Wer nicht reagiert, verliert
Eines der Buzzworte des Jahres war „Overtourism“ – oder „Unbalanced Tourism“. Venedig, Amsterdam, Barcelona, Dubrovnik gelten als Menetekel dafür, was passiert, wenn man zu beliebt ist. Daran knüpfte sich die Debatte, ob das in Österreich auch droht – oder längst schon Realität ist. Hallstatt, Salzburg, Wien – leiden wir hier auch schon unter „Unbalanced Tourism“?
Eine Studie von Roland Berger im Auftrag der ÖHV hat sich europäische Städte in Hinsicht auf Overtourism angesehen. Denn dort ist die Gefahr am höchsten: Städtetourismus boomt. Zudem haben Städte das Problem der unkontrollierten privaten Vermietung (Sharing), was die Auswirkungen eines Unbalanced Tourism verstärkt. „Entscheidend sind die Wertschöpfung und das Verhältnis zwischen Touristen und Einheimischen, die sogenannte Tourismusintensität“, erklärt Co-Studienautor Vladimir Preveden. Und die sei (noch) in London, Berlin, Rom und Wien „ideal“, in Venedig, Reykjavík, Istanbul und auch Salzburg nicht.
Salzburg leidet unter zu vielen Touristen auf zu kleinem Raum, die zu wenig Wertschöpfung generieren. In Wien setzt Tourismus-Chef Norbert Kettner auf das Upgraden der Gästesegmente, deshalb kooperiert er mit der Art Basel, um zum Beispiel Kunstsammler anzusprechen. Mit Busveranstaltern findet keine Kooperation mehr statt, „die kommen ohnehin, das muss man steuern“. Ein Problem sieht er im Umgang mit dem öffentlichen Raum: zu viele Ticketverkäufer, zu viele Souvenirshops, zu wenig leere Plätze. „Der öffentliche Raum einer Stadt muss nicht das Wohnzimmer der Bewohner sein, aber auch nicht ein Gratis-Verkaufsraum.“ Andererseits sagt er: „Wir haben ein Attraktivitätsproblem: Früher sind die Leute aus dem 1. Bezirk weggezogen, weil dort nichts los war. Jetzt ziehen sie weg, weil zu viel los ist.“ Er plädiert dafür, Tourismus ganzheitlich zu denken und mehr Toleranz zu zeigen. Eine Zwei-Millionen-Stadt muss es aushalten, wenn es manchmal voll wird – wie jetzt an den Adventsamstagen.
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