Porträt: junge Gastronomie

Wien
11.03.2020

 
Sijawasch Hayat-Khayyti und seine Frau Mirjam haben mit dem „Arezu“ im 8. Wiener Gemeindebezirk ihr erstes eigenes Lokal aufgemacht. Die Falstaff-Gabel folgte kurz darauf. Einfach ist es für die gebürtigen Iraner in der Gastro trotzdem nicht.

Dein größter Feind ist der Mitarbeiter“, antwortet Sijawasch Hayat-­Khayyati auf die Frage, mit welchen Schwierigkeiten man als junger Gastronom konfrontiert ist. Er lacht, meint es aber durchaus ernst. Seine Frau Mirjam nickt. „Wir haben in den ersten acht Monaten 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingestellt, wieder gekündigt, gesucht, neu eingestellt.
Jetzt haben wir endlich ein Team, auf das wir uns verlassen können und das Teil der Familie ist“, so der gebürtige Iraner. Familie, das ist wichtig. Denn schließlich verbringen er und seine Frau den größten Teil ihrer Zeit hier im Lokal, abwechselnd, gemeinsam – und manchmal ist auch die kleine Tochter da und sorgt für Entzücken bei den Gästen. „Es ist nicht so, dass es keine Bewerber gäbe. Die gibt es schon“, verdeutlicht Mirjam. „Schwer ist es, Menschen zu finden, die loyal sind. Die fachliche Qualifikation muss genauso passen wie die Motivation.“ Ihr Mann pflichtet ihr bei und ergänzt: „In der Gastronomie muss man mit dem Herzen dabei sein.“

Lehrzeit während des ­Studiums

Weil er schon seit seiner Studentenzeit immer in Lokalen gearbeitet hat, weiß er nur zu genau, was es heißt, im Gastgewerbe sein Geld zu verdienen. Es sind daher keine Unmöglichkeiten, die er von seinen Mitarbeitern verlangt. Selbst ist er als Kellner im eigenen Lokal genauso tätig wie hinter der Bar beim Getränkezapfen oder in der Küche. Dort sind die Grillspezialitäten sein Metier, er lässt es sich nicht nehmen, Kubideh (Lammspieß) und Co selbst zuzubereiten. Mirjams Mutter hatte früher in Ungarn ein Restaurant, auch für sie ist die Gastronomie und das, was mit ihr verbunden ist, nicht ganz neu. Sie sieht sich dennoch als Quereinsteigerin. „Ich hatte eigentlich null Erfahrung, aber man lernt schnell, worauf es ankommt“, sagt sie. Zum Beispiel müsse man gut kalkulieren, vor allem, was die Personalkosten betrifft. „Immer realistisch bleiben und lieber zu pessimistisch als zu optimistisch rechnen“, rät Sijawasch. 
„Erwartungen sollte man eher niedrig halten, man muss schon drauf achten, dass man immer einen guten finanziellen Polster hat. Ich denke, es ist auch wichtig, Freundschaft und Geschäft voneinander zu trennen. Entweder ist jemand ein Businesspartner oder ein Freund, beides geht meistens nicht lang gut.“ Einig sind sich die beiden, dass die formale Bildung allein kein Erfolgsindikator ist. Herz, Motivation, Erfahrung und die Freude am Tun sind es, die den Ausschlag geben.
Und das Privatleben? „Das ist erstmal gestrichen“, lacht Mirjam. „Zumindest bis wir einen Restaurantmanager gefunden haben, dem genauso viel am Lokal liegt wie einem selbst.“ 
Die Zeit, die die kleine Familie ganz für sich hat, wird dafür umso intensiver genossen, auch hier heißt es Qualität vor Quantität. Trotzdem würden die beiden das Wagnis eines eigenen Restaurants immer wieder eingehen. Sie denken sogar daran, noch ein Restaurant zu eröffnen. Das soll dann eines mit ungarischen Spezialitäten sein. „Wenn es dein Herzenswunsch ist, musst du es einfach machen“, lacht Sijawasch. „Du darfst dich auf keinen Fall von deinen Freunden und von deiner Familie davon abhalten lassen. Denn die sind es nicht, die deine Stammgäste werden.“

Text: Claudia Hilmbauer