Thomas Cook und die Folgen für die österreichische Hotellerie

26.09.2019

Von: Thomas Askan Vierich
Thomas Cook, der älteste Reiseveranstalter der Welt und ein echter Riese der Branche (weltweit die Nummer 2 nach TUI und sehr aktiv auch im deutschsprachigen Raum), hat Insolvenz angemeldet. Niemand wollte den Briten mehr Geld vorschießen, die britische Regierung nicht und  die britischen Banken nicht. Mittlerweile sind auch die Thomas Cook-Töchter in Deutschland und Österreich pleite. Rechnungen werde vorerst nicht mehr bezahlt.
RIP Thomas Cook in der Londoner Enfield Road

Der chinesische Mischkonzern Fosun (in Österreich an Wolford beteiligt) wollte seine Anteile von 18 Prozent stark ausbauen, was auf eine Übernahme des Konzerns hinausgelaufen wäre. Darauf wollte sich Thomas Cook nicht einlassen. Jetzt zeigt sich nicht nur Fosun und die britische Opposition „enttäuscht“, jetzt sitzen Hundertausende Urlauber in ihren Ferienorten fest oder wissen nicht, ob sie ihren gebuchten Urlaub antreten können. Die britische Regierung hat versprochen sie „heimzuholen“, die Aktion hat auch schon einen Namen: „Matterhorn“. Aber es sind auch Tausende deutsche oder österreichische Urlauber betroffen.

In Urlaubsländern wie zum Beispiel Griechenland, die bei Pauschalreisenden besonders beliebt sind, herrscht höchste Alarmstufe. Dort befürchtet man bleibende Schäden für die gesamte Tourismusbranche. Auf Kreta haben zum Beispiel 70 Prozent aller Tourismusunternehmen Verträge mit Thomas Cook. Urlauber werden in ihren Hotels „gefangen gehalten“, um die offenen Rechnungen ihres Reiseveranstalters zu bezahlen…

Und die 21.000 Tausend Beschäftigten von Thomas Cook sehen in eine ungewisse berufliche Zukunft.

Die Lage in Österreich

Laut einer aktuellen Umfrage der ÖHV haben 30 Prozent der österreichischen Qualitätshotellerie Verträge mit Thomas Cook. Sie rechnen mit Schäden bis in den sechststelligen Eurobereich. Insider gehen sogar von Ausfällen bis zu 7 Millionen Euro aus. Viele Gastgeber haben von Thomas Cook kein Geld gesehen und können auch keines mehr erwarten. 77% der Hotels haben auch Buchungen über Thomas Cook für die kommende Wintersaison. Der Masseverwalter müsse rasch klarstellen, dass die Hoteliers über diese Kontingente frei verfügen können, fordert die ÖHV: „Wir müssen verhindern, dass gute Betriebe ins Straucheln kommen, weil ein anderer schlecht gewirtschaftet hat. Es kann nicht sein, dass diese Betten im Winter leer stehen oder die Hotels kein Geld dafür sehen!“, sagt ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer.

Petra Nocker-Schwarzenbacher, Tourismusobfrau in der Wirtschaftskammer, schätzt, dass der Schaden pro betroffenem Hotel bei 10.000 bis 70.000 Euro, teilweise auch deutlich darüber liegt. Thomas Cook habe stets sechs Wochen zum Begleichen der Rechnungen Zeit gehabt - die Gäste seien abgereist, ihre Rechnungen seien nicht bezahlt. Bisher hätten sich rund 250 Hoteliers an die Wirtschaftskammer gewendet. "Wir sind uns sicher, dass da noch einiges daherkommen wird", erklärte Nocker-Schwarzenbacher im Gespräch mit dem Radio Ö1.

Gründe für die Pleite

Die Gründe für die Pleite sind schnell aufgezählt: Schon 2012 steckte das Unternehmen in der Bredouille. Damals waren die britische Regierung und Banken noch zu einer Geldspritze bereit. Seitdem wurden weiter Schulden in Milliardenhöhe angehäuft. Die Zinslast wurde immer größer. Dann kamen die Diskussionen um den Brexit und seine unabsehbaren Folgen, der die Urlaubsfreude der Briten getrübt hat. Das britische Pfund hat stark an Wert verloren, das macht den Urlaub für Briten im Ausland teuer. Letztendlich konnte Thomas Cook mit seinen deutschen Töchtern wie Neckermann oder Öger im harten Preiskampf mit TUI und anderen Anbietern nicht mehr mithalten, Rabatte ruinierten endgültig das Geschäft

Pauschalreisen sind out

Entscheidend an der ganzen Misere ist aber wohl der Trend zu mehr Individualität beim Reisen. Pauschalreisen, die man übers Reisebüro bucht, werden immer weniger nachgefragt. Urlaub von der Stange ist out. Die Leute buchen ihre Flüge und Unterkünfte selbst und sind viel anspruchsvoller geworden. Da können Riesen wie Thomas Cook nicht mehr mithalten. Wenn dann noch die Reisenden das Gefühl bekommen, bei einem seit Jahren in der Krise steckenden Unternehmen zu buchen, wechseln sie zu anderen Anbietern. Oder verzichten ganz auf eine Pauschalreise.

Ganze Branche betroffen

Schlimm ist, dass die Thomas Cook Pleite jetzt auch anderen Anbieter wie Ruefa schwer belastet: Oft haben Kunden Thomas Cook-Angebote über diese Reisebüros gebucht. Das Vertrauen in eine ganze Branche hat einen Knacks bekommen. Experten rechnen damit, dass noch weitere Insolvenzen folgen werden. Und das Thema Insolvenzversicherung ist aktueller denn je.