Backfisch für Fortgeschrittene

13.12.2012

Fischstäbchen und Backfisch à la Nordsee sind die am weitest verbreiteten Formen gebackenen Fisches in Österreich. Im guten Restaurant darf es aber ruhig ein bisschen feiner sein.
„Atlantik-Kabeljau Colbert“ – das wohl beste „Fischstäbchen“ des Landes mit feiner Remoulade. So interpretiert Alexander Mayer im Wiener Restaurant Diverso die Aufgabe „Fisch gebacken“
Fish & Chips in Top-Qualität bereitet Gareth Smith im Wiener O‘Connors zu

Das Lieblingsgericht der Österreicher ist seit Jahren unangefochten das Wiener Schnitzel. Und auch beim Fisch greifen die Österreicher gerne zur gebackenen Variante – allerdings bevorzugt am heimischen Herd (Fischstäbchen) oder in Outlets der verschiedenen System-Gastronomie-Betriebe. Das führt allerdings dazu, dass die Wertschätzung dieser Form der Fischzubereitung oft geringgeschätzt wird. Wenn Gäste als Benchmark „Pangasius gebacken mit Erdäpfelsalat" um 6,90 € im Spar-Restaurant im Hinterkopf haben, tut sich die gehobene Gastronomie schwer zu vermitteln, dass gebackener Fisch auch jenseits des zu Weihnachten so beliebten gebackenen Karpfens ein absolutes kulinarisches Highlight sein kann.

Von Fish & Chips bis Ducasse
Dabei zeigt ein Blick über unsere Grenzen, dass gebackener Fisch auch in der gehobenen Gastronomie eine wichtige Rolle spielen kann. So lässt Alain Ducasse in seinen Restaurants regelmäßig vor allem kleine Fischfilets gebacken servieren. Und auch die oft als Fast Food geringgeschätzten Fish & Chips können eine gar köstliche Spezialität sein, wenn man sie, so wie etwa Gareth Smith im irischen O‘Connors-Pub mit viel Sorgfalt und besten Zutaten zubereitet: „Wenn Geld keine Rolle spielt, ist Steinbutt der beste Fisch, um ihn in Backteig herauszubacken. Aber auch Kabeljau ist perfekt geeignet, um hervorragende Fish & Chips zu machen. Wichtig ist, dass man alles à la minute zubereitet, der Fisch darf erst unmittelbar bevor er ins Öl kommt, mit dem Backteig überzogen werden." Und auch Alex Mayer, der seit ein paar Monaten im Restaurant Diverso in der Wiener Mommsengasse wieder groß aufkocht, bietet seinen Kabeljau Colbert als AM-Klassiker zumindest den Winter über täglich an. Vor allem das Zusammenspiel mit der in Wien wohl einzigartigen Remoulade machen dieses Gericht unwiderstehlich.

Das „Geheimnis“ von Alex Mayer bei der Zubereitung seines gebackenen Atlantik-Kabeljaus ist dann auch keines: Nicht nur beim Fisch allererste Ware nehmen, auch für die Panier beste Brösel, Mehl und Bio-Eier nehmen. Herausgebacken wird das Ganze dann bei 180° C in Erdnussöl. „Ein Fehler, der bei gebackenem Fisch immer wieder passiert, ist, dass viele Kollegen den Fisch oft zu lange ausbacken. Damit der Fisch saftig bleibt, sollte er innen noch glasig sein, wenn man ihn serviert. Er zieht ja ohnehin noch nach“, erklärt Mayer. Statt eines normalen Erdäpfelsalats serviert Mayer zum gebackenen Kabeljau eine französische Remoulade mit hausgemachter Mayonnaise und viel frischem Gemüse.

Tradition einmal anders
Gerade in der Vorweihnachtszeit sind traditionelle Gerichte wie gebackener Karpfen auch in bodenständigen Wirtshäusern wie der Alten Schule von Manfred Buchinger in Riedenthal bei Wolkersdorf gefragt. Doch Manfred Buchinger ist bekannt, dass er gerne eigene Wege geht, so auch beim Karpfen. Geschmacklich rundet er seinen gebackenen Karpfen mit Estragon ab, für die Panier verwendet er Maisgrieß. Und auch bei der Präsentation (siehe Foto) unterscheidet sich Buchingers Karpfen deutlich von dem, was man von woanders kennt.

Zander, Saibling, Forelle ...
Es ist zwar nicht jeder Fisch fürs Herausbacken in Panier geeignet. Die Vielfalt an Möglichkeiten ist dennoch sehr breit.
In seinem Kochbuch „Wiener Küche“, das vor zwei Jahren im Pichler Verlag erschienen ist, zeigt Adi Bittermann, wie man eine gebackene Forelle wirklich originell inszenieren kann (Foto: Kurt Michael Westermann).
Die Vorbereitung, die ein vorsichtiges Entgräten des Fisches erfordert, ist zwar aufwändig. Dafür kann man die Gäste mit diesem Gericht auch optisch begeistern.
Wem dies zu mühsam ist, kann die Forelle auch filetieren und die entgräteten Filets panieren und mit dem marinierten Blattsalat anrichten. Der Wow-Effekt ist dann allerdings etwas geringer.

Kreativität gefragt
Legendär ist die Geschichte, als Reinhard Gerer vor vielen Jahren auf die scherzhafte Frage eines Stammgastes im Restaurant Korso nach Fischstäbchen diesem auch ebensolche servierte. Gerer, der damals im Ruf, der beste Koch des Landes zu sein, stand, hat natürlich nicht einfach ins Tiefkühlregal gegriffen, sondern hat mit viel Fingerspitzengefühl feine Steinbuttfilets paniert. Je nach Positionierung eines Restaurants wird auch die Wahl des jeweiligen Fisches ausfallen. Auch Saibling oder Zander lassen sich hervorragend backen.

Entscheidend ist immer, dass bei dieser Garmethode nicht der Eigengeschmack des Fisches überdeckt wird, sondern es – mitunter leichter als beim Braten oder Grillen – gelingt, den Fisch wirklich saftig auf den Teller zu bringen. Das von vielen Gästen geliebte „knusprige Element“ liefert die knackige Panier. Denn es ist wirklich schade, dass in einem Land, in dem das Wiener Schnitzel so beliebt ist, der gebackene Fisch in ambitionierten Restaurants ein derart vernachlässig-tes Schattendasein fristet. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit wäre ein bisschen mehr Kreativität vonseiten der Köche gefragt.

Wolfgang Schedelberger