Sprachassistenten bieten Potenzial im Tourismus

Digitalisierung
18.10.2017

Von: Thomas Askan Vierich
Der 13. Brennpunkt eTourism an der FH Salzburg brachte Touristiker und Hoteliers auf den neuesten Stand der digitalen Möglichkeiten.  
Die Bereitschaft, sich mit Maschinen zu unterhalten, nimmt zu.
Amazon investiert viel Geld in sein Sprachassistenzsystem "Alexa". Die Frage ist nur, welches System wird sich tatsächlich am Ende durchsetzen. Denn es gibt weitere, große Player am Markt - etwa Apple.

Was sich beim Thema Digitalisierung herauskristallisiert: Buchungsplattformen und Metasearcher sind nicht der Feind, sondern Partner, mit denen man kooperieren sollte. Das Influencer-Marketing via Blogger wird immer wichtiger genommen. Content ist noch immer das Zauberwort. Meine Inhalte müssen responsive sein, weil immer mehr Menschen über Smartphones buchen. Ich muss Gäste digital wiederkennen, um sie gezielt ansprechen zu können. Das bedeutet, ich muss mein Kundendatenmanagment optimieren. Ich sollte versuchen, den Gast während der gesamten Customer Journey möglichst in Echtzeit zu erreichen. Digitale Werbung wird mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning immer zielgenauer und ausdifferenzierter. Und es geht mehr denn je um Gefühle: Der potenzielle Gast möchte emotional angesprochen werden, wenn er digital nach einem Angebot sucht. Die Technik muss es ihm möglichst einfach machen – und vor Ort eher in den Hintergrund treten. Auch Anhänger von Digital Detox möchten online buchen. Marco ­Riederer von Prodinger Tourismusmarketing fasste den digitalen Trend 2018 so zusammen: „Bissl weniger Technik, mehr Authentizität und möglichst viele Emotionen.“   

Ganz konkret: Humanoide Roboter sind wohl schon wieder out bzw. erwecken bei uns eher Ängste, denn Sympathie, digitale Sprachassistenten (Chatbots) sind der letzte Schrei. Vielleicht wird mancher Hotelier den Concierge mit einem Auskunftsautomaten ergänzen (nicht ersetzen!). Dazu stellte Christian Martinek von Atuin Media erste Ideen vor. 

Ein Terminal neben der Rezeption könnte mehrsprachig Auskunft geben über Hotelservices oder Restaurants und Konzerte empfehlen. Und zwar personenbezogen, selbstlernend und vor allem mündlich. Niemand muss irgendwo etwas eintippen oder antippen. Dazu braucht man eine Gesichtserkennung und einen Sprachassistenten. Beides ist möglich. Motel One setzt in München einen Roboter-Concièrge mit Sprachsteuerung ein. 

Experten wie Stefan Niemeyer und Julia Jung von Neusta E-Tourism.de glauben fest an eine große Zukunft der Sprachassistenten, weil die Großen wie Amazon, Google oder Apple viel Geld in ihre Alexas, Echos oder Siris investieren. Momentan gehe es darum, welche Technik sich durchsetzen wird. Die Bereitschaft, sich mit Maschinen zu unterhalten, nehme zu, weil es praktisch ist, wie eine Umfrage im deutschsprachigen Raum ergeben hat: 49 % rechnen mit einer Erleichterung im Alltag, wenn einen Siri zum Beispiel an Termine erinnert. 40 % erwarten weniger Wartezeiten bei Hotlines. Fluglinien und Telekommunikationsunternehmen setzen Chatbots aus diesem Grund bereits ein. 25 % möchten weniger Zeit vor dem Bildschirm verbringen und deshalb mit ihrem Computer lieber sprechen. Mit Alexa und Co kann man nicht nur einkaufen oder ein Taxi buchen, sondern (bald) ganze Reisen buchen. Es gibt es schon Kopfhörer mit eingebautem Sprachassistenten von Bose. Es wird in den nächsten Jahren immer weniger komisch aussehen, wenn Menschen in der Öffentlichkeit scheinbar mit sich selbst reden. Sie telefonieren nicht handsfree, sie reden mit Alexa. „Always on wird zu always listen“, sagt Niemeyer. Software wie Alexa (mehr ist es ja nicht) kann in viele Geräte installiert werden: Kühlschränke, Autos, Smartphones oder Ticketautomaten. BMW wird künftig einen Sprachassistenten in seine Autos einbauen, Seat und Ford machen das schon.

Auswirkungen auf das Reisen 

Für immer mehr Menschen wird das Sprechen mit Maschinen zu einem ganz normalen Teil der Customer-Journey. Google Trips gibt es jetzt schon mit Sprachsteuerung, der Tourismusverband von Orlando, Florida, nutzt das bereits. Die Infrastruktur eines Hotelzimmers lässt sich sehr bequem via Sprachsteuerung beherrschen: „Siri, mach das Licht an!“ In Wynn Hotels kommt das bereits zum Einsatz.

Bewertungs- und Buchungsplattformen wie Holidaycheck arbeiten daran, ihre Daten auch mittels Sprachsteuerung verfügbar zu machen. Die Sprachoptimierung einer Homepage könnte zum neuen SEO werden. Die große Herausforderung: „Wir brauchen strukturierte Daten und müssen Inhalte für die Fragen der Gäste optimieren“, sagt Julia Jung von Neusta. „Wie fragen Gäste? Wonach fragen sie? Und wie können wir antworten?“ Ein wachsendes Problem sei natürlich auch, dass große Anbieter wie Amazon über Alexa versuchen, Wissensinseln aufzubauen. Wer zu diesem Datenpool keinen Zugang hat, der wird nicht mehr gefunden. 

Audiomarketing

Audiomarketing hat das Zeug, zum nächsten großen Ding zu werden. 85 % kennen im deutschsprachigen Raum Sprachassistenten, aber erst 13 % setzen sie täglich ein. Letzteres wird sich ändern, versprechen die Experten und laden Hoteliers und Touristiker dazu ein, kreativ zu werden: Es ergibt wenig Sinn, alle Veranstaltungen, die rund um ein Hotel passieren, über Alexa verfügbar zu machen. Das führt nur zu langen Aufzählungen. Aber man könnte seine eigenen und einige auserwählte Highlights einspeisen. „Fragen Sie Ihre Agentur, wie Ihre Daten dafür aufbereitet werden können“, sagen sie. „Sprachassistenten warten nicht auf uns, sie sind schon da. Aber noch können wir mit ihnen spielen.“ 

Es komme auf die eigenen, selbst-generierten Daten an: Google zieht sich seine umfangreichen Daten selbst, deshalb ist die Treffsicherheit beim Google Assistant schon sehr hoch. Bei Alexa sind wirklich korrekte Antworten seltener, weil Amazon mit der Suchmaschine Bing kooperiert und Daten von seiner eigenen Plattform nutzt. Google liefert Öffnungszeiten und Anfahrtsrouten. Aber einen richtigen Mehrwert kann Google nicht erzeugen. Wie bekomme ich also als Betrieb meine Daten ins System? Wie bei Expedia, wie bei der traditionellen Google-Suche mithilfe der SEO-Logik. Und man sollte seinen Gästen zuhören, weil man so herausbekommt, wie man sie am besten mit Informationen versorgen kann.

SEO-Optimierung

Stichwort SEO und Webseitenoptimierung: Hierzu hatte wie schon im letzten Jahr der SEO-Experte Oliver Hauser von get on top aktuelle Tipps – manche mit potenziell bahnbrechender Auswirkung. Wenn es zu Schwankungen bei den Klickraten kommt, könne das an Änderungen auf der eigenen Website, an Optimierungen der Marktbegleiter oder an Änderungen seitens Google liegen. Vor allem über Letzteres sprach Hauser: Das Ziel von Google sei es immer gewesen, die Informationen der Welt zu organisieren und damit Geld zu verdienen. „Deshalb will Google jedem Benutzer das bestmögliche Suchergebnis zur Verfügung stellen: relevant, sicher, schnell und aufs Endgerät optimiert.“ Das müsse man bei seinen Angeboten bedenken. 

Beim Thema Sicherheit ist die Verschlüsselung ein Rankingfaktor. Ab sofort werden schrittweise alle Webseiten unter http in der neuesten Chromeversion (62) als „unsicher“ angezeigt. Deshalb Hausers dringender Rat: Umstellen auf https! Das koste grundsätzlich nichts, komme aber einem Relaunch gleich, weil technisch viel umgestellt werden müsse. 

Die Schnelligkeit ist schon seit 2010 ein Faktor für das Google-Ranking. Google unterscheidet zwischen „ok“ und „langsam“. Wenn man langsam ist, hat man nicht nur beim User, sondern auch bei Google ein Problem. Jede Sekunde zählt, eigentlich schon jeder Sekundenbruchteil. Man kann seine Ladezeit optimieren, zum Beispiel über PageSpeed Insights (das will Google aber bald abschaffen). Über die Taste F12 kann man sich anzeigen lassen, was alles beim Öffnen der Seite geladen werden muss. Ein deutlich schnelleres Protokoll (und ebenfalls sicher) ist http/2. 
Ganz entscheidend sei auch, dass die eigene Website responsiv ist: Rund 50 % aller User nutzen bereits ein Smartphone bei ihren Internettätigkeiten, Tendenz weiter steigend. Deshalb löst bei Google der Mobile Index den Desktop Index ab, auch das passiert Schritt für Schritt. Eine nichtresponsive Seite wird von Google ganz nach hinten gereiht oder komplett aus der Suche gelöscht. Mit der Google Search Console könne man selbst prüfen, ob und was Google mobil sehen kann: Fotos, Links und so weiter. 

„Das Internet ist kein Abenteuerspielplatz mehr. Was wir machen, muss gut sein“, sagt Ines Eschbacher von der Contentmarketing-Agentur punkt & komma. „Ich muss relevant sein, Antworten liefern, Nutzen stiften, dann habe ich Erfolg im Netz.“ Dazu müsse man seine Zielgruppe kennen und wissen, über welche Kanäle man diese ansprechen kann. Immer mehr Menschen lassen sich im Vorfeld einer Reise am Smartphone inspirieren und dann weiter digital begleiten. Man muss bei den nur 20 Prozent der Sichtbaren dabei sein. Die Aufmerksamkeitsspanne des potenziellen Gastes ist kurz, sehr kurz, immer kürzer: Wie kann ich ihn oder sie am Smartphone abholen? Wie kann ich ihnen das Buchen möglichst leicht machen? Das sind entscheidende Fragen im digitalen Marketing.