Immer noch dick da: Gin im Sommer 2020

Gastronomie
16.06.2020

Von: Roland Graf
Was mit Gurken und Rosen einer altbackenen Kategorie neues Leben einhauchte, geht nun mit Beeren-Aromen in eine neue Saison. Doch auch die reine Wacholder-Lehre bleibt der Bar erhalten.

Seit Jahren fragen sich Trend-Scouts, Produktentwickler und Barprofis: Was kommt nach dem – relativ überraschenden und lange dauernden – Welterfolg des Gins? Blickt man nach England, das auch nach dem Brexit das Mutterland dieser Spirituose darstellt, findet man eine Antwort, die gut zum bevorstehenden Sommer passt: Es wird mehr Gin sein! Allerdings färbiger. 200 % legten in Großbritannien im Vorjahr die „pink gins“ zu, die ihren Namen von den (Beeren-)Früchten oder Fruchtaromen der neuen Kategorie erhalten haben. Konkret wird im Insel-Königreich bereits jede sechste Neuerscheinung in Rosa abgefüllt.

Fruchtbetont

Als Wachstumstreiber fungiert fruchtbetonter Gin in jedem Fall auch hierzulande – aromatisch hat man sich ohnehin bei einigen Herstellern auch schon bisher vom Ideal der EU-Spirituosenverordnung („… der Geschmack nach Wacholder muss vorherrschend bleiben“) entfernt. Schließlich ist der herbe Geschmack, zu dem in einem klassischen Rezept auch die verwendeten Zitruszesten und Wurzeln beitragen, nicht jedermanns Fall. Betont fruchtige Gins sind dann auch eine sommerlichere Variante zu den knackig-bitteren „London Dry“-Varianten. Bei dieser Oberliga-Variante des Gin-Brennens werden alle Botanicals zur gleichen Zeit und ohne nachträglichen Eingriff destilliert.

Beeren-Exzess und Gin-Orthodoxie 

Doch schlägt das Pendel in Richtung beliebiger Aromatisierungen aus, formiert sich auch eine neue Orthodoxie. Sie hat neben der grundsätzlichen Liebe der Brenner zum klar erkennbaren Wacholder auch pragmatische Gründe. Es braucht seine Zeit, bis man seine Botanicals so gut kennt, dass man sie auch in einem „One Shot“-Verfahren eines „London Dry“ einsetzen kann. Die gleichbleibende Qualität, die oft beschworene Konsistenz des Produkts, stellt daher auch eine der entscheidenden Qualitätsfaktoren bei Newcomern und kleinen Erzeugern dar. Denn ein Longdrink, der mit jeder neuen Charge Gin anders schmeckt, wäre aus Bar-Sicht eine krasse Themenverfehlung.

Diese aromatische Breite der Kategorie im Jahr 2020 wird auch noch vom Schlehen-Geschmack des „Sloe Gin“ erweitert. Er ist technisch zwar als Gin-Likör zu sehen, macht aber auch klar, warum die Gastronomie eine weitere Saison „gin-voll“ verbringt: Denn erst die Stil-Vielfalt – beginnend mit Gurke und Rose als Aromagebern – machte aus einem alten Langeweiler einen Vielgeliebten. Welche Kombinationen das Kostquartett der ÖGZ hervorhob, erfahren Sie auf insgesamt fünf Seiten.

ÖGZ-Sieger 2020: Kategorie "Gin"

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