Wein

Wein am Berg: Geschmackstraining auf 3000 Metern

22.04.2024

Von: Roland Graf
Die anwesenden Gastronomen aus drei Ländern staunten nicht schlecht: Was in der Talstation noch sanft prickelte, erwies sich in luftigen Gletscher-Höhen als Top-Schaumwein.
Wein am Berg Sölden 2024 RWB Gruppenbild Kollwentz Kerschbaum Gsellmann Igler by Roland Graf

Bild oben: RWB in luftigen Höhen: Andreas Kollwentz, Michael Kerschbaum, Silvia Gesellmann und Clemens Reisner (v.l.n.r.) bei „Wein am Berg“ 2024.

Zum 21. Mal lud das Söldener Hotel Central heuer zum drei-tägigen Festival „Wein am Berg“ – stilecht mit 21 Weingütern. Den Kern stellten die Renommierten Weingüter Burgenland (RWB), deren Rosés und Schaumweine um weitere heimische Kreszenzen wie Bründlmayer oder Wieninger sowie Kellerei St. Pauls (Südtirol) und Ruhlmann-Schutz erweitert wurden. Sie stellten sich gleich zweimal einem Experiment, das zum bekannten Gourmetfest im Ötztal seit Jahren dazu gehört wie das abschließende Feuerwerk am Giggijoch: die Höhen-Weindegustation.

Wein am Berg Sölden 2024 RWB Andi Wickhoff MW at work by Roland Graf
In Aktion: Master of Wine (MW) Andreas Wickhoff mit dem „Ried Lamm“ von Bründlmayer.

Dünne Luft

Ausgehend von der Bergstation „Schwarze Schneid“ wurde der Vergleich des Weingeschmacks auf 3.249 (!) Metern Seehöhe und 2.600 Metern vorgenommen. Was in den luftigen Höhen präzis und frisch schmeckte, wurde bei der niederen Vergleichskost deutlich fruchtiger und „breiter“. Oder, wie es ein Teilnehmer formulierte: „Aus der Pink Grapefruit wurde jetzt eine Himbeere“. Die dünnere Luft verändert nicht nur die Atmung und damit auch den für die Sensorik so wichtigen Geruchssinn, auch manche Aromen werden deutlich stärker wahrgenommen. In der Söldener Gletscherwelt machten die Gourmets den Sprung über die 3.000 Meter, wo die Luft deutlich dünner wird.

Wein am Berg 2024
Hotel Central und alpines Verkosten – seit 2001 ein Erfolgsrezept.

Der Berg zaubert die Frucht her

Das bekamen die Sekte zu spüren, die bei „Sushi und Schaumwein“ serviert wurden. Ultra-präzis kam hier z. B. der „Blanc de Blancs“ des Langenloiser Weinguts Bründlmayer auf den Gaumen. Noch bemerkenswerter war die Entwicklung des reinen Blaufränkisch-Sekts, den Albert Gesellmann aus Deutschkreutz mitgebracht hatte. Am Vorabend zu den Kreationen der Michelin-Stars Hans Neuner („Ocean“, Porches/Portugal) und Andy Beynon („Behind“, London) gereicht, zeigte er vor allem jugendlichen Druck und Säure. Am Gaislachkogl, vor dem Restaurant „Falcon“ eingeschenkt, wurde die rote Beerenfrucht deutlich besser transportiert. Nach wie vor gibt es abseits der Weltraummedizin und des bekannten „Tomatensaft-Phänomens“ in der Luftfahrt wenig Studien zu dieser faszinierenden Veränderung des Geschmacks.

Insofern sah man auch die Winzer und Sommeliers, die sich bei „Wein am Berg“ aus nah und fern tummelten, begeistert über den sensorischen Vergleich der Rosés und Sekte. Selbst bei der abschließenden „Big Bottle Party“, bei der Raritäten wie „Honivogl“ 2015 (WG Hirtzberger) oder „Felsenberg“ 2009 (WG Schäfer-Fröhlich) aus Großflaschen kredenzt wurden, war die Höhenweinverkostung noch lebhaftes Gesprächsthema.