Leichter Wein, voller Geschmack

Gastronomie
09.05.2016

 
Der Zuckergehalt der Traube als Maßstab hat dazu geführt, dass leichte Weine gern als „Wasserl“ abgetan werden. Zu Unrecht, gerade im Sommer steigt die Nachfrage. 
Brigitte und Gerhard Schaller setzen am Neusiedler See auf leichte Weine. Genau das Richtige für den Sommer!

Winzer schütteln gerne den Kopf, wenn Weine nach Alkoholgehalt gekauft oder abgelehnt werden: „13,5 %? Der ist mir zu schwer!“ Denn der Einzelwert sagt ohne die technischen Begleitparameter Säure und Restzucker wenig über die zu erwartende Harmonie des Weins aus. Das Beispiel deutscher Rieslinge, die auch bei nur 9 % Alkohol Spitzenweine darstellen können, zeigt dies. Wobei diese Tatsache dem österreichischen Konsument zu wenig bewusst ist: Hierzulande wurde lange Zeit der KMW-Wert – die „Klosterneuburger Mostwaage“ steht für den gemessenen Traubenzucker – als Maß aller Dinge gesehen. Je höher das Mostgewicht, desto wertiger der Wein, lautete die unausgesprochene Regel dahinter. 
Doch vielen Winzer geht das beständige „Schielen auf die Zuckerpyramide“, wie es der Wiener Fritz Wieninger nennt, mittlerweile zu weit. Zwar stellt Alkohol einen Geschmacksträger dar, der Umkehrschluss, dass Weine mit weniger Volumsprozenten nicht schmecken, ist aber unzulässig. Zumal auch immer mehr Konsumenten auf der Suche nach einem gesünderen Lebensstil bewusst zu leichteren Weinen greifen – und das mit steigender Tendenz!

Leichte Linie

Gerhard und Brigitte Schaller aus Podersdorf haben sich daher vor drei Jahren für eine leichte Linie entschieden. Im traditionell heißen Weinbaugebiet Neusiedler See werden für die „Schaller vom See“-Weine die Trauben für die 11 %ige „Cuvée weiß“ gelesen. Sie besteht aus 55 % Welschriesling, 38 % Grüner Veltliner und etwas Gelbem Muskateller. Die rote Variante der Schallers stellt eine Zweigelt-St. Laurent-Cuvée mit zarten 11,5 % Alkohol dar. Das Verschneiden mehrerer Sorten sorgt dabei für eine aromatische Komplexität, die somit die „Kraft“ eines höheren Alkohols ersetzt, der natürlich auch als Geschmacksträger und für das Mundgefühl wichtig ist.

„Unsere Kunden waren sofort begeistert von dem Vorhaben“, bekamen auch Anita und Rudolf Schwarzböck in den letzten Wochen positive Rückmeldungen auf ihre heuer eingeführte Weinlinie „nine & fine“. Der Name steht dabei für den Alkoholgehalt, der bei dem Hagenbrunner Winzerpaar um die 9 % liegen muss. Die Herausforderung für den Weinbau liegt im Ernten physiologisch reifer Trauben, die aber entsprechend niedrige Zuckergradation (daraus wird später ja der Alkohol) aufweisen müssen. Eine Herausforderung, die Rudolf Schwarzböck bei „Franzi“ (weiße Cuvée), „Resi“ (Rosé) und „Mitzi“ (Zweigelt) über gezieltes Weingarten-Management meisterte. Wichtigste Parameter dabei sind Rebschnitt, Laubarbeit und vor allem der richtige Lesezeitpunkt. Anders gesagt: Leichten Wein zu machen ist ziemlich schwer!

Umsatzbringer

Für die Gastronomie lässt sich das neue Angebot an alkoholarmen Weinen aus Österreich auch bei der sommerlichen Kartengestaltung gut nutzen. Georg Humer etwa tut dies schon seit Jahren auf eine besondere Weise: Der Besitzer des traditionellen Fischlokals „Ufer-haus“ in Orth an der Donau serviert seinen Gästen unter dem Label „Blue Danube“ eine eigene Jahrgangsedition. Das Besondere an diesem Fisch-Wein stellt die Vorgabe dar, dass er unter 12 % Alkohol haben muss, um von der Kostjury überhaupt bewertet zu werden. 

Zum Klassiker des Uferhauses, dem Serbischen Karpfen, wird der jeweilige Wein – diesmal etwa eine weiße Cuvée namens „Spazierer“ vom Carnuntumer Weingut Artner – dann als Begleiter empfohlen. Gut 2.000 Flaschen braucht Humer davon in der Saison; für heimische Winzer keine vernachlässigenswerte Menge. Der „Leichtwein“ sorgt also für ordentliche Umsätze. Zumal man ja auch mehr davon trinken kann als von schwereren Weinen. 
www.uferhaus.at

Info: Die Winzer Schwarzböck und Schaller
Die Schwarzböcks haben ihre Linie „nine & fine“ heuer eingeführt. www.schwarzboeck.at
„Schaller vom See“ setzt schon länger auf weniger Prozente: www.schallervomsee.at 

Text: Roland Graf