Kommentar: Patriotismus in der Gastronomie
Verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln in der Gastronomie: Das Thema poppt immer wieder auf, seit die Landwirtschaftskammer vor einem Jahr eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch und Eiern gefordert hatte.
Anlässe finden sich immer wieder, sei es der Fall von ausländischen Fleisch in Tiroler Spezialitäten bei der Ski-WM in St. Moritz oder wie der vom Molkereiverband kolportierte Fall eines Kärntner Gastronomen, der in einer Ausschreibung lokale Molkereiprodukte für die Theke suchte und in der Küche angeblich auf billigste ausländische Produkte setzt.
Nicht ganz uneigennützig
Helmut Petschar, der Präsident der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) und Chef der Kärntnermilch, fordert jetzt zunächst eine freiwillige Kennzeichnung mit dem Zusatz: „Ohne verpflichtende Herkunftskennzeichnung wird es wahrscheinlich nicht gehen.“ Wie immer wird das Vorbild Schweiz zitiert, wo es so etwas längst gibt. Aber auch nur dort.
Natürlich ist dieser Vorschlag seitens der Landwirtschaftskammer und jetzt des Molkereiverbands nicht ganz uneigennützig. Und natürlich ist da auch was dran. Aber wie so häufig kommt der Pferdefuß gleich hinterher: Die Gastronomie hat schon genügend bürokratische Hürden zu überspringen – unter anderem die völlig sinnlose Kennzeichnung von potenziell allergenen Stoffen auf der Karte. Jetzt zusätzlich noch eine Herkunftskennzeichnung von Milchprodukten, Fleisch und Eiern? Dann muss man natürlich bald Obst und Gemüse, Ceralien, Fisch, Nüsse, Kaffee und was weiß ich noch mit dazu nehmen! Das führt zu einer Karte, auf der mehr Kennzeichnungen zu lesen sein werden als Gerichte drauf stehen. Und wehe man wechselt etwas spontan aus oder den Lieferanten: Dann geht’s wieder von vorne los.
Wollen wir das wirklich? Wegen ein paar schwarzen Schafen? Die wird es immer geben. Und die werden auch eine Kennzeichnungspflicht zu umgehen wissen. Der Rest stöhnt unter noch mehr Administration. Regionalität und kulinarischer Patriotismus in allen Ehren: Aber in vielen „österreichischen Produkten“ steckt längst Schweinefleisch aus Deutschland. Weil es anders oft gar nicht mehr geht. Und das ist auch nicht wirklich schlimm.
Transparenz ist gut
Wer als Gastronom Wert auf Transparenz und Regionalität legt, bekundet das längst auf der Karte: zum Beispiel mit dem AMA-Gastrosiegel. Oder ganz wie er will. Die Landwirtschaftskammer hat jüngst die Aktion „Gut zu wissen“ für eine freiwillige Deklaration der Herkunft gestartet. Alles sehr unterstützenswert. Und immer mehr Gastronomen setzen auf Transparenz. Andere aber auch einfach auf das Vertrauen ihrer Gäste. Das ist wie mit Bio: Eine Zertifizierung kostet Geld und macht viel Arbeit. Will sich nicht jeder antun, obwohl er auf Bio setzt. Soll er (oder sie) auch nicht müssen. Das Gleiche gilt für die Herkunft. Am Ende entscheidet der Gast: Ist ihm die Herkunft wichtig, wird er danach fragen. Und der Wirt, der ihm die beste Antwort gibt, mündlich oder auf der Karte, wird sein Wirt sein oder bleiben oder werden. Und das ist gut so und kann so bleiben.
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