Alkoholfreie Destillate: Die ganze Bar ohne Promille

ÖGZ-Verkostung
01.03.2021

Von: Roland Graf
Gebremst, aber nicht aufgehalten wurden die alkoholfreien Destillate durch Corona. Rechtzeitig zur Fastenzeit: Was ist dran an dieser neuartigen Cocktail-Basis? Wir haben für Sie getestet.

Die Dynamik der Spirituosenkonzerne hat sich in der Corona-Zeit verschoben: Während kaum neue Produkte auf den Markt kamen, wurden Beteiligungen erhöht oder erworben. Objekt der Begierde waren Firmen, für deren Produkt es keinen gängigen Namen gibt. 

Es sind Hersteller von Getränken, die wie Spirituosen schmecken, aber komplett alkoholfrei sind: „Ceder’s“ ging an Pernod-Ricard, Weltmarktführer Diageo beteiligte sich an „Siegfried Wonderleaf“. Die Crux dabei ist, dass das Gesetz weder „alkoholfreien Gin“ (er muss 37,5 % vol. haben) kennt, noch „alkoholfreie Spirituosen“. Und doch ruhen auf der Kategorie ohne Namen viele Hoffnungen.

Neue Alkoholfreiheit

Technisch haben die promillefreien Neuzugänge am Rückbuffet einen Vorteil gegenüber ihren Vorläufern wie alkoholfreiem Wein: Ihnen wird in der Regel kein Alkohol entzogen wie bei den bisherigen Verfahren. 

Was Kritiker „aromatisiertes Wasser“ nennen, nimmt vielmehr die älteste Destillation auf. Die Araber nutzten die Spagyrik zur Aromen-Konservierung; das berühmte Rosenwasser von Shiraz wie auch die Patisserie-Zutat Orangenblütenwasser gehen darauf zurück. „Wir haben wie mit einer weißen Leinwand begonnen und uns gefragt, was auf molekularer Ebene Rum ausmacht“, schildert der Australier Mark Livings die Vorgangsweise. Mit 13 alkoholfreien Destillaten hat sein Unternehmen „Lyre’s“ ein umfangreiches Portfolio am Markt. Erklärtes Ziel ist es, „die gesamte Back-Bar in alkoholfrei anbieten zu können“. Selbst kantigen Absinth ließ „Lyre’s“ nachbauen. 

„Wo früher der Fruchtsaft regierte, können wir heute spannende herbe, würzige, kräuterlastige Drinks reichen“, formuliert der Wiener Bartender Reini Pohorec („Tür 7“) die neue Alkoholfreiheit. Weniger auf totale Abstinenz, sondern auf „low ABV“, also geringen Alkohol, setzt die Branche. Zwischen 13,33 % und 40 % stark sind die meisten Mixgetränke, auch wenn dies wenigen bewusst ist. Ersetzt man aber den Wermut, lässt sich ein leichter Martini oder Negroni servieren. Die kommerzielle Logik: Natürlich kann auch mehr konsumiert werden!

Gin-Ersatz boomt

Darauf hoffen nicht nur Weltkonzerne, sondern auch kleinere Hersteller. Patrick Marchl stellte mit seinem „Rick Free“ den ersten heimischen Gin unter Anführungszeichen her. Das Bonner Vorbild „Siegfried“ verkaufte bereits mehr von seiner alkoholfreien Variante als vom Original. Seit dem Vorjahr hat auch die deutsche Brennerei „Windspiel“ einen mit Wasserdampf destillierten Gin-Ersatz am Start – bewusst hat man dafür den Wacholder-Anteil hochgefahren. Doch auch wenn die „Gin-oiden“ bisher das Wachstum trieben: Die ÖGZ-Verkostung nahm alle Angebote unter die Lupe!

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