Verkostung: Fifty Shades of Öl

ÖGZ-Verkostung
28.03.2019

Von: Roland Graf
Eines für den Salat, eines im Fritter? Österreichs erfolgreichste Köche nutzen eine ganze Liste an Ölen. Ein paar Tropfen genügen, um Gerichte zu verfeinern – und heben ihren Betrieb vom Mitbewerb ab.Die große ÖGZ-Aromaölverkostung  
Höchste Konzentration bei der ÖGZ-Öl-Verkostung

Wie selbstverständlich stehen in Italien, Spanien oder Griechenland die Ölflaschen am Restauranttisch. Hierzulande ist der Anblick eine Seltenheit. Doch es gibt Ausnahmen, die den heimischen Ölen einen ähnlich wichtigen Platz in der Gaststube und der Küche einräumen wie ihre mediterranen Kollegen. Helmut Rachinger etwa stammt aus dem Mühlviertel – mit der lokalen Leibspeise „Leinöl-Erdäpfeln“ ist er also aufgewachsen. Während Sohn Philipp den mit drei Hauben ausgezeichneten „Mühltalhof“ in Neufelden weiterführt, kocht Rachinger senior gegenüber im „Fernruf 7“ ganz nach seinem eigenen Gusto am alten Holzofen. 

Asia-Aromen und heimisches Öl

Öle sind für ihn auch da wichtig: „Gerade habe ich wieder die Forellen-Consommé gekocht“ – und dabei ergänzen vorm Servieren ein paar Tropfen Leinöl die exotischen Aromen von Zitronengras, Chili und Ingwer. Und auch als Gedeck kommt der oberösterreichische Klassiker zum Einsatz: „Philipp macht da eine Essigreduktion und gibt ein bisschen Öl drauf.“ Es muss schließlich nicht immer Salat sein, wenn sich Essig (spritzig und sauer) und Öl (cremig und aromatisch) treffen!

Warum nicht Erdbeerkern-Öl?

Doch nicht nur in Oberösterreich sprudeln die Öl-Quellen. „Hanföl, Leinöl, Chilikernöl, Bucheckernöl, Walnussöl, Mohnöl, Kürbiskernöl“ zählt Paul Ivic auf, der mit der Küche des „Tian“ einen Michelin-Stern erkochte. Alle verwendeten Öle bezieht das fleischlose Wiener Spitzenrestaurant aus Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark. 
Wobei neutrale Öle auch als Konsistenzgeber ihre Berechtigung haben, ergänzt Ivic. „Viele Öle, die wir verwenden, sind selbstaromatisierte Sonnenblumenöle“, zählt der Tian-Chefkoch eine ganze Palette an neuen Möglichkeiten auf: Tannenzapfenöl, Pappelknospenöl, Rosenöl, Wermutöl, Kojiöl … bringen alle den Geschmack regionaler Rohstoffe auf den Teller. 
Neben dem Sonnenblumen-Öl als neutraler Basis bringt er noch weitere Beispiele aus seiner persönlichen Öl-Kunde:

Traubenkernöl: Wie Sonnenblumenöl, wenn eine gewisse nussige Note erwünscht ist.

Rapsöl: Zum Marinieren, wenn ein für Kreuzblütler (Brokkoli, Rosenkohl, Grün-, Rot- und Weißkohl, Kohlrabi, Steckrübe, Blumenkohl, Rettich, Radieschen, Rucola, Kresse, Meerret-
tich …) typischer Geschmack unterstrichen werden soll.

Erdbeerkernöl: Um eine „grünliche“ Erdbeernote zu erzeugen.

Sonnenblumenöl: Zum Braten oder zum Einlegen bzw. wenn ein neutraleres Öl benötigt wird, um aromatisierte Öle herzustellen (Knospenöle, Kräuteröle …).

Denn die heimische Öl-Landschaft ist anders als eine Baseball-Mütze; „One size fits all“ stimmt hier nicht. So eignen sich nicht alle Öle als Dip mit Salz und Weißbrot. Mixt man sie zum Pesto auf (Helmut Rachinger empfiehlt etwa Hanföl-Pesto auf Knäckebrot!), werden aber auch aus vermeintlich schwierigen Pressungen plötzlich Gaumenfreuden, die auf ein Menü einstimmen. Wie vielfältig das heimische Angebot an Ölsaaten ist, hat das ÖGZ-Kosterquartett erfahren – etwa mit einem Buchecker-Öl oder einer Hanföl-Probe. Die Besten im Test finden unten. Ach ja, für die mediterrane Fraktion gibt es natürlich auch empfehlenswerte Olivenöle aus Griechenland!

Tomaten-Freund, by t.vierich

Kräuter-Leicht, by t.vierich

Mojito con Pesto, by t.vierich

Leinsame Klasse, by t.vierich

Du grüne Neune!, by t.vierich

Land der Buchecker, by t.vierich

Grande Cuvée, by t.vierich

Rauch-Tönchen, by t.vierich

Schwarzes Gold, by t.vierich

Steirer Mark, by t.vierich

Schoko-Nuss, by t.vierich

Dunkler Typus, by t.vierich

Die Jury

Wie kommen die Öl-Bewertungen zustande? Die ÖGZ lud Produzenten und Importeure ein, kostenpflichtig ihre Muster einzureichen. Dieser Querschnitt durch das Marktangebot wurde in Gruppen (z. B. „Olivenöle“) aufgeteilt und verkostet, um die Besten zu ermitteln.

Mit ÖGZ-Autor Roland Graf verkosteten im „Favvas“ dessen Geschäftsführer Panagiotis Favvas, ­Sommelière ­Sylvie Hütter und Öl-Müller Franz Hartl („Hartls Feinste Essenzen“). Wie immer wurden alle Proben verdeckt serviert und unabhängig von den Mitgliedern des Kostquartetts bewertet. Die Summe der individuellen ­Einschätzungen ergab die Sieger und somit die Träger des ÖGZ-Gütesiegels 2019 in Gold. Großer Dank gilt Franz Hartl für das bereitgestellte Profi-Equipment (getönte Kostgläser und neutrale Porzellanlöffel)!