Unsere Kochausbildung muss reformiert werden

24.02.2011

Hermann Döllerer fordert bessere Ausbildungsmöglichkeiten für den Kochberuf. Für die Erfolge des heimischen Tourismus in den letzten Jahrzehnten war unsere Gastronomie ein ganz entscheidender Faktor.
Hermann Döllerer setzt sich für eine Reform der zweigleisigen Kochausbildung ein

Das kulinarische Angebot, das Besuchern in Österreich geboten wird, ist vor allem in seiner qualitativen Breite einzigartig: von einfachen Beiseln über gepflegte Gasthäuser bis hin zu Haubenrestaurants – in unserem Land wird an Tausenden Orten täglich frisch gekocht.
Das gesellschaftliche Ansehen, das manche Köche heute nicht zuletzt dank der Berichterstattung in den Medien genießen, hat sicher dazu beigetragen, diesen Beruf trotz all seiner Härten für junge Menschen interessanter zu machen.
Leider schaut es mit dem Ausbildungsangebot für angehende Köche in Österreich sehr schlecht aus. Nach Abschluss der Hauptschule haben sie die Alternativen, entweder eine Kochlehre zu beginnen oder an einer Hotelfachschule einen drei- oder fünfjährigen Lehrgang zu machen. Beide Angebote sind für das Erlernen des Kochberufs problematisch.

Ein Jahr in der Warteschleife
Ein 14-jähriger Mensch, der eine Lehre als Koch machen will, muss zuerst das Polytechnische „absitzen“, damit er das 9. Pflichtschuljahr absolviert hat. Für die meisten Jugendlichen ist das einfach ein verlorenes Jahr, weil sie dort weder etwas Sinnvolles für ihren späteren Beruf noch für ihre Allgemeinbildung lernen. Erst danach können sie mit der vierjährigen Koch/-Kellnerlehre beginnen. Sie brauchen also für einen Lehrabschluss zwei Jahre länger, als diejenigen, die einen dreijährigen Lehrgang an einer Hotelfachschule absolvieren. Zwar ist die fachliche Ausbildung in der Lehre (zumeist) besser, formal hat ein Absolvent einer Hotelfachschule jedoch einen gleichwertigen Abschluss. Das ist gegenüber denjenigen, die vier Jahre lang eine Lehre gemacht haben, einfach unfair.

Fachschulen ohne Fokus
Deshalb entscheiden sich engagierte Eltern – sofern sie es sich leisten können – in der Regel dafür, ihre Kinder in eine Hotelfachschule zu schicken.
Es erscheint ja attraktiv, dass die Jugendlichen nicht nur Koch und Kellner lernen, sondern noch dazu eine Ausbildung zum Hotelkaufmann erhalten. Das Problem dabei ist allerdings, dass sie am Ende zwar einen formalen Abschluss haben, aber keinen dieser drei Berufe tatsächlich beherrschen.
So ergreifen schlussendlich auch nur wenige Absolventen einer Hotelfachschule den Kochberuf. Nicht zuletzt deshalb, weil sie in einer professionellen Restaurantküche damit konfrontiert werden, dass sie vom Niveau her deutlich hinter ihren Altersgenossen stehen, die eine Kochlehre gemacht haben.

Diskussion mit Scheuklappen
Optimalerweise würde sich in Österreich auf beiden Ausbildungsschienen etwas ändern.
Allerdings sehe ich für eine Verbesserung des Lehrangebots des einjährigen polytechnischen Lehrgangs unmittelbar wenig Chance auf Umsetzung. Das Hauptproblem liegt wohl darin, dass ein bunt zusammengewürfelter Haufen von jungen Menschen mit unterschiedlichen Berufswünschen (sofern sie überhaupt welche haben) zusammensitzen und keinen Abschluss erreichen können, der für sie eine Bedeutung hätte.
Dieses Problem betrifft sämtliche Branchen, in denen Lehrlinge ausgebildet werden. Leider dreht sich in der derzeitigen Diskussion um eine Reform des heimischen Schulwesens das meiste um die sogenannte „Gesamtschule“, nicht jedoch um das Polytechnikum.

Schwerpunkte gefordert
Beim Angebot der Hotelfachschulen könnte sich jedoch relativ rasch etwas ändern. Hier geht es vor allem darum, die Lehrpläne nach verschiedenen Schwerpunkten so zu gestalten, dass ein Absolvent tatsächlich den selbst gewählten Beruf beherrscht und danach eine erfolgreiche Berufslaufbahn starten kann.
Da die Hotelfachschulen von den Kammern betrieben werden, die eigentlich unsere Interessen vertreten, sollte hier eine Änderung rascher möglich sein. Ich weiß von vielen befreundeten Spitzenköchen, dass sie gerne dazu bereit wären, mit Hotelfachschulen enger zusammenzuarbeiten, wenn es sich dabei tatsächlich um eine fundierte Fachausbildung zum Koch handeln würde. Schließlich stehen heute viele Top-Restaurants vor dem Problem, gut ausgebildete Jungköche zu finden.
Doch anstatt sich über ein differenziertes und fokussierteres Lehrangebot zu unterscheiden, werben die Hotelfachschulen zunehmend mit attraktiven Freizeitangeboten wie etwa Skifahren. Das ist der falsche Weg.

Derzeit schaut es so aus, dass manche junge Köche den Weg an die Spitze nicht wegen, sondern trotz des bestehenden Ausbildungsangebots an unseren Schulen geschafft haben.

(Redaktion: Hermann Döllerer)

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