Gelungener Neustart: Vom Grünen Baum nach Tirol

Hotel
19.08.2016

Von: Thomas Askan Vierich
Das war hart: Nach Jahrzehnten „Grüner Baum“ musste die Familie Blumschein neu anfangen und kehrte mit der Übernahme des Hotel Post in St. Johann zu ihren Tiroler Wurzeln zurück 
Neustart in Tirol: Sigrid und Maximilian Blumschein.
Seit dem Umbau mit urbaner Formensprache und viel Sichtbeton: Das Hotel Post in St. Johann.

Trotz aller Versuche, zuletzt mit der Umstellung auf Bio: Der legendäre Grüne Baum in der Nähe von Bad Gastein war nicht mehr zu retten. Also suchte sich die junge Generation der Betreiberfamilie, Sigrid und Maximilian Blumschein, etwas Neues. Man sah sich im In- und Ausland um und entschied sich dann für ein jüngst komplett neu aufgebautes Haus mit 700-jähriger Geschichte: Das Hotel Post in St. Johann: beste Lage im Ortskern, 99 Betten, Wellnessbereich, Seminarraum, Stube und viele Möglichkeiten, das Haus innen wie außen zu bespielen. Eigentümer ist ein ortsansässiger Betrieb mit 17 Filialen weltweit: Das Spanplattenwerk Fritz Egger. 

„Wirtsehepaar“ mit Hotelerfahrung

Das Besondere der Post war schon immer die Verbindung aus bodenständigem Wirtshaus und Hotel. Also suchte Egger ein „Wirtsehepaar“ mit Hotelerfahrung. Beides brachten die Blumscheins mit, sie setzten sich gegen 20 Mitbewerber durch. Allerdings mussten sie umdenken: „Der Grüne Baum war eine gewachsene Struktur“, sagt Sigrid Blumschein. „da hatte sich viel angesammelt.“ Ganz anders die Post: Die wirkt sehr aufgeräumt, seit dem Umbau mit einer eher urbane Formensprache. Sichtbeton dominiert fast überall im Haus. Hier passte auch nicht das ursprünglich geplante „Familienkonzept“: „Das hat sich schnell auf die Kombination von Businesshotel und Wirtshaus gedreht“, sagt die Post-Wirtin, die meist ein Dirndl trägt.

Man setzt also nicht nur auf klassische Ferienreisende, sondern auch auf die Kraft des Ortes als regionales Wirtschaftszentrum mit 9000 Einwohnern. Man möchte auch als Tagungshotel wahrgenommen werden, die Infrastruktur im Haus ist darauf vorbereitet. „Aber das Marketing dafür muss erst noch aufgebaut werden“, sagt Sigrid Blumschein.

Kulinarisch zweigleisig unterwegs

Kulinarisch fährt man ebenfalls „zweigleisig“: Auch hier trifft Moderne auf Tradition. Das Fleisch bezieht man exklusiv vom im Ort ansässigen Brunnhof, dessen 300 Rinder im Sommer auf der Alm am Kitzbüheler Horn weiden dürfen. Im „Postmarkt“ können Gäste eine Vielzahl an regionalen Produkten kaufen und gleich als Jause verkosten – im Ambiente eines eher urbanen Bistros. Wer es holzbetonter bodenständig mag, setzt sich in die Poststube im alten Haupthaus. Die Zimmer sind überwiegend modern eingerichtet und zitieren meist nur eine rustikalere Ästhetik. 

Diese Mischung aus modern interpretierter Traditionsverbundenheit soll und wird sowohl Aktivurlauber als auch Geschäftsreisende ansprechen. Ein durchaus neuer Ansatz. Aber nötig in einem Ferienort mit zwar steigenden Nächtigungszahlen auch im Sommer, wo es aber immer noch eine seit Jahren leerstehende größere Hotelruine aus Zeiten gibt, als man noch ausschließlich auf den Massentourismus im Winter setzte. Deshalb freut sich auch der ganze Ort, dass die Blumscheins mit frischem Wind an ihre Wurzeln zurückgekehrt sind: „Hannes Blumschein war als ‚Überwirt‘ vor 40 Jahren eine Legende in St. Johann“, sagt Sigrid Blumschein. Daran möchte man anknüpfen.