Braubilanz 2023

Ohne Wirtshäuser keine Bierkultur

Bier
19.02.2024

Die heimische Bierbranche stemmt sich tapfer gegen wirtschaftliche Stürme. 2023 war den Umständen entsprechend gar nicht einmal schlecht. Doch immer mehr Lokale bekommen ein Problem.
Florian Berger, Geschäftsführer des Brauereiverbandes und Karl Schwarz, Obmann das Verbandes der Brauereien

Bild oben: Florian Berger und Karl Schwarz steuern mit einem Lächeln und einem kühlen Pils in der Hand durch die schäumenden Gewässer der heimischen Bierbranche. 

Es gab für die heimischen Brauereien schon ruhigere, angenehmere Jahre. 2022 zum Beispiel. Damals wurde der höchste Bierausstoß seit Beginn der Aufzeichnungen gemeldet. Und wie das mit Rekorden so ist - so leicht stellt man die nicht wieder ein. Das wäre ja auch zu schön gewesen.

2023 also. Ein Jahr, das von beispielloser Inflation und grundlegenden Verschiebungen im Konsumverhalten geprägt war. Und um bei den schönen Vergleichen zur Nautik zu bleiben: Österreichs Braubranche musste einmal mehr durch stürmische Gewässer navigieren. Der Rückblick offenbart eine Branche im Spagat zwischen Bewahrung und Fortschritt, zwischen dem Festhalten an traditionellen Werten und dem Streben nach Innovation.

Bierland Österreich 2023
Bierlokale sperren zu, Lokale mit einem anderen Fokus sperren auf. Die müssen von den Brauereien abgeholt werden. 

Jeden zweiten Tag sperrt ein Bierlokal zu

Karl Schwarz, der neue Obmann des Verbandes der Brauereien, präsentierte in Wien auch gleich die harten Fakten: Der Gesamtausstoß 2023 (Bier inkl. alkoholfreiem Bier und Exporte) belief sich auf 9,98 Mio. Hektoliter und kommt damit an das sehr hohe Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019 heran.

Die hohen Lohnabschlüsse in den beiden vergangenen Jahren schlagen zudem „auf den Bierpreis durch.“ In Summe mussten Brauereien 15 % an Lohnerhöhungen stemmen. Der neue Obmann fordert daher erneut die Regierung auf, die Schieflage bei der Biersteuer „zu begradigen“ und diese auf die Hälfte zu senken - was übrigens keine neue Forderung ist.

Trotz der herausfordernden Umstände, die von einer hohen Teuerungsrate und einem Verlust an traditionellen Wirtshäusern gezeichnet sind (siehe Grafik, jeden zweiten Tag sperrt ein Lokal mit Bierfokus zu), zeigt sich die Braubranche widerstandsfähig. Mit einem Gesamtausstoß von nahezu 10 Millionen Hektolitern Bier – inklusive alkoholfreier Varianten und Exporte – ist von Krise nicht wirklich die Rede. Doch die Bilanz ist nicht ungetrübt - der spürbare Absatzrückgang in der Gastronomie und der unübersehbare Strukturwandel, der sich in der Schließungswelle traditioneller Bierlokale manifestiert, geben Anlass zur Sorge.

Bierland Österreich Alkoholfrei 2023
Alkoholfreies Bier ist weiter ein Wachstumstreiber. Es schmeckt fast schon so gut wie sein alkoholhaltiges Pendant. 

Mehrwegflasche

Das ländliche Wirtshaus, einst eine Bastion der Bierkultur, sieht sich mit einem Teufelskreis aus steigenden Preisen, sinkenden Umsätzen und Landflucht konfrontiert. Dem gegenüber steht das Phänomen der Ethno-Lokale und Systemgastronomie, die mit geringerer Bierkompetenz oder gar ohne Bierangebot auskommen. Eine Entwicklung, die nicht nur die Vielfalt der Bierkultur bedroht, sondern auch die traditionellen Geschäftsmodelle der Brauereien herausfordert. 

Doch es gibt auch Lichtblicke: Die gehobene Gastronomie und die Hotellerie zeigen sich robust, und die Ausbildungsoffensive zum (Jung-)Biersommelier verspricht, das bierige Know-how der Servicemitarbeiter zu stärken. Zudem erlebt das alkoholfreie Bier einen wahren Siegeszug, getrieben von veränderten Konsumgewohnheiten und technologischen Innovationen, die den Geschmack und die Sortenvielfalt bereichern. Die Geschmacksunterschiede zu "echtem" Bier werden immer geringer.

neue Mehrwegflasche
Die neue 0,33-Liter-Mehrwegflasche hört auf den klingenden Namen "Vichy" und ist deutlich leichter als vergleichbare Produkte. Damit passen auch mehr Flaschen auf eine Palette, was u. a. zu mehr Effizienz in der Logistik führt.

Die Einführung der 0,33-Liter-„Vichy“-Mehrwegflasche markiert einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Denn es zeichnet sich auch hier ein neuer Trend ab: der Anteil des 0,33-Liter-Gebindes hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt und lag 2023 bereits bei neun Prozent: Die neue Flasche kommt im ersten Quartal in den Lebensmittelhandel . Den Start machen zwei große Brauereien, weitere folgen. „Vichy“ ist optisch stark an die „gelernte 0,5 l Mehrweg-Bierflasche“ angelehnt.