Der Sauwirt als Prinz

03.02.2011

Der Gastronom Franz Radinger macht als Villacher Faschingsprinz Fidelius LVI Furore und beweist sich einmal mehr als Meister der Selbstvermarktung. Als „Sauwirt“ bezeichnet zu werden, erscheint wohl kaum jemandem erstrebenswert.
Das Villacher Faschingsprinzenpaar ist massiv gastronomisch geprägt. Dem Betreiber der Villacher Promi-Bar „Per Du“, Franz Radinger alias Fidelius LVI, steht die Juniorchefin des Seehotels Ressmann als Prinzessin Julia II zur Seite

Nicht anders ist es Franz Radinger in seiner Kindheit ergangen. Beim väterlichen Gasthaus in Steindorf am Ossiachersee war ein bäuerlicher Betrieb mit Schweinzucht angeschlossen. „Was dazu führte, dass mich schon in der Schule alle als Sauwirt gehänselt haben“, erinnert sich Radinger. Dieser abfällige Spitzname verfolgte ihn durch seine Jugend, seine Ausbildungszeit in der Hotelfachschule und durch die ersten Berufsjahre, die ihn durch ein Vielzahl von Bars von Hochgurgl bis Australien und wieder zurück führte. Eines Tages besuchte Radinger ein Seminar, in dem es um Motivation, Kompensation und ähnlich persönlichkeitsbildende Komponenten ging.

Und Radinger erkannte, dass Sauwirt zwar ein Schimpfwort sein konnte, wenn man es richtig anstellte, aber auch das Gegenteil. Er drehte den Spieß um: „Ich bin zurück nach Hause gefahren und habe als erstes groß ‚Sauwirt‘ auf unser Gasthaus geschrieben“, so Radinger, und in der Folge habe er den Titel nach allen Regeln der Markenbildung kultiviert. Neben dem Wirtshaus entstand eine Galerie, in der Radinger Schweinefiguren in allen Variationen und Größen zusammentrug, um damit ein weltweit einzigartiges Schweinmuseum zu gestalten. 1992 verlagerte der Wirt seinen unternehmerischen Schwerpunkt nach Villach und eröffnete am Rathausplatz die Bar „Per Du“. Bis heute hat sie sich den Status einer der angesagtesten Locations an der Draustadt bewahrt.

Auf den ersten Blick scheint das gastronomische Konzept nicht sonderlich spektakulär. 50 m2, Platz für 50 Personen, drei fixe und drei Teilzeitmitarbeiter ein getränkelastiges Angebot mit klassischen Drinks, einige Kleinigkeiten zum Essen. Dazu immer wieder Livemusik und eine prägnante Theke, stabil genug, dass 20 Leute darauf tanzen können. Und das haben vom Altlandeshauptmann Haider abwärts schon Generationen von „Per Du“-Gästen getan. Ein Teil des Erfolgsgeheimnisses steckt sicher im prinzipiellen Verständnis von Radinger. „Ein Wirtshaus muss Spaß, Lebensfreude und Kommunikation bieten. Essen und Trinken allein ist kein Grund, von zu Hause wegzugehen.“ Nicht nur Radinger lebt diese Wirtidentität, er hat sie auch seinen Mitarbeitern eingehaucht.
Mehr als ein Dutzend ehemaliger Mitarbeiter, darunter so mancher gastronomische Quereinsteiger, ist heute erfolgreicher Barchef oder selbstständiger Gastronom. Für sie führte der Weg vom „Per Du“ ins Wiener Haas Haus, in die Vernissage oder die Krone am Arlberg und mit Lokalen wie Soho, Stern, Briefkastl, oder Schumi in beträchtlicher Anzahl in die nähere Kärntner Umgebung.

Von der Macke zur Marke
Einzigartig bleibt freilich die besondere, persönliche Note des Sauwirts, „von der Macke zur Marke“, wie es Radinger selbst formuliert und übrigens auch in Vorträgen präsentiert. In Schweinchenrosa sorgt er für ständige Medienpräsenz. Gemeinsam mit der Villacher Brauerei hat er die „Saulimo“ kreiert, mit dem Paradewinzer Kracher den Saurüssel und den Cabernet SAUvignon, einen Rosé, von dem es demnächst wieder eine neue Füllung geben wird.
Zu einem besonderen Ereignis wurde Radingers Ausflug in die Politik. Sicher absolut unabhängig bezeichnete sich Radinger, womit die „Sau-Partei“ ins Leben gerufen wurde, die bei den Kärntner Landtagswahlen gleich mehr Stimmen erhielt als die KPÖ. Im Heimatort Steindorf eroberte Radinger sogar ein Gemeinderatsmandat. „Natürlich kann man als Einzelner nicht viel bewegen. Aber man kann uneingeschränkt seine Meinung kundtun. Und man kann viel lernen“, sagt Radinger, der sich mit seiner SAU-Partei als eine Art Hofnarr der Politik versteht.

Noch ein weiters Standbein hat sich Radinger geschaffen. Er gibt sein Wissen und seine Lebenserfahrung als Unternehmensberater weiter, wobei er sich mit Hilfe des sogenannten Human Design vor allem mit Persönlichkeitsproblemen befasst.
Als Wirt betrieb Radinger in den vergangenen Jahren in Villach bis zu vier Standorte, aktuell sind es zwei. Zum Klassiker „Per Du“ ist einige Häuserblöcke entfernt die „Per Du“-Lounge dazugekommen.

„Per Du“ für Generationen
„Viele Stammgäste sind mit mir älter geworden. Damit wir sie auch über die Generationen hinweg zufriedenstellen können, haben wir diese Lounge ins Leben gerufen“, erzählt Radinger.
Seine Berufung zum aktuellen Villacher Faschingsprinzen könnte man fast als logische Etappe im Lebenslauf des Gastronomen sehen. 17 Sitzungen lang tut er als Prinz Fidelius LVI zweifellos das, was er auch als Wirt am besten beherrscht, gemeinsam mit seinen (Sitzungs)-gästen Spaß haben. „Wobei es selbstverständlich auch noch eine große Ehre ist, in Villach diese Rolle übernehmen zu dürfen“, zeigt sich Radinger dankbar.

Und was kommt noch? „Eines Tages würde ich gerne zu meinen Wurzeln zurückkehren und aus dem Sauwirt ein fundiertes gastronomisches Konzept entwickeln“, sagt Radinger. Von der Speisekarte bis zur Ladengestaltung, von den Getränken bis zum Souvenirshop sollte sich dabei alles zum klaren Markenbild ergänzen. „So wie das etwa beim Hard Rock Café der Fall ist“, scheut sich Radinger nicht vor großen Vergleichen. Blanke Utopie ist das Projekt keine. Es liegt schon einigermaßen entwickelt in der Schublade. Und als hervorragender Kommunikator versteht der Wirt seine Kontakte zu nutzen. Bei einer Faschingssitzung sei er schon mit einem möglichen Investor ins Gespräch gekommen.  kof