Kleinere Teller, weniger Abfall

22.08.2018

 
Das Mühlviertler Hotel Guglwald hat sich zum Ziel gesetzt, nur mehr halb so viele Lebensmittel wegzuwerfen. Wir haben nachgefragt, wie das geht 
on links: Benedikt Zangerle (Küchenprofi(t)-Berater),  Julian Weiss (Küchenchef Guglwald),  Alexander Pilsl (Geschäftsführer Guglwald), Norbert Rainer (Klimabündnis).
on links: Benedikt Zangerle (Küchenprofi(t)-Berater), Julian Weiss (Küchenchef Guglwald), Alexander Pilsl (Geschäftsführer Guglwald), Norbert Rainer (Klimabündnis).

Wir sind hier nicht am Ende der Welt. Aber man sieht es von hier recht gut.“ Das, so erzählt Alexander Pilsl, würden die Mitarbeiter über die Lage seines Hotels sagen. Das Vier-Sterne-Superior-Wellnesshotel Guglwald liegt an der oberösterreichisch-tschechischen Grenze. Und zwar buchstäblich. Nach einem Umbau im Jahr 2004 musste man einen Teil des Daches absägen – weil es auf tschechisches Staatsgebiet ragte. „Damals haben sogar die deutschen Privatsender über die ‚deppaten Mühlviertler‘ berichtet“, erinnert sich Geschäftsführer Pilsl. Mittlerweile kann er darüber lachen: „Seither kennt uns ganz Österreich.“
Astrid und Alexander Pilsl haben das Hotel von Astrids Eltern übernommen, führen es in sechster Generation. Ursprünglich ein Gasthaus, wurde es zwischenzeitlich zu einem Seminarhotel, seit knapp 15 Jahren sind ausschließlich Paare die Zielgruppe. Kinder unter 14 Jahren haben im Guglwald keinen Zutritt. „Ein Hotel kann keine eierlegende Wollmichsau sein“, so Pilsl.

Die Spezialisierung zahlt sich aus. Das an rund 345 Tagen im Jahr geöffnete Haus hat 116 Betten und eine Jahresauslastung von 91 Prozent. „90 Prozent der Gäste kommen aus Österreich, zehn Prozent aus Bayern. Rekordhalter ist ein Unternehmer-Paar aus dem Innviertel: Sie waren in den letzten zwölf Jahren 149-mal bei uns“, erzählt Pilsl. 

Nachhaltigkeit 

Man setzt im Guglwald auf Bio und Regionalität. In der Küche werden 70 bis 80 Prozent biologische Produkte – fast ausschließlich aus dem Mühlviertel – verwendet. Auch die Mitarbeiter kommen aus dem Mühlviertel. Bis auf einen, bis auf den Küchenchef Julian Weiss. Der 28-Jährige stammt aus dem Bezirk Braunau. 

„Das Guglwald hat den Anspruch, ein Vorbild zu sein. Das merkt man auch, wenn man hier reinkommt“, sagt Norbert Rainer vom Klimabündnis Oberösterreich. Ein Vorbild will das Guglwald jedenfalls beim Thema Abfallvermeidung sein. Das Hotel gehörte zu den Ersten in Österreich, die am Beratungsprogramm Küchenprofi(t) der Initiative United Against Waste (UAW) teilnahmen. 

Das Ziel der Initiative: Die Lebensmittelabfälle in der österreichischen Außer-Haus-Verpflegung bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Etwa 175.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle im Warenwert von 320 Millionen Euro werden derzeit in österreichischen Betriebskantinen, Gesundheitseinrichtungen, Hotels und Restaurants jährlich entsorgt. Diese Hochrechnung basiert auf detaillierten Abfallerhebungen, die 2014 und 2015 die Universität für Bodenkultur (BOKU) gemeinsam mit der FH Oberösterreich durchführte.

6.700 Euro pro Jahr 

Benedikt Zangerle ist einer von elf Küchenprofi(t)-Beratern in Österreich. Der ehemalige Koch hat das Hotel Guglwald beraten. Er sieht beim Hotel Guglwald ein Einsparungspotenzial von 6.700 Euro pro Jahr durch Minimierung vermeidbarer Lebensmittelabfälle. „Das rechnet sich auf jeden Fall“, so Zangerle, „man muss nur einmal umstellen, dann spart man jedes Jahr Geld.“ 

Die Lebensmittelabfälle im Guglwald wurden anhand verschiedener Küchenbereiche und Lebensmittelgruppen gesammelt und verwogen. „Der United-Against-Waste-Mitarbeiter hat die sortierten Abfälle in durchsichtigen Kübeln gesammelt. Da haben unsere Kellner und Köche ganz schön geschaut, was da zusammenkommt“, sagt Pilsl über die Abfallanalyse in seinem Hotel. Die Analyse ergab einen Verlustgrad von 18 Prozent – ein für die Branche typischer Wert. Verlustgrad ist der Anteil der vermeidbaren Lebensmittelabfälle am ausgegebenen Essen.

Im Hotel Guglwald stellte Küchenprofi(t)-Berater Zangerle die höchsten Einsparungspotenziale im Bereich der Tellerrückläufe und bei Buffetresten fest. „Hier spielt auch die Psychologie mit“, erklärt Zangerle: Große Teller würden die Gäste dazu verführen, mehr Essen aufzuladen, weil die Teller noch nicht voll genug wirken würden. 

Kleinere Teller, weniger Abfall

Zangerle erzählt von einem von ihm beratenen Betrieb in Tirol. Dort wurden neue Salatschüsseln fürs Buffet gekauft, um ein Drittel kleiner als die alten Schüsseln. Das Ergebnis? Genau um ein Drittel weniger Salat musste weggeworfen werden. Im Guglwald wurde infolge der Beratung zum Beispiel ein zusätzlicher Servicemitarbeiter für die Buffet-Betreuung eingeteilt, damit die Speisen in kleineren, oft sortenreinen Gebinden öfter nachbestückt werden können. Die Kuchen am Nachmittagsbuffet, die auch zuvor schon in fertigen, kleinen Portionen angeboten wurden, wurden nochmals verkleinert. „Die Gäste merken das gar nicht“, sagt Pilsl, „sie sind oft froh, wenn sie statt zwei großen drei kleine Stücke Kuchen essen können.“ 

Die Beratung samt Abfallanalyse kostet einen Betrieb 1.900 Euro. In Oberösterreich übernimmt die Hälfte davon das Land, interessierte Betriebe können sich beim Klimabündnis Oberösterreich melden.