Die Winzerinnen

05.06.2014

Frauen, die Wein machen, sind in Österreich zwar längst keine Ausnahme mehr. Dass aber elf von ihnen schon seit Jahren erfolgreich und freundschaftlich kooperieren, hat immer noch Seltenheitswert
V. l. n. r.: Heidi Schröck, Petra Unger, Judith Beck, Michaela Ehn, Silvia Prieler, Birgit Braunstein, Jutta Kalch-brenner (Ambrositsch), Helma Müller-Grossmann, Ilse Maier (Geyerhof), Birgit Eichinger, Silvia Heinrich
Die Winzerinnen vertreiben ihre Weine gemeinsam in Degustationspaketen.

Text: Ute Fuith


Als Silvia Heinrich in den 1980er-Jahren den Wunsch äußerte, Winzerin zu werden, reagierten ihre Eltern mit Unverständnis, obwohl die Familie seit 300 Jahren Wein produziert. „Das war damals kein Beruf für Frauen", erinnert sich Heinrich an ihre Jugend im mittleren Burgenland. Inzwischen stellen Frauen rund ein Viertel der Abschlussklassen an der Wein- und Obstbauschule in Klosterneuburg. Vor zwanzig Jahren musste Silvia Heinrich noch einige Umwege in Kauf nehmen, um schließlich doch noch Winzerin zu werden. Ihre Ausbildung holte sie bei diversen Weinbau-Praktika im Ausland nach. 2002 übernahm sie den elterlichen Betrieb in Deutschkreutz. „Wir setzen ausschließlich auf Rotwein", erklärt Heinrich. Fast 80 Prozent ihrer Rebflächen sind mit Blaufränkisch bepflanzt. Einer Sorte, die – namensgebend – für die Region steht und für die Winzerin großes Potenzial hat. Vor kurzem wurde Silvia Heinrich vom „Wirtshausführer" zur „Winzerin 2014" gekürt.
Unterstützung erhielt Heinrich nicht nur von ihrer Familie, sondern auch von der Winzerinnengemeinschaft „11 Frauen und ihre Weine", die sie gemeinsam mit Birgit Braunstein, Ilse Maier, Birgit Eichinger, Silvia Heinrich, Helma Müller-Grossmann, Michaela Ehn, Heidi Schröck, Judith Beck, Silvia Prieler und Petra Unger gründete. Jutta Kalchbrenner (Ambrositsch) stieß erst vor vier Jahren zur Gruppe. Bis auf Silvia Prieler, die seit Anfang des Jahres wieder als Mikrobiologin arbeitet, sind alle Winzerinnen noch voll im Einsatz. Mitunter sogar in zweiter Generation, wie im Weingut Müller-Grossmann am Fuße des Göttweiger Berges im Kremstal: Hier bewirtschaftet Helma Müller-Grossmann mit ihrer Tochter Marlies die zehn Hektar großen Weingärten. Für beide ist die ARGE der elf Frauen „eine echte Bereicherung und zwar in freundschaftlicher, handwerklicher und geschäftlicher Hinsicht".

Natur und Tradition
Gemeinsame Projekte verfolgen auch Birgit Braunstein in Purbach und Ilse Maier vom Weingut Geyer-hof bei Göttweig. Braunstein setzt bereits seit 2008 auf biologischen Anbau. „Bioweine zu keltern und dabei auf die geschmackliche Qualität zu achten ist mir ein besonderes Anliegen." 2009 präsentierte Braunstein den ersten klimaneutralen Wein Österreichs. Ilse Mayer setzt im Kremstal ebenfalls auf Bioweine. Nachhaltigkeit ist den beiden Winzerinnen so wichtig, dass sie vor zwei Jahren das Projekt „Wildwux" ins Leben riefen: „Dieses Projekt verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zum Natur- und Landschaftsschutz auf Basis biologischer Wirtschaftsweise", erklären Braunstein und Maier. Botschafter dieses Projekts ist klarerweise der Wein. Braunstein keltert den Roten – eine Cuvée aus einheimischen Sorten –, und Ilse Maier produziert den Weißen – einen Grünen Veltliner.

Die Kraft der Reben
In der Nähe des Geyerhofs liegt das Weingut Petra Unger mit elf Hektar Weingärten. Die Reben pflegt Petra Unger wie ihre Kinder – mit viel Aufmerksamkeit und Hingabe. Handarbeit steht an erster Stelle. Sehr am Herzen liegt ihr die Kultivierung alter Rebstöcke, die besonders ausdrucksstarke Weine hervorbringen, wie die 1964 gepflanzte Anlage am „Steiner Gaisberg" und die über fünfzijährigen „Alten Reben" im Oberfeld. An die Kraft der Reben glaubt auch Judith Beck im nordburgenländischen Gols. Sie ist davon überzeugt, dass die substanziellen Qualitäten eines Weines ausschließlich in den Reben entstehen. Ihre Weine spielen Jahr für Jahr in der internationalen Oberliga mit. Auf höchste Qualität setzt auch Michaela Ehn in Langenlois. Zur weiteren Qualitätssteigerung hat sich die Familie Ehn sogar eine selbstgewählte Ertragsbeschränkung auferlegt. Unweit von Langenlois, in Strass, lebt und arbeitet Birgit Eichinger. Sie führt seit 1992 ein schmuckes Weingut am Fuße des Gaisberges. Als größte Herausforderung sieht sie es, die Weine mit ihrer unverwechselbaren Handschrift zu versehen. „Große Weine entstehen nicht ausschließlich im Kopf, sondern auch im Herzen und im Bauch."

Eine für alle, alle für eine
Wie die Winzerinnen Unger, Ehn und Eichinger geraten auch Heidi Schröck in Rust und Jutta Kalch­brenner in Wien ins Schwärmen, wenn sie über „11 Frauen und ihre Weine" reden. „Die Gruppe ist fantastisch", meint etwa Jutta Kalchbrenner.
Die gemeinsamen Aktivitäten der elf Winzerinnen erstrecken sich auf gemeinsame Auftritte bei Messen, gemeinsame Weinpräsentationen, den Verkauf von Degustationspaketen sowie Weinreisen und Weiterbildung, und Eichinger meint: „Ich schätze den Erfahrungsaustausch, die vielen gesellschaftlichen Kontakte, aber vor allem die Freundschaft, die uns alle verbindet." „11 Frauen" ist übrigens nur ein Arbeitstitel, denn die Gruppe ist momentan nur zu zehnt. Kann also leicht sein, dass bald wieder eine elfte Winzerin dazukommt. Zu kosten sind die Weine der Winzerinnen im Rahmen der Vievinum am 16. Juni 2014 im Wiener Palmenhaus.

www.11frauenundihreweine.at