Ischgl: und was kommt nun?

Tourismus
15.10.2020

Von: Daniel Nutz
Die Experten haben ihren Bericht gelegt. Doch die Causa Ischgl ist noch nicht abgeschlossen. Die Amtshaftungsklage gegen die Republik wurde dabei aber eher nicht befeuert.
Viele Wege führen nach Ischgl. Einen Kompass für die Causa Ischgl und der Verbreitung des Corona-Virus zu finden, fällt auch nach sechs Montane schwer.
Viele Wege führen nach Ischgl. Einen Kompass für die Causa Ischgl und der Verbreitung des Corona-Virus zu finden, fällt auch nach sechs Montane schwer.

Es ist die unendliche Geschichte der heimischen Gastgeber in der Coronakrise. Die Story von Ischgl lässt sich – wie viele Geschichten – von zwei Seiten aus lesen. Einmal die Story von den profitgetriebenen Tiroler Touristikern, die bewusst wegschauten, als das Virus über das Heilige Land hereinbrach. Weil Skiurlauber und die damit verbundenen Euros wichtiger schienen. Sie wurde international erzählt, als es der eher wenige schicke Aprés Ski-Tempel Kitzsteinloch als Mutter aller Coronapartys zu zweifelhafter Bekanntheit schaffte. Es gab den Ruf nach Konsequenzen, vor allem nach Rücktritten, vor allem von politischen Verantwortlichen.

Dann gab es aber die andere Sichtweise. Jene, von der Suche nach Schuldigen für eine Pandemie, für die eigentlich niemand etwas kann. Das war die Sichtweise der von ersteren Beschuldigten.

Was die Kommission sagt

Was macht man hierzulande, wenn sich keiner auskennt? Man ruft eben eine Expertenkommission ein! Die wurde vom ehemaligen OGH-Vize-Präsidenten Ronald Rohrer geleitet und lieferte dann gut ein halbes Jahr nach den Vorfällen (so richtig schnell schaut anders aus) einen Bericht ab. Zusammenfassend könnte man sagen: Den Verantwortlichen wird eher eine gewisse Unfähigkeit als eine Vorsätzlichkeit unterstellt, wenn es um die Fehleinschätzung der Lage im März ging.

"Folgenschwere Fehleinschätzungen" der lokalen Behörden, zu späte Reaktionen auf Infektionsverläufe, "unwahre" Informationen des Landes Tirol an die Bevölkerung und "Kommunikationsfehler" seitens Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) werden den Krisenmanagern in Land und Bund attestiert.  Auch das Gesundheitsministerium des Grünen Rudi Anschober bekommt Kritik ab. Aber die große Geschichte, den Skandal, auf die vielleicht auch internationale Medien gewartet hatten, gibt es nun doch nicht zu erzählen.

Wie steht es um Amtshaftungsklagen?

Wie geht es nun weiter? Rücktritte von politischen Verantwortlichen? Noch ist davon keine Spur. Der Druck ist aber da. Vielleicht aber brisanter ist das laufende Gerichtsverfahren. Zur Erinnerung: Der Verbraucherschutzverein (VSV) brachte für rund 1000 Geschädigte (die meisten aus Deutschland) vier Amtshaftungsklagen gegen die Republik von Covid-19-Geschädigten beim Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen ein. Der VSV unterstellt den lokalen Behörden in Tirol und den verantwortlichen Politikern auf Bundesebene über Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bis hin zum Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schwere Fehler beim Pandemie-Management.

Es geht darum, dass den handelnden Personen eine gewisse Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit unterstellt wird. Hat sich die Aussicht der Klage durch den Expertenbericht verbessert? Vermutlich nicht. Denn, nur weil Politiker ihren Job nicht gut machen, ist der Staat vom Gesetz her dafür einfach nicht  zu belangen. Allerdings liegen hier wohl noch nicht alle Fakten auf dem Tisch. Bekanntlich ermittelt auch die Innsbrucker Staatsanwaltschaft wegen der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten.