Tourismuszahlen: Und wieder pfeift das Murmeltier

Tourismus
05.04.2016

Von: Thomas Askan Vierich
Tourismuszahlen: Der Minister freut sich über tolle Zahlen, die Branche warnt vor Schönfärberei.
Die Aufenthaltsdauer von Wintertouristen sinkt. Da helfen auch steigende Ankünfte nicht.

Die Ereignisse wiederholen sich. Immer wenn die Halbjahresbilanzen zum österreichischen Tourismus veröffentlicht werden, jubeln die einen und warnen die anderen. Jeder aus eigenem Interesse. Den Minister freut’s, weil er Politiker ist und weil er oft genug von der Branche für seine Politik und die seines Kollegen aus dem Finanzministerium gerüffelt wurde. Tenor: Zu wenig Reform, zu viele Auflagen, ab und zu eine Geldspritze reicht nicht. Eben deshalb warnen die anderen, weil sie um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten. Und die ihrer Nachfolger.

Schwache Umsatzrentabilität

In St. Johann/Pongau präsentierte Peter Voithofer, der Leiter der KMU-Forschung Austria, ganz andere Zahlen: Das Ergebnis nach Finanzergebnis (EGT) konnte nur dank des rückläufigen Zinsniveaus von 1,3 Prozent im Jahr 2010/11 auf 1,6 Prozent im Jahr 2013/14 gesteigert werden. In kaum einer anderen Branche sei die Umsatzrentabilität so niedrig. Der Mittelwert aller kleinen und mittelgroßen Unternehmen in Österreich liege bei drei Prozent. Das bräuchten die Tourismusbetriebe auch, um wieder Luft zum Atmen und zum Investieren zu bekommen. Hinzu kommen eine sinkende Bettenauslastung bei steigenden Kapazitäten, ein intensiver Preisdruck trotz steigender Ausgaben und eine sinkende Aufenthaltsdauer der Gäste.

Auch das ist nichts Neues, aber eine „bedenkliche Entwicklung“, sagt Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Sparte Tourismus- und Freizeitwirtschaft in der WKÖ, die die Studie Voithofers in Auftrag geben hat. Und das habe eben damit zu tun, dass Hotellerie und Gastronomie wegen der Steuerreform in Summe rund 150 Millionen Euro Zusatzbelastung tragen müssten.

Grund zum Fürchten

Auch Sepp Schellhorn von der Opposition sieht Mitterlehners Jubelzahlen kritisch: „Die kürzere Aufenthaltsdauer von Wintertouristen und die sinkenden Umsätze können durch die gestiegenen Zahlen bei Ankünften und Nächtigungen nicht ausgeglichen werden.“ „Man beginnt sich zu fürchten“, sagt Wolfgang Kleemann, Geschäftsführer der Tourismusbank ÖHT. Er sieht wie viele Fachleute das Heil der Hotellerie in Investitionen, Profilierung und einer Stärkung des Vertriebs. Aber das kostet alles Geld und benötigt zusätzliche Manpower.

Spricht man mit den Hoteliers, ist die Stimmung so: Man ist wieder mal mit einem blauen Auge davongekommen, trotz schlechten Dezembers und Jänners. Weil es dann doch noch geschneit hat und weil der Februar einen Tag mehr hatte. Und so wird auch im kommenden Sommer alles gut gehen, hoffentlich. Aber was ist, wenn es mal wieder Dauerregen und Hochwasser gibt und keine Hitzewelle, die die Gäste aufs Land und in die Berge treibt? Irgendwann hilft auch keine noch so zielgenaue Positionierung mehr. Und irgendwann steigen auch wieder die Zinsen, die jetzt noch die Bilanzen entspannen.