Restaurant wird erpresst

Google
20.02.2019

Von: Thomas Askan Vierich
In Berlin kursiert ein Erpresserbrief, der an verschiedene Gastronomen verschickt wurde. Darin werden schlechte Bewertungen angedroht – außer man zahlt 300 Euro in Bitcoins.
In Berlin werden mehrere Restaurants erpresst. Man droht ihnen mit vernichtenden Online-Kritiken.
In Berlin werden mehrere Restaurants erpresst. Man droht ihnen mit vernichtenden Online-Kritiken.
Peter Frühsammer

Einer der betroffenen Betriebe – Frühsammers Restaurant in Berlin, ein Gourmetrestaurant mit Michelin-Stern, betrieben von Sonja und Peter Frühsommer– hat den Brief jetzt auf seiner Facebookseite veröffentlicht und dort viel Solidarität erfahren. Ein Kollege aus Berlin, Silvio Zeitz vom Pankoff in Pankow, hat gleich fünf Punkte auf Google vergeben, weil er auch erpresst werde. Peter Frühsammer ist zur Polizei gegangen. Wir haben mit ihm telefoniert.

Die Erpressung im Wortlaut

Hier zunächst der Erpresserbrief, wie ihn Frühsammer auf seiner Facebookseite www.facebook.com/fruehsammersrestaurant veröffentlicht hat:

Sehr geehrte Frau & Herr Frühsammer ,

bevor Sie diese Email leichtfertig als Spam oder Unsinn abtun,
möchten wir Sie ausdrücklich davor warnen und auffordern sich
den Inhalt genaustens anzuschaun.

Sollten Sie diesen Hinweis ignorieren, wird sich dies definitiv
negativ auf Ihren Geschäftsbetrieb auswirken!

Was wollen wir? Ganz einfach Antwort, Geld.

Wieviel? 0,1 BTC entspricht ca. 300€.

Warum sollten Sie zahlen?
Wir haben Ihnen gerade im Anschluss an diese Email eine Bewertung bei Google gegeben:

3/5"Ausbaufähig..."

achten Sie auf den Zeitstempel dieser Mail und der Bewertung, jetzt sollten Sie wissen
dass wir nicht bluffen.

Sollten Sie nicht auf unser Angebot eingehen, werden die nächsten Bewertungen heftiger:

1/5 "Nie wieder, total unfreundlich zu uns und den Kindern, unverschämt..." usw...

Auch behalten wir es uns vor, Ihr Geschäft in Zukunft direkt zu attackieren.

Dabei haben wir Zugriff auf hunderte von Social Media Accounts wie Google, Facebook, Booking.com,Instagram,Xing usw...

Natürlich können Sie jeweils die Löschung des jeweiligen Eintrages beim Webseitenbetreiber beantragen, dies dauert bei Google (Deutschland) bspw. 5-8 Werktage. Sofort dannach bekommen Sie eine Weitere und diesmal höhere Forderung von uns und es werden neue Eintragungen folgen.

Jeden Tag informieren sich die meisten Ihrer Kunden über die angesprochenen Portale.
Es entsteht Ihnen definitiv ein größerer Schaden, als die von uns geforderten 300€.
Allein den Zeitaufwand den Sie betreiben müssten: ständig in Kontakt mit Google, Booking, Facebook,Instagram,Xing, dazu nervige Gänge zur Polizei um wieder erneut eine Anzeige abzugeben, denn die meisten Betreiber wollen eine entsprechende Anzeige, als Beweis zur Löschung fälschlicher Bewertungen.

Nun werden Sie im ersten Augenblick dieser Zeilen sicherlich wütend sein und fest entschlossen sein, nicht zu zahlen. Das können wir verstehen. Vieleicht holen Sie sich auch Rat bei einem guten Bekannten. Ich kann Ihnen die Ratschläge schon vorwegnehmen: Geh zur Polizei oder reagiere einfach nicht drauf.

Der erstere Weg ist sicherlich vernünftig, ein Beamter wird alles aufnehmen, Sie müssen den gesamten Schriftverkehr inklusive jeder neu hinzugefügten Bewertung ausdrucken, dort hinbringen, usw. und sofort. Jedoch wird nichts passieren....die Anzeigen laufen, Sie müssen sich trotz alle dem selbständig um die Löschung der Bewertungen kümmern. Der zweite Weg wäre noch leichtsinniger, Sie werden zuschauen wie Ihre Kunden stätig weniger werden.

Glauben Sie mir, wir machen das nicht erst seit gestern. Und nein wir sind auch keine kleine rumänische Hackerbande, die blind Spammails versendet in der Hoffnung ein paar Euro abzugreifen. Sie wurden u.a. anhand der Anzahl Ihrer bisherigen Rezessionen und anderer Faktoren gezielt ausgewählt.

Daher verfolgen wir unsere Ziele bis zur erfolgten Zahlung konsequent weiter. Und wir nehmen uns die Zeit, immerhin leben wir davon.

Wir kennen Ihre Adresse: Frühsammers Restaurant,Schwalbacher Strasse 7,12161 Berlin
Telefonnummer: 030-89738628

und wenn´s sein muss dann noch viel mehr.

Ersparen Sie sich die Anstrengungen und zahlen Sie bis zum 25.02.2019 (20:00 Uhr MEZ) genau 0,1 Bitcoin (ca.300€) an diese BTC-Adresse:

1HnCX2WRkhnEwXcKYgyENAXhKEMq45tMz8

Sobald Sie die Bitcoin auf Ihrem Bitpanda-Account haben, schicken
Sie sie die 0,1 Bitcoin, an die o.g. Walletadresse.

Ich versichere Ihnen, bei erfolgter Zahlung verschwinden Sie von unserer Liste und haben Ihre Ruhe. Sollten Sie nicht zahlen (der Gang zur Polizei ist uns egal), erhalten Sie die versprochenen Konsequenzen....,dies ist dann mit einer Zahlung von 0,6 Bitcoin (ca. 1.800€) der letzte Warnschuss. Hiernach wird es richtig teuer.

Durchdenken Sie beide Varianten und entscheiden Sie weise!

*Wir versichern Ihnen hiermit nochmals, bei geleisteter Zahlung von der Aktionsliste zu verschwinden, auch werden wir Ihre Daten nicht im Darknet weitergeben etc., der Geschäftsvorfall ist mit der Zahlung abgeschlossen. Als Bonus für eine Zahlung innerhalb von 3 Werktagen, erhalten Sie zusätzlich drei 5/5 Bewertungen von uns, auf Google. Die angegebene BTC-Empfängerwallet ist für Sie reserviert, d.h. wir können Ihren Zahlungseingang direkt zuordnen.

Verlieren Sie keine Zeit und beginnen Sie mit der Registrierung bei Bitpanda!

Ihr Bewertungsteam

„Rita Sommer“ hat gemeckert

Und tatsächlich ist die erste angedrohte schlechte Bewertung auf Google erschienen. Von einer „Rita Sommer“: „Ausbaufähig – Essen war schon kalt, auf Nachfrage wurde allerdings nachgebessert“, heißt es da. Google hat sie sogar ins Englische übersetzt. Frühsammer hat diese „Rezension“ sofort bei Google als Fake gemeldet, hat auch den Erpresserbrief an Google weitergeleitet. Aber auch nach drei Tagen ist noch keine Reaktion von Google gekommen. Jetzt ist er zum Anwalt gegangen, um eine einstweilige Verfügung gegen Google zu erwirken.

Keine Reaktion von Google

Direkt auf die „Rezension“ reagiert hat er nicht: „Ich bin davon ausgegangen, dass Google das sofort löscht.“ Außerdem kann er mit so einer negativen Besprechung leben. „Ich fühle mich durch schlechte Besprechungen nicht in meinem Stolz angegriffen.“  Er fürchtet nicht, dass ihm die Gäste ausbleiben. Er sorgt sich eher um das Gesamtimage seines Betriebes, wenn das jetzt weitergeht wie von den Erpressern angedroht. Er habe eh schon genug Schwierigkeiten gutes Personal zu finden.

Polizei ist hilflos

Bei der Polizei war er auch schon. Er glaubt allerdings nicht, dass da viel passiert. Das käme öfter vor, bekam er zu hören, allerdings nicht in dieser Form. Die Polizei riet ihm: Nicht zahlen und öffentlich machen!

Tripadvisor hat Frühsammer auch verständigt, die haben reagiert. Noch ist bei ihnen keine verdächtige Negativbesprechung erschienen. Sie baten Frühsammer sie weiter zu informieren, wenn etwas auftauche.

Thomas Lengelder von der Dehoga Berlin erklärt in einem Beitrag des Regionalsenders RBB, dass solche Erpressungsversuche öfter vorkommen. Maschinen fluten alle möglichen Kanäle der Sozialen Medien mit Fake-Besprechungen. Sein Verband habe eine Agentur mit „guten Kontakten zu Google und Co“ beauftragt, sich der Sache anzunehmen.

Cool bleiben

Peter Frühsammer wird auf weitere schlechte Besprechungen reagieren, glaubt aber nicht, dass da noch viel kommt. Er fühlt sich andererseits auch ein bisschen hilflos: „Man hat eigentlich keine Chance als zu zahlen – wenn man schlechte Nerven hat.“ Noch hat Frühsammer gute Nerven. Den Erpressern hat er schriftlich geantwortet: Wenn sie 300 Euro haben wollten, könnten sie zu ihm spülen kommen.