Panholzer von Transgourmet: Wir sind noch österreichisch

03.11.2016

Von: Thomas Askan Vierich
Transgourmet Österreich feiert Premiere auf der GAST. Es ist jetzt knapp ein Jahr her, dass C+C Pfeiffer an die Schweizer Coop verkauft wurde. Alt- und Neu-Geschäftsführer Thomas Panholzer verrät der ÖGZ, wie die Kunden reagiert haben und was sich seitdem verändert hat

Hat sich mittlerweile die Aufregung um den Verkauf von C+C Pfeiffer gelegt?
Thomas Panholzer: Wir haben damals versucht, unsere wichtigsten Kunden persönlich vom Verkauf zu informieren, bevor sie es in der Presse lesen. Das war mit viel Aufwand verbunden, weil das Zeitfenster sehr klein war. 

Sie wurden kurz vor der Gast 2015 gekauft, und dann erfolgte schon im Jänner die Namensänderung.
Eigentlich sollten und wollten wir weiterhin C+C Pfeiffer heißen, aber die Medienberichterstattung über die Zielpunkt-Pleite hatte den Namen Pfeiffer nachhaltig beschädigt, die Stimmung kippte. Es gab erboste Kundenanrufe.

Obwohl C+C Pfeiffer mit der Zielpunkt-Sache gar nichts zu tun hatte.
Das haben die Leute nicht mehr auseinandergehalten. Das betraf eine völlig andere Einheit. Wir konnten das nicht steuern. Wir wollten und mussten dann mit dem Namen Transgourmet Österreich neu starten.

Was hat die Leute mehr erregt: der Verkauf oder die Umbenennung?
Der Verkauf. Unsere Kunden waren verunsichert: Bleibt mein Fahrer, bleibt mein Kundenberater, mein Abteilungsleiter im Markt, meine Ware? Als sie merkten, dass dem so war, hat sie die Namensänderung nicht mehr wirklich tangiert.

Haben Sie Kunden verloren?
Eindeutig: Nein. Wir stehen heuer mit fast fünf Prozent Umsatzsteigerung weit über dem Branchenschnitt und dem allgemeinen Marktwachstum, das eher gegen null geht. Aber wir tun uns momentan schwer, Neukunden zu gewinnen. Weil der Name Pfeiffer doch sehr vertrauensstiftend war. Er stand für ein österreichisches Familienunternehmen. Transgourmet kennt man noch nicht, das will man sich erstmal genauer ansehen.

Und der Name steht für einen international agierenden Konzern …
Wir sind aber immer noch sehr österreichisch mit unseren 1.500 österreichischen Mitarbeitern. Auch im Management sitzt bei uns kein Schweizer von Coop oder Transgourmet. Wir agieren sehr selbstständig. Unsere Standorte befinden sich immer noch in Österreich, und wir zahlen hier unsere Steuern. Und unser Sortiment ist nicht weniger österreichisch als zuvor. Unser Eigentümer ist keine Familie, aber eine Genossenschaft mit 2,5 Millionen Schweizer Genossen, die aber keine Ausschüttungen bekommen. Alle Gewinne werden reinvestiert. Damit können wir langfristiger denken als viele andere Unternehmen, auch familiengeführte. Uns hat eine finanziell gesunde, expansive Firma übernommen, deren Interesse als Genossenschaft nicht darin liegt, möglichst viel Gewinn aus uns herauszupressen. Wenn man schon verkauft wird, dann kann man sich doch keinen besseren Eigentümer wünschen, oder? 

Was hat sich am Sortiment geändert?
Eigentlich nicht viel, außer dass wir im Hintergrund natürlich viel arbeiten. Wir stellen jetzt unser neues Konzept mit drei Eigenmarken vor: Transgourmet Economy, Transgourmet Quality und Transgourmet Premium.

Was wird aus dem erfolgreichen Topseller? 
Die Marke wird Schritt für Schritt durch Transgourmet Economy ersetzt: Zu 99 Prozent wird nur die Verpackung geändert. Das müssen wir tun, um die Synergien mit allen anderen Transgourmet-Ländern zu nutzen. Deshalb übernehmen wir auch die Eigenmarken von Transgourmet. Die aber jedes Land ganz spezifisch mit eigenen Artikeln beschickt. 

Es gibt also keinen Zentraleinkauf?
Doch, aber nur für wenige Artikel. Der Großteil, also mehr als 90 Prozent, wird für uns in Österreich produziert oder von uns in Österreich für den österreichischen Markt angekauft.

Also wenn ich Knödel bei Ihnen kaufe: Können das dann französische oder deutsche sein?
Eher nicht. Davon sind wir sehr weit weg. Weil jedes Land andere kulinarische Vorlieben hat und sehr autonom agiert. Es gibt in jedem Land einen 
Category-Manager, der auf seine heimischen Spezifika achtet: Und da geht es dann auch um die Knödelgröße. Was dem Franzosen zu groß ist, ist vielleicht dem Österreicher zu klein. Das geht bis zu Zuckersticks, wo man annehmen könnte, dass es auf ein paar Zentimeter nicht ankommt. Doch es kommt darauf an. 

Das hat vermutlich mit Identifikation zu tun.
Deshalb werden solche spezifischen Unterschiede zugelassen, auch wenn sie wirtschaftlich nicht immer Sinn machen. Aber sie sind extrem wichtig.

Gilt das auch für Reis?
Bei solchen Produkten gibt es eine internationale Unterstützung beim Einkauf. Aber selbst dann betrifft es oft die gleichen Produzenten, die wir schon vorher hatten. Da geht es dann mehr darum, wie langfristig solche Kontrakte sind. Und man schaut sich natürlich immer nach einem noch besseren Produkt um.

Wie ist es beim Fleisch?
Da sind unsere Kunden extrem sensibel: Das muss aus Österreich kommen! Beim Schwein haben wir zum Beispiel fast zur Gänze auf AMA umgestellt. Nur bei Spezialitäten, die wir nicht in Österreich produzieren können, kaufen wir international zu, zum Beispiel Edelteile vom Rind aus Amerika.

Spüren Sie einen Trend zu mehr Qualität? Oder geht es nur um den Preis?
Wir spüren eine Spezialisierung in der Gastronomie: Die einen müssen einfach günstig anbieten, weil ihre Klien-tel nicht bereit ist, mehr zu zahlen. Trotzdem muss auch hier die Qualität stimmen, sonst funktioniert in Österreich keine Gastronomie. Auf der anderen Seite gibt es die gehobene und die Spitzengastronomie, die ganz klar auf Qualität setzt. Was weniger wird, ist eine gute Mittelklasse.

Dann bewegen wir uns also in Richtung anderer Länder, wo diese Zweiteilung noch viel ausgeprägter ist?
Ja. Allerdings: Was bei uns noch zur Mittelklasse zählt, wäre in anderen Ländern schon die Spitze. Zumindest müssen dafür Spitzenpreise bezahlt werden. Unser Preis-Leistungs-Verhältnis in der Gastronomie ist sensationell.

Aber die Mitte schmilzt?
Ja. Weil sich die Gastronomie spezialisieren und profilieren muss.

Wie oft werden Produkte ausgetauscht?
Neue Produkte überleben meist nur drei bis sechs Monate, dann fliegen sie wieder aus dem Programm. Ein Stammprodukt zu verdrängen, das seine Käufer gefunden hat, ist sehr schwer.

Sind Gastronomen nicht innovativ?
Warum sollte ich den guten Marken-Paprika, bei dem ich genau weiß, wie ich ihn verarbeiten kann, wie er schmeckt, wie er sich bei bestimmten Temperaturen verhält, wechseln? Da kommt es dann auch nicht mehr auf ein paar Cent mehr oder weniger an. Auf der anderen Seite haben wir auch viele Kunden, die uns nach ganz bestimmten Produkten fragen, die sie vielleicht im Ausland kennengelernt haben.

Und die besorgen Sie dann?
Ich möchte sagen, dass etwa die Hälfte unserer Neulistungen aufgrund von Kundenwünschen entsteht. Wir besorgen uns das, testen das, entwickeln es weiter. Es gibt bestimmte Kunden, die uns da ganz massiv fordern. Die wechseln ihre Speisekarte häufiger und auch ihre Köche. Das macht dann unseren Experten bei Cook2.0 Exquisit besonders viel Spaß, weil sie mit diesen Kunden viel dazulernen können, da gibt es einen regen Informationsaustausch.

Also ist Cook2.0 Exquisit Ihre Innovationsabteilung?
Cook2.0 ist unser Angebot an anspruchsvolle Köche, jeder Telefonverkäufer in diesem Bereich hat einmal auf Haubenniveau gekocht. Hier geht es ums Kochen an sich und um Spezialitäten, die man kurzfristig besorgen muss oder die es eigentlich gar nicht gibt.

Was ist dann Premium?
Eine neue Produkteigenmarke, wo wir qualitativ besonders hochstehende Produkte unter einem eigenen Label herausgeben. Zum Beispiel werden wir aus Deutschland einen ganz besonderen fermentierten Pfeffer übernehmen. Wie viele Produkte das letztendlich werden, können wir jetzt noch gar nicht sagen.

Können das auch regionale Produkte sein?
Auf alle Fälle. Die wird es auch nicht in großen Stückzahlen geben und auch nicht überall. Diese Marke wird von einer noch spezielleren ergänzt: Wir bringen im Frühjahr die Nachhaltigkeitsmarke von Transgourmet nach Österreich. Dafür suchen wir noch kleine Produzenten, die hier dabei sein wollen und die eine besondere Geschichte über ihre Produkte erzählen können. Da geht es auch um fair gehandelte Produkte und bio. Hier ist uns Regionalität sehr wichtig, weil das nachhaltiger ist. Über jeden Lieferanten wird es einen Film und Werbematerial geben, das wir unseren Kunden zur Verfügung stellen. Das kann er wiederum in seinem Marketing einsetzen. Also kann er jedem interessierten Gast zeigen, woher das Produkt auf dem Teller kommt. 
Da geht es auch um das Tierwohl. Hier wurde die Coop in der Schweiz ja schon mehrfach ausgezeichnet. Das kann so weit gehen, dass der Gastronom seinem Gast iPads zur Verfügung stellt. Oder einen QR-Code auf der Karte angibt. Auch der Servicemitarbeiter könnte diese Geschichte erzählen. Aber er muss sie erst einmal kennen! Solche Geschichten können das Essvergnügen nur noch verstärken. 

Wird immer mehr Convenience nachgefragt?
Convenience und TK entwickeln sich gut, aber nicht mehr so sprunghaft wie früher. Was sich außergewöhnlich gut entwickelt, sind frisches Obst und Gemüse, da haben wir die größten Zuwachsraten. Auch Fisch und Fleisch gehen immer besser.

Spüren Sie eine Nachfrage in Richtung „Nose to Tail“?
Durchaus. Produkte wie Bäckchen, die früher gar nicht gingen, werden verstärkt nachgefragt. Wir bieten da auch Informationsmaterial dazu an. Am Vineus haben wir ganze Hahnenkämme im Menü gehabt. Ich denke, dieses Thema stellt die Köche vor neue Herausforderungen, darin steckt aber eine Riesenchance. Die Teile, die bisher noch nicht sehr nachgefragt werden, sind natürlich auch kostengünstig. Daraus könnte man schöne Produkte machen. Demnächst gibt es ein Kochbuch von unseren Cook2.0-Exquisit-Köchen mit Inspirationen zu diesem Thema.

Wie sieht es mit Ihrem angekündigten Ausbau im Westen aus?
In Vorarlberg werden wir nächstes Jahr eröffnen, vermutlich im November. Wir haben das passende Grundstück gefunden, in Tirol noch nicht. Dort haben wir aber eigene Lkws, die unsere Tiroler Kunden versorgen.

Thomas Panholzer
hat die Tourismusfachschule in Bad Leonfelden besucht, ­danach Bundesheer absolviert und dann intensiv in Service und Küche gearbeitet, bis hin zum ­eigenen Tanzlokal. Irgendwann die Einsicht: Gastronomie ist wunderschön, aber ganz vorne an der Front für ihn auf Dauer nicht das Richtige. Wechsel zu Adeg in Salzburg, dort schnell Filialleiter. Konnte sehr erfolgreich Erfahrungen aus der Gastronomie mit dem Handel verbinden. Am Ende zwei Jahre Geschäftsführer bei AGM, von dort 2008 als Geschäftsführer zu C+C Pfeiffer gewechselt, auch um in die alte Heimat in Oberösterreich zurückzukehren.