Gustl kocht und alle gehen hin

Von einem Quereinsteiger, der das Glück gefunden hat: In einem ehemaligen Bezirkskino in Wien-Erdberg hat Jurist Christoph Liebscher das „Gustl kocht“ eröffnet. Mit durchschlagendem Erfolg
Das Gustl in der Erdbergstraße von außen
Christoph Liebscher mit seinem Sohn Nikolaj (stehend), der auch schon im Betrieb aushilft.

Warum tut sich jemand ein Lokal an? Noch dazu ein Quereinsteiger? Wo es doch ohnehin so schwer ist heute, die bürokratischen Hürden mühsam, die Dichte an gastronomischen Betrieben hoch – vor allem in Wien. Eine Frage, die Christoph Liebscher schon öfter zu hören bekommen hat. Der gelernte Jurist – er ist Richter in Wirtschaftsstreitigkeiten –  hat darauf eine kluge Antwort: „Ich möchte mit einem persönlichen Gewinn – neben vielen anderen, die sich im Zuge dieses Vorhabens ergeben haben – beginnen: Ich bin heute ein viel verständnisvollerer und geduldigerer Gast geworden. Und ich sehe es als eine persönliche Bereicherung an.“ 
Essen, trinken, kochen, backen – all das interessierte ihn schon seit langem, genau genommen habe es vor 44 Jahren begonnen. Klar, es gab über die Jahrzehnte Zurufe von Freunden, ein Lokal zu machen. „Meine Standardantwort darauf war: Schuster, bleib’ bei deinen Leisten.“ Bei seinen Leisten ist er dann aber doch nicht geblieben, obwohl er zu gerne an seinen juristischen Akten im Café und im Gasthaus arbeitet. Jetzt tut er das eben im eigenen Lokal. „Ohne unser tolles Team freilich, mit unserem Geschäftsführer Robert Sulzer und Alexander Verzi als unserem Küchenchef, gäbe es ,Gustl kocht‘ nicht“, merkt er an.

Bio aus Überzeugung

Das „Gustl kocht“ ist ein biozertifizierter Betrieb mit 20 Mitarbeitern, hat von 8 bis 24 Uhr geöffnet und soll – no na – möglichst viele Menschen glücklich machen („Lokal für alle“), den Fleischesser ebenso wie den Veganer, aber auch Kinder (eigener Spielbereich!). Und das ist auch der USP. Der Chef persönlich hat mithilfe eines Architekten alles geplant, von der Tischkante bis zur Glühlampe, das Resultat kann sich sehen lassen. Das Innere des Lokals wirkt hell, freundlich und durchdacht. Aber warum ist ihm der Bio-Aspekt wichtig? „Weil ich es für einen halben Millimeter in die richtige Richtung halte, viel größere Strecken kann man nicht zurücklegen. Ob es gesünder ist, muss jeder für sich entscheiden. Jedenfalls fördert es die Humusdecke, von der wir letztlich alle leben.“ Aber er bleibt Realist: „Dem Großteil der Gäste ist es wahrscheinlich egal, ob wir bio sind oder nicht.“
Liebscher ist jedenfalls nicht einer, der über Behörden, die Bürokratie jammert. „Ein Zuruf von Leuten war oft: ‚Du tust dir als Anwalt leicht mit Behörden‘. Das stimmt, aber anders als man denkt. Ich kann entweder der Meinung der Behörde folgen oder ich kann Rechtsmittel erheben und warte dann jahrelang auf die Entscheidung der letzten Instanz – und die Eröffnung meines Lokals.“ 
Zum Glück hat Herr Liebscher eins gemacht.
www.gustl-kocht.at