Wirte sollen zahlen
Die oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat Gastwirten Rechnungen für die Behandlungskosten junger Komatrinker zugesandt. Nicht alle Kassen werden jedoch dabei mitziehen.
Neun Wirte haben dieser Tage per Post Rechnungen der OÖGKK über die Summe von 108 bis 850 Euro zugestellt bekommen, weil sie Jugendlichen zwischen zwölf und 15 Jahren Alkohol ausgeschenkt hätten. Die Kinder waren dann mit der Rettung ins Spital gebracht worden und mussten bis zu fünf Tage lang behandelt werden. Das Argument der OÖGKK nach genauer Prüfung der Fälle: Der Rausch der Jugendlichen wäre „rechtswidrig und schuldhaft“ verursacht worden.
„Wirte und Zeltfestbetreiber müssen für die Spitalskosten von Jugendlichen aufkommen, wenn sie diesen so viel Alkohol ausgeschenkt haben, bis diese bewusstlos waren. Dazu wurden bisher neun Briefe mit Rückzahlungsforderungen bis zu 850 Euro verschickt, doch, sollte ein Wirt ein gutes Argument haben“, so Harald Schmadlbauer von der GKK, „dann wird das diskutiert werden.“
Gleiches Recht für alle
OÖ. Wirtesprecher August Oberndorfer nimmt die Forderungen gelassen: „Wir als Wirte sind uns unserer Verantwortung bewusst, gerade gegenüber der Jugend.“ Ein ordentlicher Wirt habe zudem kein Interesse daran, Jugendliche abzufüllen. „Schwarze Schafe hingegen können wir nicht tolerieren und müssen wir auch verurteilen.“
Die Forderungen der GKK muss jedoch für alle gelten: von den Veranstaltern der vielen Zeltfeste angefangen bis hin zu sämtlichen anderen Veranstaltungen, bei denen Jugend und Alkohol im Spiel seien. Es müsse jedoch bereits woanders mit der Problembekämpfung begonnen werden, so Oberndorfer. Etwa beim „Vorglühen“ daheim sowie im privaten Rahmen oder an Tankstellen, wo die Jugendlichen ebenfalls Alkohol kaufen. „Ich bin seit 37 Jahren Wirt und hatte noch nie das Problem, dass jemand sich ins Koma getrunken hat“, betont Oberndorfer.
Komplizierte Prozesse
„Ich erwarte komplizierte Prozesse. Ob die Krankenkasse das durchsteht, schau ich mir an“, meint dazu WKOÖ-Spartengeschäftsführer Peter Frömmel.
Ins selbe Horn stößt auch der steirische Wirte-Obmann Karl Wratschko: „Die wollen ja nur die Verantwortung auf die Gastronomen abschieben. Es muss aber allen klar sein, dass das ein gesellschaftliches Problem ist. Wir müssen endlich lernen, mit der legalen Droge Alkohol umzugehen, das ist unser wirkliches Problem. Damit muss man aber auch in der Familie anfangen, denn dort lernen die Kinder am besten.“
Nicht alle ziehen mit
„Wir werden da nicht nachziehen“, versichert hingegen der steirische GKK-Obmann Josef Pesserl. Die Aussichten bei solchen Regressverhandlungen müssten immer anhand der Beweislage bewertet werden und daher wären die Chancen, in dieser Causa erfolgreich zu sein, eher gering, meint er. „Den Beweis gegen einen Wirt zu erbringen, stelle ich mir schwer vor, denn oft konsumieren die Jugendlichen ja nicht nur in einem bestimmten Lokal Alkohol. Und im Rechtssystem gilt immer noch: Was ich behaupte, muss ich auch beweisen.“
Bei der Tiroler Gebietskrankenkasse lässt man auch lieber die Finger vor solchen Radikalmaßnahmen, wie Direktor Heinz Öhler und sein Vize Heinz Holaus betonten. „Damit holt man sich rechtlich nur eine blutige Nase, vor allem bei einem Familienregress.“
Interessantes Detail
22 Prozent weniger Jugendliche landeten im Vorjahr mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Zu diesem positiven Ergebnis kommen Gesundheitsministerium und Fonds Gesundes Österreich, die gemeinsam die Kampagne „Nachdenken statt nachschenken“ initiiert hatten. Zurückzuführen dürfte diese Trendwende auch auf die verschärften Kontrollen in Lokalen und Supermärkten sein. Gaben bei einer Umfrage 2006 nur 34 Prozent der Jugendlichen an, nach dem Alter gefragt worden zu sein, waren es im Vorjahr bereits 42 Prozent.
Kommentare