Spirituosen

Gin im großen ÖGZ-Test

ÖGZ-Verkostung
24.05.2022

Von: Roland Graf
Vielleicht war es auch der Lockdown, der die bewährte Kombination an der Bar wieder populär gemacht hat. Fest steht, dass Gin und Tonic auch 2022 mit neuen Kombinationen aufwarten.
Gin- und Tonic-Flaschen im Torberg.

Je länger der Gin-Boom dauert, der nun schon bald ein Jahrzehnt anhält in Österreich, desto mehr differenziert sich die Kategorie auch aus. Das bedeutet auf der einen Seite neue Aromabilder, auf der anderen aber eine Auffächerung der Trinkstärken, ja sogar der Trinkanlässe. 

So ist es keine Seltenheit, einen betont zitruslastigen Gin mit einer über 55 % vol. starken „Overproof“-Version zu flankieren. Diese Getränke sind für Fortgeschrittene und echte Gin-Liebhaber attraktiv, vor allem aber haben sie für die Bar den klaren Vorteil, dass ihre (Aromen-)Kraft auch im Longdrink funktioniert. Denn was wäre Gin ohne Tonic?

Doch es gibt auch immer mehr Abfüllungen, die sich genau so dem Gast präsentieren wollen – nämlich ohne „Filler“ und pur. Denn am zweiten Pol der aktuellen Gin-Welt finden sich die sanften und fruchtbetonten Versionen, die man gerne auch „einfach so“ genießen kann. Was mit den beerenfruchtigen „Pink Gins“ begonnen hatte, wird nun über andere Früchte hinweg am Markt ausgerollt. Dass hier Zitrusfrüchte – von süßen Orangen bis zu knackigen Cedratzitronen – naheliegen, ist klar. Sie gehören schließlich seit jeher zur traditionellen Rezeptur des britischen Spirituosenklassikers. Doch auch genuin Österreichisches spielt hier, etwa mit Uhudler-Trauben (!), durchaus mit bei dieser Entwicklung.

Das Koster-Quartett

Das ÖGZ-Kosterquartett

Wie kommen die Gin-Bewertungen dieser Seiten zustande? Die ÖGZ lud Importeure ein, kostenpflichtig Verkostmuster einzureichen. Der Querschnitt durch das Marktangebot wurde dann in Gruppen (z. B. „London Dry“ bzw. „Overproof“) zusammengefasst.

Gin verkostet man in Wien nirgends kompetenter als im „Torberg“; schließlich warten in der Josefstadt 600 Abfüllungen zum Vergleich. Hausherr Gerald Gsöls war auch diesmal Teil der Verkoster-Runde. Und weil Gin „Chefsache“ ist, unterstützten ÖGZ-Chefredakteur Daniel Nutz und sein Stellvertreter Alexander Grübling Spirituosen-Profi Roland Graf bei der Suche nach den Besten – den Trägern des ÖGZ-Gütesiegels 2022 in Gold. Verkostet wurde im „Torberg“ wie immer verdeckt.

Keine Deko-Exzesse mehr!

Und beim Servieren, gibt es auch da Trends für 2022? Ja, denn vor allem die überbordenden Garnituren sind passé. Das gilt für beide Kategorien. Denn Fruchtigkeit bringen die sanfteren Vertreter ohnehin mit, während die kantigeren Aromen diesen Sommer möglichst pur, lediglich von Tonic Water umspült, erfrischen sollen. Daher ist auch die Abstimmung (sprich: das Führen einer Auswahl) von Tonics wichtig. Im Test der ÖGZ standen die Gins daher mit zwei Varianten von Fentimans am Prüfstand: dem „Connoisseurs Tonic“, das zitrusfruchtige Noten im Gin liebt, aber auch dem trockenen „Indian Tonic“. Diese Abstimmung von Gin und Tonic mag im Service auf der vollen Terrasse oder im Schani­garten die Dinge verkomplizieren, gibt dem Gast aber nicht nur eine Mehr-Auswahl. Denn sie signalisiert auch die Kompetenz, die man als Gastronom bereits dem vermeintlich simplen Longdrink angedeihen lässt.

An der Auswahl mangelt es dank der Boom-Jahre des Gins weder bei den Fillern noch bei der „bipolaren“ Spirituose selbst. Mit 40 verkosteten Abfüllungen stellt die ÖGZ diesmal eine besondere Fülle spannender Optionen vor. Denn eines ist der Gin auch dieses Jahr sicher nicht: langweilig!

Die ÖGZ-Sieger in der Kategorie "Gin 2022"

Steiner: Trinkanimierende Art und Gold 
ÖGZ-Kostnotiz: Helles Kirschrot im Glas, das unmittelbar den typisch herben Schlehen-Geruch mitbringt. Auch etwas Tannennadel in einem „waldigen“ Duftbild. Samtig und mit gut unterlegter Süße, die wieder von zart harzigen Noten begleitet wird. „Der macht auch pur viel Spaß“, lobte die ÖGZ-Jury!
Steiner Bros. //  Steinhorn Sloe Gin / 28 % / 0,5 l  €  34,– / www.steiner.store

Kaikyo: Gute „Mixability“ bringt Goldene
ÖGZ-Kostnotiz: Weihrauch und Räucherstäbchen in der Nase, erst mit Luft wagt sich auch die Himbeere heraus. Überaus viskoses Mundgefühl, sehr dezent im Antrunk, doch mit ordentlich Kraft und pfeffrigen Noten nach hinten hinaus. Ein „Understatement-Gin“, der mit Tonic seine Stärken zeigt.
Kaikyo // Kaikyo 135 East Hyogo Gin / 42 % / 0,7 l / € k. A. Importeur: www.topspirit.at 

Puchas: Gold für eine ­ausdauernde Kraft 
ÖGZ-Kostnotiz: Kräftiger Antritt im Geruch, der Zitronenabrieb und Koriander mit einer überaus präsenten Wacholder-Signatur verbindet. Und im Mund? Da beginnt der Gin sehr sanft und rund, wobei die pfeffrige Kraft vor allem mit Tonic wunderbar aufgeht. Pur fast zu kräftig in seiner wacholdigen Power.
Destillerie Puchas Kukmirn // Wacholder Gin / 40 % / 0,7 l € 32,90 / www.destillerie-puchas.at 

Botanist: ÖGZ-Gold für perfekten „G&T“
ÖGZ-Kostnotiz: Süßholz, etwas rote Beeren, aber insgesamt eher ein „Leisetreter“ im Duft, der vor allem von Rotfruchtigkeit und zartem Marzipan lebt. Im Mund überraschend würzig, etwas Kräutergeschmack und final auch herbe Noten. „Geht mit Tonic so richtig würzig auf“, so die Koster.
Bruichladdich Distillery // The Botanist Islay Dry Gin / 46 % / 0,7 l  € k. A. / Importeur: www.topspirit.at 

Wiener Blut: ÖGZ-Gold für tolle Frucht 
ÖGZ-Kostnotiz: Himbeeren, etwas rote Trauben, zarte medizinale Noten und vor allem auch ausgeprägte orangige Noten. Sanftes Mundgefühl, das wieder mit orangenfruchtigem Schmelz und dann final mit einem leichten „Pfefferl“ überrascht. „Bitte ein zitrusfruchtiges Tonic dazu einsetzen!“
Wiener Blut // Der Gin Handmade 42 % / 0,5 l / € 37,– www.wienerblut.wien

Windspiel: Herrlich ­balanciert und „golden“
ÖGZ-Kostnotiz: Fast prototypischer Duftmix aus herbem Wacholder, etwas Süßorange und kräutrigen Noten wie Koriander. Saftig und mit rund-viskosem Mundgefühl, das mit pfeffrigen Akkorden garniert für ziemlichen Nachdruck sorgt. „Kräftig und damit für den Longdrink allerbestens geeignet.“
Windspiel Manufaktur // Windspiel Premium Dry Gin / 47 % / 0,5 l  € 38,90 / www.ammersin.at

Aqva Lvce: Mit „G&T“-­Eignung zu ÖGZ-Gold
ÖGZ-Kostnotiz: Grandios unterlegte Würze, die zwischen Lorbeerblatt und Schwarzer Olive schwankt. Am Gaumen dann wieder mir herber Unterlegung. Doch geht sich diese Würze im Longdrink aus? Fantastisch sogar, denn mit Tonic Water blühen auch die fruchtigen Noten richtiggehend 
auf.
Aqva Lvce // Aqva Lvce Handcrafted Italian Gin / 47 % / € 46,90 / Importeur: www.blum-beverages.com 

McQueen: Vielschichtig und nun vergoldet 
ÖGZ-Kostnotiz: Ätherisch und herb im rotfruchtigen Duft nach Himbeerpulver und auch Zitronenschale. Am Gaumen sanft und zugleich fruchtig von Anbeginn an, dazu kommen immer mehr pfeffrige Noten durch. Kraft im Finale, die sich mit zart-herbem Unterton für den Highball eignet.
McQueen // McQueen and the violet Fog / 40 %  0,7 l / € 37,90 Importeur: www.ammersin.at

Stin: Mit markanter ­Intensität zu ÖGZ-Gold
ÖGZ-Kostnotiz: Wie frisch gezestete Orangen, dazu eine kraftvolle, aber niemals alkoholische Note im Duft. Etwas dezenter gesellt sich auch Geranie dazu. Das Mundgefühl bietet eine von Beginn an würzige Grundierung. Allerdings sind auch die Orangenschalen bei aller Power stets präsent. 
The Stin // The Stin Styrian Dry Gin Overproof / 57 % / 0,5 l / € 44,90  www.stin.at