Österreichs reife Schönheiten: Weißwein-Reserven im ÖGZ-Test

12.10.2021

Von: Roland Graf
Mehr Zeit, mehr Kraft – und im Idealfall auch mehr Trinkvergnügen. Für die Herbst-Saison punkten Veltliner, Riesling und Co, die mit mehr Power aufwarten. Solo sowieso, aber auch zur Küche.

Nein, es muss kein Holz im Spiel sein. „Reserve“ ist für Qualitätsweine eine zulässige Bezeichnung, wenn sie 13 % vol. aufweisen und nach dem 15. März des auf die Lese folgendes Jahres zur Prüfnummer eingereicht werden. 

Und doch versteht man darunter in der Regel nicht nur kräftigere, sondern reifere Weine im landläufigen Sprachgebrauch. Fragt der kecke Gast nach einem Glas den Sommelier „Was geht da drüber?“, lautet die Antwort oft „Reserve“. Und speziell bei den Weißweinen zeigt sich hier auch ein wachsendes Angebot abseits traditionell länger reifender Erzeuger. 

Unterschätztes Weinviertel

Das Weinviertel etwa ist immer noch unterschätzt in dieser Kategorie – zu imagestark wirkt der leichte Veltliner. Aber selbst hier darf es gerne eine Passage im (großen) Holzfass sein. Das große Vorbild beim Holzeinsatz stellt vielfach immer noch das Burgund dar. Wie mit Chardonnay und – bei Traditionalisten verpflichtend! – neuen Fässern Finesse entsteht, verzückt die Weinwelt mit Recht seit Jahrhunderten. Der buttrige Schmelz, den das Holz als „Gewürz“ liefert, begleitet die Frische der Weine von den Kalkböden lediglich; nie bekommt die Eiche aber das totale „aromatische Kommando“. Was für den robusten Chardonnay gilt, lässt sich natürlich auch bei den heimischen Paradesorten Veltliner und Riesling versuchen. Wobei beide vielleicht noch größeres Fingerspitzengefühl verlangen, speziell in Jahren mit höherer Fruchtreife und dementsprechend weniger Säure für die längere Lagerung. Woran sich auch ein Plädoyer fast aller „Reserve-Winzer“ zu ihren Weißweinen anschließt: Bitte nicht zu jung trinken!

Filigran austariertes Flechtwerk 

Denn das filigran austarierte Flechtwerk aus Frucht, Reife-Tönen und Holzeintrag wurde nicht kreiert, um kurz nach der Abfüllung serviert zu werden. Eine Vorbeugungsmaßnahme gegen derlei önologischen „Kindsmord“ sind die sogenannten „Spätfüllungen“ oder, wie es international heißt, „Late releases“. 

Aktuell etwa hat sich Schloss Gobelsburg entschlossen, seine Kamptaler „Tradition“ ab sofort zehn und 20 Jahre nach der Ernte in Verkehr zu bringen. In der Domäne Wachau wiederum setzt man die Serie der Spätfüllungen nach einem „Kellerberg“ vor einigen Jahren aktuell mit einer anderen Top-Lage, der „Achleiten“ des Jahrgangs 2015, fort. Gut so! Denn die deftiger werdende Herbstküche verlangt ja geradezu nach solchen Weinen. Ragouts, Braten, aber auch Pilze, Kürbis oder Maroni umschmeicheln die fortgeschrittenen Aromen. Wie immer haben wir im ÖGZ-Blindtest daher nicht nur die Favoriten ermittelt, sondern bemühten uns auch um Speisenempfehlungen zu den reifen Schönheiten.

ÖGZ-Sieger 2021 der Kategorie "Weißwein-Reserven"

Malteser: Frisch und Gastro-­perfekt zu Gold

Hoepler: Die feine GV-Klinge hat zu „Gold“ geführt

Schloss Gobelsburg: Alle Zeichen stehen auf „Gold“

Pasler: ÖGZ-Gold für bombastischen Burgunder