Die Buchtelwirtin macht alles richtig

Gastronomie
24.06.2021

Der Personalmangel in der Tourismusbranche gehört seit Jahrzehnten zu einem der drängendsten Probleme. Markenexperte Franz Hirschmugl erklärt, wie man Positionierung und Authentizität als Unternehmer für sich nutzen kann und wie wichtig eine gute Marke ist – für Gäste ebenso wie für Mitarbeiter.
Bei vielen Betrieben wissen Gäste, aber auch Bewerber nicht, wofür sie stehen.

Der Kampf um die besten Mitarbeiter ist nicht erst seit dem Ende des letzten Lockdowns entbrannt. Er wird schon seit vielen Jahren geführt. Kleine wie große Unternehmen kämpfen um die Besten am Markt, Strategie steckt aber zumeist keine dahinter. 

Gute Bewerber bevorzugen Arbeitgebermarken mit Strahlkraft. Die weniger glanzvollen wählt man nur dann, wenn es an Alternativen fehlt. Dieser Logik folgend, müssten also gerade die Kleinen, die Familien­betriebe, mit besonderer Hingabe an ihrer Marke, ihrer „Employer Brand“, arbeiten. Eine starke Marke spielt aber klarerweise auch für Gäste eine ganz wesentliche Rolle.

Der Grazer Markenexperte Franz Hirschmugl berät mit seinem „Institut für Markenentwicklung“ zahlreiche Unternehmen und Institutionen. Mit der ÖGZ sprach er im Anschluss der diesjährigen „aus­trian tourism days“. 

Was Sie jetzt tun sollten

„Nach dem Restart ist es wichtig, richtig positioniert zu sein: Marketingversprechen in die Tat umzusetzen, die eigene Identität gut zum Ausdruck zu bringen und Gäste zu begeistern“, sagt Hirschmugl. Es gehe darum, das Beziehungsmanagement zwischen Kunden und Unternehmen zu gestalten, jener Schnittstelle also zwischen den Bemühungen des Unternehmens und den Wünschen und Sehnsüchten der Kundschaft. „Das ist, was wir als Marke bezeichnen“, so der Experte. Eine Marke wirkt aber nicht nur nach außen, sondern auch nach innen: Sie sorgt für Orientierung, bindet Mitarbeiter und Gäste und macht sie vielleicht sogar zu Botschaftern der eigenen Marke. 

Einziges Problem: Mit der emotio­nalen Bindung an den Arbeitgeber ist es in westlichen Industrieländern nicht weit her. Gallup-Zahlen von 2016 weisen etwa für Deutschland aus, dass 84 Prozent aller Mitarbeiter eine „geringe oder gar keine Bindung“ an ihr Unternehmen hätten. Der Grund dafür liegt nicht nur bei den Mitarbeitern selbst: Vom Glanz der Unternehmensmarke angelockt, nehmen viele wieder ihren Hut – wegen ihrer Kollegen oder Chefs, und weil das nach außen gezeichnete Bild nach innen nicht sichtbar wird. Hier ist also noch Luft nach oben. An der Marke zu arbeiten, sie auf Hochglanz zu bringen ist also eine lohnende Sache. Hirschmugl hat fünf Tipps, um dieses Beziehungsmanagement zu gestalten: 

1. Marke ist das Bauchgefühl der Kunden

Eine Marke ist das, was Kunden definieren, und nicht das, was der Unternehmer definiert. Aber: Die meisten Menschen können nicht sagen, warum sie eine Marke mögen oder nicht. Es spielt sich vieles im Unterbewusstsein ab. Lernen Sie also bitte Ihre Zielgruppe besser kennen!

2. Wir müssen auf unsere Glaubenssätze draufkommen

In jedem Menschen etablieren sich Glaubenssätze, die man als selbstverständlich voraussetzt. Tipp: Sprechen Sie einen Freund oder einen Stammgast an und bitten ihn um eine ehrliche Meinung zu Ihrem Unternehmen. „Marke ist das, was sie über dich sagen, wenn du nicht im Raum bist.“

3. Marke ist nichts für Feiglinge

Gute Marken senden auf einer glasklaren „Frequenz“, sie sind zumeist entlang eines Satzes bzw. eines Slogans positioniert. Starke Marken richten jeden Touchpoint mit ihren Kunden danach aus. Häufiger Fehler: Viele touristische Unternehmen nutzen „branchengenerische Hygiene­standards“: Stehsätze und Floskeln etwa, die alle anderen in der Branche ebenfalls nutzen. Beispiel: „Für alle Sinne“; „Für Geist und Körper“. Hirschmugl: „Wenn man so was liest, weiß man, da gibt es keine Positionierung. Die Positionierung muss spitz sein.“ Denn Kunden kaufen nicht nur eine Funktion, sie kaufen lieber eine Bedeutung, eine Lebenshaltung.

4. Die Macht der Details

Über Details sagen wir Menschen, wie wir uns fühlen. Und Menschen nehmen sehr viele Details war, auch unterbewusst. „Wer echte Blumen hinstellt, der bekommt Gäste, die echte Blumen wollen. Wer Plastikblumen 
hinstellt, bekommt Gäste, die Plastikblumen wollen.“

5. „Thursdays for Future“

Räumen Sie einen halben Tag pro Monat frei und nehmen Sie sich Zeit. Schaffen Sie Freiräume und reflektieren Sie Ihre Maßnahmen! 
Die „Buchtelwirtin” in der Headline ist übrigens ein Beispiel für eine gute Marke, weil sie sich auf ihre Spezialität konzentriert hat. „Sie stellt das in die Auslage, was sie am besten kann.“ Und Gäste verstehen, dass man bei ihr auch einen guten Schweinsbraten bekommt ...

Der Experte

Franz Hirschmugl gründete das „Institut für Markenentwicklung Graz“ und berät heute zahlreiche Unternehmen und Institutionen. 
hirschmugl.at