Was sich die Branche von Magdas Hotel abschauen kann

Hotel
29.11.2017

Von: Daniel Nutz
Das Magdas Hotel setzt beim Personal auf Flüchtlinge. Nach zweieinhalb Jahren kann man sagen: durchaus erfolgreich. 
Martina Healys Job ist es, das Magdas Hotel in die Gewinnzone zu führen.
Rezeptionskraft Omid träumt von einer Hotel-Karriere.

Ping! Noch während die Rezeptionsklingel klirrt, fragt Omid: „Brauchen Sie ein Zimmer?“ Ja. Eines mit alten Vintage­möbeln, Ablagen, gebaut aus alten Schultischen, oder Nachtkästchen aus Küchenstühlen! Das Magdas Hotel im Wiener Prater ist kein normales Haus. Die Einrichtung folgt keinen Standards, sie ist vielmehr ein Patchwork aus Recyclingmaterialien, die Künstler zu einem identitätsgebenden Ganzen zusammengezimmert haben. Individuell und weltoffen wirkt das Hotel: ein Treffpunkt der Kulturen. Und das nicht nur, weil die Gäste aus der ganzen Welt kommen. 

Aus 14 Nationen

Das Magdas ist wohl das einzige Hotel des Landes, indem die Mitarbeiter weiter gereist sind als die meisten Gäste. Vor zweieinhalb Jahren auf Initiative der Caritas als sogenanntes Social Business gegründet, gibt es anerkannten Flüchtlingen die Chance, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Afghane Omid ist einer von ihnen. In den vergangenen zwei Jahren hat er sich vom Nachtportier zum stellvertretenden Rezeptionschef hochgearbeitet. Er wolle in der Hotellerie bleiben, aber irgendwann ins Backoffice wechseln, sagt der Mitzwanziger in einwandfreiem Deutsch und mit einem Lächeln auf den Lippen. 

Rund 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus 14 Nationen arbeiten hier, erzählt Martina Healy. Die aus Österreich stammende Hotelmanagerin kommt aus dem Office-Bereich hinter der Rezeption hervor. Sie erklärt das Konzept hinter Magdas: Zehn bis zwölf Fachkräfte bilden die anderen aus. Manche der Flüchtlinge haben bereits eine Ausbildung in der Heimat gemacht, manche sind Quereinsteiger, erzählt Healy. Fachkräftemangel? Muss nach Ansicht Healys nicht sein. „Geht hin, redet mit den jungen Menschen. Wir machen hier gute Erfahrungen“, rät sie Branchenkollegen, die derzeit händeringend nach Personal suchen. Ist es wirklich so einfach?

Als Social Business sei ihr Hotel dazu verpflichtet, einen zumindest kostendeckend zu wirtschaften, erzählt Healy, während sie durchs Haus führt. Es geht vorbei an mit Folie abgeklebten Fenstern und gehäkelten Zimmerlampen. Alles wirkt improvisiert, aber cool und mondän. Zur Eröffnung hatte man viel Presse, die auch sehr viele Gäste ins Haus spülte. Nun ist es etwas ruhiger geworden. Die Auslastung liegt bei 74 Prozent. Bloß 1,5 Millionen Euro hatte man als Startinvestment, um aus einem ehemaligen Altenheim ein Hotel zu machen, erzählt sie. 2018 soll man in der Gewinnzone landen, erklärt Healy. Das sei wichtig, weil das Projekt erst einmal auf fünf Jahre angelegt sei. Die Weiterführung sei vom Erfolg abhängig. 

Herausforderung: Multikulti

Die größte Herausforderung seien die Personalkosten, erklärt Healy. Eine Fachkraft ist stets mit jemand Ungelernten unterwegs. Und klar, manchmal gebe es auch Missverständnisse. „In multikulturellen Teams ist es wichtig, ganz genau zu sagen, was die Erwartungen sind. Es geht darum, Strukturen vorzugeben. Und wenn es nicht geht, muss man sich eben ehestmöglich trennen.“ 

Wir sind ganz oben angekommen. Im dritten Stock des Hotels bietet sich ein wunderbarer Blick über den herbstlichen Prater. Healy blickt auf das Riesenrad. „Die Flüchtlinge sind ja sowieso hier und bleiben. Darum müssen wir ihnen eine Chance geben“, sagt sie. Da gehe es nicht nur um eine menschliche Selbstverständlichkeit, sondern auch um eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit. Und ja, vielfältige Teams bringen gute Geschäftschancen. Das steht nicht nur in sämtlichen BWL-Lehrbüchern zum Thema Diversity-Management, sondern erfuhr Healy aus der eigenen Tätigkeit. Ein Beispiel: Ihre Mitarbeiter nehmen Rezepte aus der Heimat mit, die dann gemeinsam mit dem Küchenchef adaptiert werden. Diese Woche stehe Humus und Linsen-Dal am Speiseplan des Restaurants, in dem das Magdas für Hotelgäste, Seminarteilnehmer und die Anwohner des Viertels kocht. Man will aktiv als Ort der Begegnung auftreten. 

Nach dem Rundgang kommen wir wieder an der Rezeption an. Schichtwechsel. Omid sitze jetzt im Deutschkurs, sagt seine Chefin. Perfektes Deutsch in Wort und Schrift und auch Englisch seien jene Kompetenzen, bei denen am meisten Nachholbedarf herrsche, erklärt Healy. Ihre Leute seien aber großteils so motiviert, dass schnell Fortschritte erkennbar seien. Eigentlich würde sie gerne noch mehr aufnehmen. Gute Bewerber – vom Stubenmädchen bis zur Köchin – gäbe es einige, denen man absagen müsse. Vielleicht wäre das eine Chance für Hotels, die ihren Personalstand noch nicht gedeckt haben. Frau Healy würde gerne den einen oder anderen Kontakt weitergeben.