Madrid als kulinarisches Zentrum der Welt
An vier Tagen präsentierten die berühmtesten Köche der Welt in Madrid ihre Vision einer modernen Gastronomie. Viel drehte sich um Produkte und Technik, kontroversiell wurde es bei Fragen des Marketings und der Zukunft der Luxusgastronomie.
Von 15. bis 18. Jänner trafen sich in Madrid die berühmtesten Köche der Welt zur fünften Auflage der Madrid Fusion. Bei dieser Veranstaltung handelt es sich um ein Gipfeltreffen der weltbesten Köche, die vor einem großen Auditorium einige ihrer Geheimnisse lüften.
Doch in den letzten fünf Jahren ist die Madrid Fusion nicht nur was das Besucherinteresse betrifft deutlich gewachsen, auch der Charakter der Veranstaltung hat sich gewandelt.
Fülle an 3-Sterne-Chefs
Zwar standen auch diesmal zwei mächtige Adisa-Herde am Podium, doch einige der geladen Koch-Stars wie Ferran Adriá, Santi Santamaria oder Heston Blumenthal verzichteten überhaupt auf Demonstrationen und sprachen lieber über die Zukunft der Branche.
Wie schon in den Jahren zuvor nutzen spanische Lebensmittelproduzenten den Kongress dazu, ihre Spezialitäten einem zunehmend internationalen Publikum zu präsentieren.
Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die spanische Weinwirtschaft. In insgesamt sechs kommentierten Verkostungen konnte sich die internationale Fachpresse einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der spanischen Weine machen. Einen Bericht über die Ergebnisse können sie in der nächsten Ausgabe der ÖGZ-Weingalerie (ÖGZ 9, am 2. März) lesen.
Ebenfalls bemerkenswert war das Rahmenprogramm, das die spanische Handelskammer ICEX für die internationale Presse veranstaltete. Sowohl mit trendigen Fast-Food-Konzepten (Fast Good), traditionellen und modernen Luxusrestaurants (Horcher bzw. Santcelloni) sowie gehobenen Szene-Restaurants (Teatriz, Panelujo) zeigt Madrid, wie der kulinarische Hase läuft.
Doch zurück ins Auditorium der Madrid Fusion. Ein erstes Highlight war wie jedes Jahr der Auftritt des katalanischen Starkochs Ferran Adriá. Im Gegensatz zu früher verzichtete Adriá jedoch auf eine Kochdemonstration und sprach lieber über die Entwicklung der Luxusgastronomie in Spanien.
„Wenn ich heute ein Menü aus den bekannten und auch von mir geschätzten Luxusprodukten wie Caviar, Trüffel etc. komponiere, dann kostet das alleine vom Wareneinsatz schnell einmal 400 €. Ein paar Superreiche werden diese Produkte weiter suchen, aber mich interessiert viel mehr, wie wir ein breiteres Publikum erreichen können, ohne bei den Produkten Kompromisse zu machen“, erklärte Ferran Adriá.
Ein echtes Gourmet-Restaurant definiert sich für ihn nicht dadurch, dass die teuersten Produkte zum Einsatz kommen, sondern in jeder Kategorie nur beste Ware verwendet wird. Gerade bei den sogenannten Grundprodukten wie Eier, Mehl, Milch, Zucker und Öl wird vielfach ohne Nachzudenken zu minderwertiger Industrieware gegriffen. Vielfach fehlt dem Nachwuchs da auch ein entsprechendes Produktwissen, merkte der katalanische Meister kritisch an. Als ersten Schritt unterstützt Adriá ein Forschungs- und Bildungsprojekt (Alicia) bei Barcelona.„Generell fehlt es hier an zugänglichen Forschungsstätten, die nicht von der Industrie dominiert sind. Und in Restaurants fehlt einfach die Zeit und oft auch die Infrastruktur. Deshalb haben wir das El Bulli ja auch nur ein halbes Jahr geöffnet“, erklärte Adriá.
Für gelangweilte Milliardäre?
Noch kritischere Töne als Ferran Adriá legte sein katalonischer 3-Sterne-Kollege Santi Santamaria an den Tag. Er stellte die Entwicklung der Spitzengastronomie generell infrage und forderte die Kollegen auf, an tatsächlichen Innovationen zu arbeiten, anstatt zu versuchen, ein zunehmend gelangweiltes Publikum an Superreichen zu unterhalten.
Als Mittler zwischen (regionalen) Produzenten und Konsumenten haben Köche eine zentrale Rolle, auf die sie sich – mit viel Verantwortungsbewusstsein – konzentrieren sollten.
Infos: www.madridfusion.net
Kommentare