Zwei rosa Identitätsstifter: Schilcher und Uhudler

05.07.2018

 
Die vermeintlichen „Spaßweine“, die vor allem im Sommer ihre Freunde finden, können mehr. Und sie erzählen dem Gast als echte heimische Spezialitäten viel über Weinbaugeschichte und regionale Traditionen.
Das schöne Schilcherland, hier bei Deutschlandsberg in der Steiermark.

Elvira, Concord, Delaware und Ripatella sind ja schöne Namen, doch weit bekannter als die vier Rebsorten ist der Sammelbegriff für das daraus erzeugte Getränk: Uhudler. Dieser Wein, dessen Walderdbeer-Aroma dem italienischen Verwandten „Fragolino“ sogar den Namen gibt, ist eine lokale Spezialität, wie es nur wenige im heimischen Weinbau gibt. Die südburgenländischen Bezirke Güssing und Jennersdorf bewahren damit auch ein Stück Weingeschichte und bezahlten dafür lange mit der Verfemung ihrer Produkte! 

Denn als die Reblaus den europäischen Weinbau im 19. Jahrhundert an den Rand der Vernichtung brachte, kamen die „Amerikaner-Reben“ als Rettungsmaßnahme. Diese gegen den Schädling resistenten Wurzelstöcke wurden dann mit den Edelreisern, Europas Rebsorten von Riesling bis Merlot, veredelt. „In ganz Europa?“, könnte man frei nach Asterix fragen – und die Antwort würde wie beim gallischen Dorf lauten: „Nein“. Eine kleine Region an der ungarischen Grenze hörte nicht auf, Widerstand zu leisten. Die US-Importe trugen schließlich auch so Weintrauben, die daher als Direktträger bezeichnet wurden (und im Fall der Delaware-Traube bis heute auf ihre Herkunft verweisen). 

Rebellisch, frisch und perlend

Doch die Zeiten änderten sich, und statt die weinbauliche Kuriosität als Bereicherung der Biodiversität zu sehen, kam die Nationalismus-Keule zum Zug. Im Verein mit dem Vorwand der Massenproduktion trat 1936 das erste Auspflanzungsverbot in Kraft. Damit nicht genug, folgte eine Rodungsverpflichtung, die Beschränkung auf lokalen „Haustrunk“ und das Totalverbot. Das alles sollte man wissen, wenn man den für leichten Trinkspaß stehenden „Uhudler“, dessen Name so lustig klingt, heute einschenkt. 

Das letzte politische Gefecht zum Erhalt der Direktträger liegt gar nicht lange zurück: Erst die Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 13. April 2016 brachte Rechtssicherheit für einige Sorten. Denn nur eine Ausnahmeregelung machte Uhudler bis dahin legal. Damit gibt es auch weiterhin die (rosa)rote und – viel weniger bekannt – auch weiße Uhudler-Spielarten. Ungeachtet der Farbe, hat der Südburgenländer heute als Perlwein (Frizzante) seine Fans. 

Es ist ein später Sieg, wenn man heute mit Trittbrettfahrern aus der nahen Steiermark zu „kämpfen“ hat. Doch „Uhudler“ bleibt als Bezeichnung Jennersdorfer und Güssinger Betrieben vorbehalten. Nicht nur bei den dortigen Buschenschanken, gerne mit einem Schuss Soda serviert, schmeckt er. Sucht man eine österreichische Spezialität für seine Weinkarte, hier wäre sie. Und der Uhudler ist gleichzeitig ein Angebot, das als ewiger „Rebellen-Wein“ auch spannende Erzählungen für das Servicepersonal ermöglicht.

Rosé mit Gebietsschutz

Späte Anerkennung erfuhr auch jener Wein, der 1782 noch wenig schmeichelhaft als „rosa Essig“ bezeichnet wurde. Nur allzu gerne zitierten die Gegner des betont reschen „Schilchers“ den entsprechenden Auszug aus den Notizen Papst Pius VI. Für die Identität der Steiermark besitzt der „Schiller“, wie man ihn lange wegen seiner Farbe nannte aber eine ähnlich hohe Bedeutung wie der Uhudler im Süden des Burgenlands. Vor allem stellt der Schilcher den wichtigsten Rosé des Landes dar, denn eigentlich wird hier die rote Rebsorte „Blauer Wildbacher“ zum rosafarbenen Schilcher. Diese klare regionale Spezialisierung brachte der Südweststeiermark im Vorjahr die Anerkennung als zehntes DAC-Gebiet Österreichs. Es war übrigens die erste einem Rosé gewidmete Herkunftsbezeichnung, die auch beim Alkoholgehalt neue Wege ging: Ein „Schilcherland DAC Klassik“ wird für den gastronomischen Einsatz durch seine zwischen 11 und 12 % Alkohol liegende Definition interessant. Der Wein sollte gemäß Verordnung die Aromen von roten Beeren aufweisen. Die kräftigere Variante jenseits von 12 % Alkohol muss ebenfalls trocken ausgebaut werden. Die Verordnung beschränkte den Restzuckergehalt auf knackige vier Gramm. Damit ist gleich ein wichtiger Punkt zum Einsatz in der Sommellerie festgehalten: Wo es ein Gegengewicht zu deftigen Komponenten am Teller braucht, ist der Schilcher eine gute Wahl. Speck, Käferbohnen und Ziegenkäse sind dann Begleiter, die eines mit dem Rosé aus den 546 Hektar weststeirischer Anbaufläche gemeinsam haben: Auch sie sind betont sommerliche Genüsse.