Hotels massiv.“
Der Hotelier kann diesen Service von booking.com kündigen. Grundsätzlich empfiehlt Gratzer jedem Hotel, mit den OTAs über die genauen Bedingungen der Zusammenarbeit zu verhandeln. Gabriele Schulze sagt dazu: „Bisher kannten die Hotels steigende Provisionen, um eine bessere Listung bei Buchungsportalen zu erhalten. Vielleicht gibt es künftig die beste Listung nicht für das Hotel, das 20 % Provision überweist, sondern für Hoteliers, die nur einen Normalpreis im Markt anbieten und dem Vertrieb Verfügbarkeitsparität offerieren.“

Dem Gast Angebote machen

Wichtig ist, die Sensibilität der Gäste für diese Problematik zu erhöhen, ihnen die Vorteile einer Direktbuchung klar zu machen, wenn sie im Hotel angekommen sind oder auschecken. Man kann Upgrades bei einer Direktbuchung anbieten – oder andere (Gratis-)Angebote machen. Hier spielt das Frontoffice eine entscheidende Rolle, die Mitarbeiter sollten mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Eine laufende Schulung ist wichtig, gerade wenn die Mitarbeiterfluktuation groß ist. Die ÖHV unterstützt Hotels in der Kommunikation mit den Gästen mit ihrer Direktbuchungskampagne www.
direkt-besser.at (siehe auch Grafiken).

Persönliche Beziehungen

„Marken schaffen Vertrauen“, sagt Gratzer. Das kann eine Kette sein, aber auch ein Einzelhotel. „Wir haben viele Tophäuser, die so gut positioniert sind, dass sie ganz auf OTAs verzichten können. Die arbeiten nicht einmal mit den Metasearchern zusammen. Oder nutzen diese Kanäle nur in der Nebensaison.“ Auch weniger berühmte Hotels können mit einer persönlichen Beziehung zu ihren Gästen punkten und so Vertrauen aufbauen: „Freundlichkeit und individuelle Betreuung, auch online, am Telefon und natürlich vor Ort: Das sollte unserer große Stärke sein. Denn da können die OTAs nicht mithalten.“

Fortbildung

Die ÖHV bietet seit zwei Jahren das Fortbildungsprogramm zum Online- Marketing & Revenue/Yield Management LORY (www.oehv.at/lory) an: Hier erfahren Hoteliers, wie sie die verschiedenen Buchungskanäle bedienen können. Was will ich erreichen? Mit wem will ich Kontakt halten? Welchen Mehrwert will ich wo erzielen? Welche Geschichte erzähle ich? Und auf welchem Kanal? Man kann oft nicht alle Kanäle gleichzeitig bedienen, denn das würde einfach zu viel kosten. Man muss auch nicht alle Zimmer auf allen Kanälen anbieten. Man könnte stattdessen bestimmte Zimmertypen nur auf der eigenen Homepage vermarkten. Auch so kann man die Preishoheit zurückgewinnen.

Datenhoheit und DSGVO 

Das Ziel der großen Player ist es, die Datenhoheit über die Kunden zu bekommen und zu behalten. Wenn der Kunde über sie bucht, haben sie den ersten Zugriff auf seine Daten. „Sie bauen eine regelrechte Firewall gegenüber den Hotels auf“, sagt Gratzer. „Und steuern die Klicks durch die Darstellung der Hotels, das läuft nicht so objektiv ab, wie das der Kunde glaubt.“ Dem Hotelier bleibt nichts anderes übrig, als den Gast vor Ort nach Daten zu fragen: über eine Newsletteregistrierung, durch maßgeschneiderte Angebote und günstigere Preise. Hier spielt die DSGVO den Hoteliers eher nicht in die Hände: „Die großen Portale sind die Nutznießer dieser Challenge“, sagt Gratzer. „Eine neue Datenschutzrichlinie ist schnell ausgeschickt, die liest sowieso keiner. Hier sind die KMU eindeutig benachteiligt.“ Obwohl die DSGVO eigentlich das Gegenteil erreichen wollte … 

Sprachsteuerung

„Aufgrund unserer kleinteiligen Struktur tun wir uns bei Innovationen generell schwer, hier können große Konzerne mit viel Geld schneller etwas umsetzen.“ Das gelte auch für die Sprachsteuerung. Auch die können die Großen besser nutzen. Um trotzdem gegenzuhalten, hat die ÖHV letztes Jahr das geförderte Projekt „On.Guide“ mit sechs Partnerhotels und dem Start-up Onlim gestartet. Es wird Content der Betriebe für Chatbots aufbereitet. So können auch kleinere Hotels Sprachsteuerungen mit eigenen Inhalten umsetzen. Die Sprachsteuerung bietet auch Chancen für die Direktbuchung. Es kommt halt darauf an, wen Siri oder Alexa vorschlägt: die OTAs, den Metasearcher oder eben direkt das Hotel.

www.direkt-besser.at
www.oehv.at/lory

Unterstützung für's Direktbuchen