Cicero ganz ohne Creme
Es war im Zillertal, wo sich Ihr Cicero und seine Begleitung von der Reklametafel einer Pizzeria verlocken ließen. Aufs Erste hielt das Lokal durchaus, was die Werbung außen versprochen hatte. Die Bedienung war freundlich und die Pizzaauswahl abwechslungsreich.
Während sich Ihr Cicero also angenehm mediterranem Feeling hingab, fiel sein Blick auf eine Broschüre am Tisch: „Die Historie der Kaffeebohne“. Auf achtzehn Seiten konnte der interessierte Gast allerlei Wissenswertes über die Bohnen in den Toplagen nachlesen. Angesichts von so viel Kaffeewissen war die Bestellung eines abschließenden Espresso, unausweichlich. Und vielleicht war jetzt die Erwartungshaltung etwas hoch, aber der Kaffee, der an den Tisch gebracht wurde, sprach jeder Kaffeekultur Hohn. Kein Aroma, kein Duft, kein Geschmack, keine Crema, gerade noch eine schwarze, bittere Flüssigkeit.
Ihr Cicero wagte deshalb eine Kritik zu äußern, stieß damit bei der Servicemitarbeiterin aber auf schlechten Boden. Sie meinte im Brustton der Überzeugung: „Wir servieren den Espresso nie mit einer Creme!“ Das Selbstbewusstsein der jungen Dame in Ehren. Es ist allerdings mehr als fraglich, ob sich dieses vorgebrachte „cremefreie“ Qualitätsverständnis bei den Gästen tatsächlich bewährt. Im Regelfall ist das Fehlen der Crema schließlich ein Hinweis auf eine fehlerhafte Maschineneinstellung. Und aus irgendeinem Grund will Ihrem Cicero der Verdacht nicht aus dem Kopf, dass seine Bedienung die im Gastraum aufgelegte Kaffeebroschüre nicht gelesen hat.
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