So sorgen Sie als Arbeitgeber für Sicherheit

Arbeitsschutz
15.12.2021

Wenn es im Unternehmen stressig wird, vergisst man leicht auf Sicherheit am Arbeitsplatz. Das kann für den Betrieb allerdings böse Folgen haben - und teure.
Sorgen Sie Arbeitsunfällen vor. Mit Ausbildung.
Sorgen Sie Arbeitsunfällen vor. Mit Ausbildung.

Die Kernfrage im Unternehmen lautet: Wie stellt man sicher, im Falle des Falles alle Anforderungen in Punkto Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Sicherheit eingehalten zu haben? Oder, für Vorausschauende: Wie verhindert man bei der Arbeit Unfälle gleich im Vornherein? Die Antwort liegt in den klassischen W-Fragen: Wer? Was? Wann? Wie? Das fünfte W, das Warum, ist einfach: Um seiner Fürsorgepflicht als guter Arbeitgebender nachzukommen und um Ärger zu vermeiden - mit Sicherheit.

Arbeitsschutz: Worauf müssen Arbeitgeber achten?

Das "Wer“ hat Arbeitsrechtexperte Enzi schnell geklärt: Der Arbeitgeber hat seine Arbeitnehmer*innen zu unterweisen bzw. die Unterweisungen zu veranlassen. Er kann das an Interne delegieren, etwa an Sicherheitsbeauftragte im Betrieb. Oder er engagiert Externe, etwa Trainer oder den Hersteller einer neuen Maschine, der die Sicherheitsunterweisung bei der Arbeit durchführt. Auch E-Learnings mit passenden Modulen sind ein guter Weg. Sie haben den Vorteil, dass die Trainingszertifikate im System gespeichert sind bzw. leicht den einzelnen Mitarbeiterakten zugeordnet werden können. Denn jeder Kurs, jedes Training, jede Unterweisung muss auch dokumentiert werden. Bei Gruppenschulungen gilt die unterschriebene Anwesenheitsliste als Dokumentation.

Sicherheit am Arbeitsplatz: Worauf Angestellte zu schulen sind

Das "Was“ zu beantworten ist schon kniffliger. Grundsätzlich wird in Österreich zwischen Information und Unterweisung unterschieden (§ 12 bzw. 14 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz ASchG). Informationen vermitteln allgemeines Wissen zur Unfallverhütung und können auch von Sicherheitsfachleuten oder dem Betriebsrat gegeben werden. Zum Unterschied zur Unterweisung: Sie bezieht sich auf den konkreten Arbeitsplatz und Aufgabenbereich jedes einzelnen Arbeitnehmers. Hier sind der Arbeitgeber bzw. seine Führungskräfte in der Verantwortung. Trotzdem sind bei der Planung Arbeitnehmervertreter*innen oder Betriebsrat, Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner*innen einzubeziehen. "Jeder Dienstnehmer muss auf die auf seinen Arbeitsbereich zutreffenden Vorschriften hingewiesen werden“, sagt Enzi. Dass das nicht so einfach ist wie es klingt, untermauert er mit einem Beispiel: Für die Arbeiter*innen in einer Produktionsstätte gelten andere Sicherheitsmaßnahmen als für die Angestellten im angeschlossenen Bürotrakt. Was, wenn auch die Angestellten für ihre Arbeit regelmäßig in der Produktionshalle zu tun haben, weil sie etwa Arbeitsberichte einsammeln? "Dann muss der Arbeitgeber sie schulen, welche Wege sie benutzen dürfen, welche Sicherheitsabstände sie zu den Maschinen halten und ob sie dabei Helme tragen müssen.“ All das muss einmal durchdacht und regelmäßig aktualisiert werden. Generell sind die Unterweisungen für Produktionsstätten komplexer.

Wann müssen Sicherheitsunterweisungen für Mitarbeiter erfolgen?

Das "Wann“ bedarf einiger Planung. "Unterwiesen wird bei erstmaliger Aufnahme einer Tätigkeit und wann immer sich etwas ändert. Wenn etwa eine neue Maschine in Betrieb genommen wird, neue Arbeitsstoffe eingeführt oder Verfahren geändert werden. Oder wenn sich der Aufgabenbereich einer Person ändert.“ Enzis Rat lautet, Unfälle, Beinahe-Unfälle und Mitarbeiterfluktuation im Zusammenhang mit Sicherheitsbedenken zum Anlass für eine Überarbeitung zu nehmen: Sie alle zeigen Fehler im Getriebe auf. Auch regelmäßige Auffrischungen sind in Österreich Pflicht. Für deren Intervall will Enzi keine Empfehlung geben. "Das richtet sich nach dem Betrieb. Einmal im Jahr kann zu wenig sein.“

So müssen Arbeitnehmer unterwiesen werden

Fehlt noch das "Wie“: "Der Mitarbeiter muss verstehen, was man ihm nahebringen will.“ Bei fremdsprachigen Arbeitnehmern heißt das mit Dolmetscher oder wenigstens mit schriftlichen Unterlagen in allen im Unternehmen vertretenen Sprachen. Weil auch dokumentiert werden muss, dass der Mitarbeiter den Inhalt verstanden hat, sind diese Unterlagen vom Dienstnehmer in Muttersprache abzuzeichnen und dem Personalakt beizulegen. Auch das spricht für E-Learning: Es gibt sie in vielen Übersetzungen, sie folgen mit spielerischer und lerntypengerechter Didaktik dem Trend zur Gamification und schließen oft mit einem kleinen Test ab, der sicherstellt, dass der Inhalt verstanden wurde.  

Wer kontrolliert Verstöße beim Arbeitsschutz?

Die Kontrolle der Arbeitssicherheit erfolgt in Österreich durch das Arbeitsinspektorat. Es schätzt eine lückenlose Dokumentation ganz außerordentlich - auch jene von Unfällen und Beinahe-Unfällen ist verpflichtend. Was das Arbeitsinspektorat noch kontrolliert: den Aushang wichtiger Gesetze, die Erste-Hilfe-Ausstattung, das Bestellen einer Sicherheitsvertrauensperson je zehn Mitarbeiter, den Brandschutz und die Arbeitsplatzevaluierung (Raumhöhe, Fläche, Licht, Luft). Letztere bleibt dem Arbeitgeber selbst dann nicht erspart, wenn er nur einen einzigen Mitarbeiter oder Mitarbeiterin beschäftigt. Hier geht es um physische und psychische Belastungen bei der Arbeit. Für werdende bzw. stillende Mütter gelten übrigens besondere Vorschriften.

Die Aufgabe der Arbeitsinspektoren ernst zu nehmen lohnt sich auch aus finanziellen Überlegungen. Die erstmalige Anzeige von Verstößen gegen das ASchG kann in Österreich, je nach Schweregrad, zwischen 166.- und 8324.- Euro kosten, im Wiederholungsfall das Doppelte. Das wird rasch richtig teuer.

Selbsttest: So steht es um die Arbeitssicherheit in Ihrem Betrieb

Der amerikanische DuPont-Mitarbeiter Berlin Bradley bewies 1995 einen Zusammenhang zwischen dem Reifegrad einer Unternehmenskultur und den auftretenden Arbeitsunfällen.  

Welchen Reifegrad erreicht Ihr Betrieb bei den Themen Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Sicherheit?

•            Reifegrad 1: Arbeitsunfälle passieren, das ist unvermeidlich. Das Management fühlt sich für Arbeitsschutz und Gesundheit nicht zuständig und legt auch sonst wenig Wert auf Arbeitssicherheit. Kaum verwunderlich häufen sich Unfälle und Beinahe-Unfälle.

•            Reifegrad 2: Arbeitsunfälle gelten immer noch als unvermeidlich, aber man will sich nicht erwischen lassen. Deshalb etabliert das Management Regeln für Arbeitssicherheit und Gesundheit, um ihre Zahl so gering wie möglich zu halten. Bei Verstößen hagelt es Abmahnungen und Strafen. 

•            Reifegrad 3: Arbeitsunfälle sind tatsächlich komplett zu verhindern, weil die Mitarbeiter selbst auf Arbeitssicherheit schauen („Ich will mich nicht verletzen“). Dafür betreiben sie einigen Aufwand. Der Haken: Der Erfolg hängt vom individuellen Engagement für Arbeitsschutz ab. Das kann in einer Abteilung groß sein, in der nächsten nicht.

•            Reifegrad 4: Das Management selbst fühlt sich einem Null-Unfälle-Ziel verpflichtet („Wir wollen, dass sich niemand verletzt“). Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind gleichwertige Unternehmensziele wie etwa Qualität oder Produktivität. Bei allen Führungskräften läuft die Aufmerksamkeit gegenüber möglichen Gefahrenquellen ständig wie eine zusätzliche Tonspur mit.

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