Zulieferer

Nachhaltige Hotellerie: Der Hebel liegt in der Lieferkette

Die Lieferkette ist der entscheidende Faktor für die Klimabilanz, nicht das Hotel selbst. Das behauptet zumindest die Berliner Uni-Professorin Sandra Rochnowski.

„Zwischen 75 und 85 Prozent der CO₂-Emissionen eines Hotels entstehen in der Lieferkette“, erklärt Prof. Dr. Sandra Rochnowski von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Diese Zahl überrascht und verändert die Perspektive auf nachhaltiges Wirtschaften grundlegend. Denn was im Hotel selbst geschieht, vom Stromverbrauch bis zum Frühstücksbuffet, macht nur einen Bruchteil der Klimabilanz aus. Die eigentlichen Stellschrauben liegen bei den Zulieferern, behauptet sie.

Die Expertin sieht hier die „größte Chance zur Dekarbonisierung der Branche“. In ihrem Vortrag im Rahmen der Präsentation des Nachhaltigkeitsberichts 2024 des Hoitelzulieferers ADA-Cosmetics skizzierte sie, wie ein wirksames Lieferantenmanagement aussehen kann und was Hoteliers konkret tun müssen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Der CO₂-Fußabdruck des Gastes beginnt vor dem Check-in

Die Tourismusbranche ist laut Studien für rund zehn Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Ein Großteil davon entfällt auf Transport, Verpflegung und Hotelaufenthalte. Doch bei genauerer Analyse zeigt sich: Innerhalb der Hotellerie selbst liegen die meisten Emissionen nicht beim Energieverbrauch oder den Gebäuden, sondern in den eingekauften Waren und Dienstleistungen.

Sandra Rochnowski: „Wir müssen Nachhaltigkeit viel stärker über Partnerschaften denken. (C) ADA
Sandra Rochnowski: „Wir müssen Nachhaltigkeit viel stärker über Partnerschaften denken. (C) ADA

Ob Matratzen, Wäsche, Kosmetikprodukte oder Lebensmittel: Sie alle tragen zur Gesamtbilanz bei. Deshalb fordert Rochnowski ein radikales Umdenken: „Wir müssen Nachhaltigkeit viel stärker über Partnerschaften denken. Hotels sollten ihre Kernlieferanten strategisch einbinden, begleiten und auch fordern.“

Im Kontext der EU-Taxonomie und der CSRD-Richtlinie rücken Lieferketten weiter in den Fokus. Für Hoteliers bedeutet das: Sie müssen künftig nicht nur ihren eigenen Betrieb, sondern auch ihre Partner in Sachen Umwelt- und Sozialstandards im Blick behalten. Staatlich akkreditierte Siegel, wie EMAS, ISO 14001 oder Science Based Targets, werden dabei zur Währung der Glaubwürdigkeit.

Rochnowski verweist auf Best Practices großer Ketten wie Accor oder Marriott, die ihre Zulieferer systematisch auditieren, CO₂-Ziele einfordern und beim Aufbau entsprechender Systeme unterstützen. Die Botschaft: Nachhaltigkeit gelingt nur im Verbund und mit Lieferanten, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

ADA Cosmetics: Hygiene, Design und Nachhaltigkeit

Ein Beispiel für ein solches Lieferantenverständnis liefert ADA Cosmetics. Das Unternehmen setzt seit Jahren auf kreislauffähige Produkte und hygienische Nachfüllsysteme. Neueste Innovationen wie das Smart Care System oder die Spenderlösung „Refillution reduzieren nicht nur Plastikmengen, sondern erfüllen auch höchste Hygienestandards.

Christine Reinhardt (C) ADA
Christine Reinhardt (C) ADA

Zudem wird Nachhaltigkeit im Unternehmen datenbasiert gesteuert: Christine Reinhardt, Chief CSR & HR Officer, erläuterte im Rahmen derselben Veranstaltung, wie ADA bereits heute über 400 relevante ESG-Kennzahlen erfasst und aktiv steuert. Dabei liegt auch hier der Fokus auf der Lieferkette: ADA habe seit 2020 die direkten Emissionen (Scope 1) bereits um 15 Prozent gesenkt. Im indirekten Energiebereich (Scope 2) arbeite das Unternehmen inzwischen mit 100 Prozent erneuerbarem Strom. Das Ziel bis 2030: eine Reduktion der Scope-1- und -2-Emissionen um 40 Prozent. Doch der größte Brocken liegt anderswo.
„99 Prozent unserer Emissionen entstehen im Scope 3. Wir können das nur mit starken, nachhaltigen Partnern verändern“, sagt Christine Reinhardt.

Was können Hotels tun?

Für Hotels bedeutet das vor allem eins: Nachhaltige Beschaffung wird zur strategischen Führungsaufgabe. Rochnowski rät, mit einem systematischen Lieferantenmanagement zu starten. Dazu gehören:

  • Kriterien definieren: Welche Umwelt- und Sozialstandards sollen erfüllt werden? Welche Zertifikate sind relevant?
  • Transparenz fordern: CO₂-Bilanzen, ESG-Daten und Produktionsbedingungen müssen offengelegt werden.
  • Kooperation ermöglichen: Workshops, Wissenstransfer und gemeinsame Zielvereinbarungen schaffen eine Partnerschaft auf Augenhöhe.
  • Kosten anders bewerten: Nachhaltige Produkte sind oft teurer in der Anschaffung, aber günstiger über den Lebenszyklus hinweg.

Nicht zuletzt empfiehlt Rochnowski, das Thema intern stark zu verankern:  über Einkauf, Management und Housekeeping hinweg.

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