Was will ich wirklich?

12.11.2015

 
Wenn man das Gefühl hat, man müsste sich neu orientieren, sollte man mit einem Coach sprechen. Eine interessante Fallstudie eines Hotelmanagers.

Text: Klaus Häck

Seit mehr als zehn Jahren bin ich als Coach für Führungskräfte und Unternehmer im Gastgewerbe unterwegs. Vor einiger Zeit traf ich einen General Manager zu einem Coaching. Es handelte sich um einen sehr erfahrenen Manager, der bereits für mehrere internationale Unternehmen gearbeitet hat. Er befand sich auf einem sicheren Arbeitsplatz und verdiente gut. Doch er war unzufrieden. Wie mir der Kunde sagte, wolle er gerne noch einmal etwas Großes machen, sehr gerne im Ausland, denn er war unabhängig. Auf meine Frage, was ihn denn davon abhalte, konnte er mir nicht wirklich eine Antwort geben. Wir vertieften daher das Thema, wie es dazu kam, dass er mit seiner großen Erfahrung in der Leitung von Hotels bis zu 500 Zimmer in einem relativ kleinen Hotel gelandet ist. Der Manager sollte sein Anteil an der für ihn unbefriedigenden Situation erkennen: Er hatte in den letzten Jahren zu wenig an seinem Netzwerk gearbeitet. Damit war er für seine Vorgesetzten „unsichtbar“ geworden, hatte die für ihn wichtigen Stakeholder zu wenig involviert, sich nicht positioniert. Das schadete ihm jetzt. Ich stellte ihm nochmals die Frage, ob er denn wirklich eine Veränderung ins Ausland suche. Das „Ja“ wirkte auf mich ambivalent. Aber ich nutzte das „Ja“ und fragte ihn, wie er sich den Rest seiner Karriere vorstelle. Seine konkrete Antwort: „Nochmals ordentlich Geld verdienen und dann mit 60 oder 65 aufhören.“ Ein Denkmuster, das sich über Jahre aufgebaut hat, denn ein konkretes Hinarbeiten auf dieses Ziel gab es nicht. 

Nicht mehr Getriebener
In der Diskussion wurde ihm klar, dass er seine Zukunft gar nicht mehr selbst bestimmte, sondern seit Jahren ein Getriebener war. Von diesem Moment an arbeitete er konsequent daran, sein Leben wieder selbstbestimmt zu steuern. Mit Unterstützung eines Persönlichkeitstests erkannte er seine absoluten Stärken und Ressourcen und begann sie einzusetzen. Eine seiner Stärken: Menschen überzeugen. Zum anderen ist er ein eher strukturierter Mensch und kann sehr strategisch arbeiten. Das bestätigte auch seine schnelle Karriere vom Abitur bis zum Hoteldirektor. Seiner Stärken bewusst, bewarb er sich innerhalb des Unternehmens für eine Aufgabe im Ausland. Vorher hatten wir gemeinsam erarbeitet, was er wollte. Mit dieser inneren Klarheit und Überzeugung fuhr er in die europäische Firmenzentrale und führte das Interview. Das Feedback: So eine klare Positionierung habe man noch nie erlebt. Nach langer Zeit erfuhr er endlich wieder ernst gemeinte Wertschätzung. 

Alles ganz anders
Die Wende kam beim nächsten Meeting: Er hatte intensiv nachgedacht und festgestellt, dass er gar nicht ins Ausland und gar nicht mehr Geld verdienen will, sondern nur ein Hotel, das ihm gefällt. Also hatte mich seine Ambivalenz zu Beginn der Zusammenarbeit doch nicht getäuscht. Und für mich war es die Bestätigung: Coaching bewirkt etwas. Das Hotel, das ihm gefällt, hat er heute. Und bald geht er in den Vorruhestand. Egal, wie viel Erfahrung Sie als Führungskraft oder Unternehmer gesammelt haben, egal, wie erfolgreich Sie waren und sind, überprüfen Sie Ihre Position und Situation. Hinterfragen Sie, ob Sie Ihr Leben wirklich noch selbst steuern oder ob dies längst andere für Sie tun. Manchmal ist es hilfreich, dies mit neutraler Unterstützung durch einen Coach zu tun. Ich selbst habe erst durch ein Coaching meine persönliche und berufliche Zufriedenheit gefunden. Und Hoteldirektor war wahrlich kein schlechter Job. Aber heute geht es mir viel besser, dafür bin ich dankbar.

Klaus Häck, FCSI, berät als Professional Coach Führungskräfte und Unternehmer in persönlichkeitsorientierten Einzel-Coachings. www.hommequadrat.de