Unternehmensführung

Das weibliche Gesicht der Gastronomie

Unternehmensführung
11.03.2024

Wie Frauen in der Gastronomie den Unterschied machen. Ein Interview mit Irmgard Querfeld über Empathie, Lösungsfindung und Work-Life-Balance.
Irmgard Querfeld

ÖGZ: Welche Herausforderungen sehen Sie speziell für Frauen in Führungspositionen in der Gastronomie, und wie begegnen Sie diesen Herausforderungen in Ihren Betrieben?

Irmgard Querfeld: In unseren Betrieben haben wir sehr viele Frauen in Führungspositionen. Diese Frauen sind nicht nur gute Teamleiterinnen, sondern zeichnen sich auch durch ihre Empathie, Lösungsorientierung und Hilfsbereitschaft aus. Sie sind hervorragende Vorbilder, die mit ihrer zuvorkommenden und zuverlässigen Art wesentlich zu einem positiven Arbeitsklima beitragen. Ihre zukunftsweisende Denkweise und die Freude, mit der sie ihre Arbeit verrichten, inspirieren das gesamte Team.

Eine der größten Herausforderungen für Frauen in Führungspositionen in der Gastronomie ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dies ist insbesondere in unserer Branche eine Herausforderung, da wir Öffnungszeiten an 7 Tagen in der Woche haben. Trotz dieser Herausforderungen finden wir immer wieder innovative Lösungen, die es unseren Mitarbeiterinnen ermöglichen, Beruf und Familie erfolgreich zu vereinbaren. Es ist uns wichtig zu betonen, dass es sich hierbei um individualisierte Lösungen handelt und nicht um Standardlösungen, die für jede Situation angewendet werden können.

Ein prägnantes Beispiel für unsere Herangehensweise ist die Geschichte unserer Betriebsleiterin (BL) aus dem Café Museum. Nachdem sie zwei Kinder bekommen hatte, war es ihr nicht mehr möglich, in Vollzeit ins Kaffeehaus zurückzukehren. Anstatt ihre berufliche Entwicklung zu limitieren, boten wir ihr die Möglichkeit, unseren Onlineshop zu übernehmen. Sie hat sich durch Weiterbildungen zusätzlich qualifiziert und betreute dann den Shop mit derselben Hingabe, als würde sie ein physisches Geschäft führen. Sie "schaltete das Licht ein", sorgt dafür, dass alles in Ordnung ist, beantwortet Kundenfragen und arbeitete eng mit anderen Abteilungen wie der Patisserie, dem Marketing und dem Verkauf zusammen.

Diese Flexibilität und Bereitschaft, individuelle Lösungen zu finden, spiegeln unseren Ansatz wider, die Herausforderungen, denen sich Frauen in Führungspositionen gegenübersehen, nicht nur zu erkennen, sondern auch aktiv anzugehen und zu bewältigen. Wir sind stolz darauf, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Frauen in der Gastronomie erfolgreich sein können, ohne dass sie sich zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen.

Ein Großteil der Führungspositionen in Ihren Betrieben ist weiblich besetzt. Wie fördern Sie aktiv die Entwicklung und Karriere von Frauen?

Für mich ist es eine große Freude zu sehen, dass ein Großteil unserer Führungspositionen weiblich besetzt ist. Wir sind der festen Überzeugung, dass eine ausgewogene Geschlechtervertretung in Führungspositionen nicht nur ethisch richtig, sondern entscheidend für den Erfolg und die nachhaltige Entwicklung unserer Betriebe ist. Daher legen wir großen Wert auf kontinuierliche Weiterbildung und Schulungen, um die Führungskompetenzen von Frauen in unserem Unternehmen zu stärken. Es ist uns außerdem ein besonderes Anliegen, in unserer Arbeitsfamilie ein Umfeld zu schaffen, in dem jede Frau und jeder Mann, die Möglichkeit hat, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben, wie Frauen in Führungspositionen die Leistung in Ihren Betrieben positiv beeinflusst haben?

Da fallen mir viele Beispiele ein, ein konkretes ist die Geschichte unserer Backstubenleiterin Viola. Viola ist ein Paradebeispiel für die Karriereentwicklung innerhalb unseres Unternehmens. Seit ihrem Einstieg in das Unternehmen im Jahr 2003, als sie ihre Lehre zur Konditorin bei uns begann, hat sie eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen.

Heute, mehr als zwei Jahrzehnte später, steht sie an der Spitze unseres rund 50-köpfigen Konditor:innen-Teams in unserer Patisserie.

Violas unermüdlicher Einsatz, ihre verlässliche Art und ihre außergewöhnliche fachliche Kompetenz haben sie zu einer unverzichtbaren Stütze unseres Familienunternehmens gemacht. Sie ist nicht nur eine Führungskraft, die durch ihre Arbeit direkt zum Erfolg unseres Unternehmens beiträgt, sondern auch ein Vorbild für ihre Kolleg:innen und insbesondere für junge Frauen, die eine Karriere in der Gastronomie anstreben.

Darüber hinaus legen wir großen Wert auf die Weiterbildung und Entwicklung unserer Mitarbeiter:innen. Viele unserer Thekenkräfte haben wir erfolgreich in Führungspositionen gebracht, wobei wir stets darauf achten, die Weiterbildung und Entwicklungsmöglichkeiten an die jeweilige Persönlichkeit anzupassen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, das Potenzial unserer Mitarbeiter:innen voll auszuschöpfen und gleichzeitig ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das von gegenseitigem Respekt und Unterstützung geprägt ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Personalpolitik ist die Anpassung der Arbeitsrollen an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten unserer Mitarbeiter:innen. So bringen wir beispielsweise Mitarbeiter:innen, für die der Beruf im Service körperlich zu anstrengend wird, rechtzeitig in Positionen, in denen sie ihr Know-how wertvoll für die Entwicklung jüngerer Mitarbeiter:innen oder Lehrlinge einsetzen können. Diese strategische Personalentwicklung trägt nicht nur zur Zufriedenheit und Motivation unserer Mitarbeiter:innen bei, sondern steigert auch die Gesamtleistung unserer Betriebe.

Zur Person

Irmgard Querfeld ist Miteigentümerin der traditionellen Wiener Querfeld Kaffeehäuser. Ihr Café-, Patisserie und Gastronomie-Imperium umfasst acht Betriebe (Café Landtmann, Café Museum, Café Mozart, Crossfield’s Australian Pub, Landtmann Das Bootshaus, Gasthaus Napoleon, Landtmann’s feine Patisserie, Landtmann’s Original Café & Tortenshop).