Sag zum Abschied leise „Slaintè“
Erich Wassicek und Konny Wunder ziehen sich aus der Halbestadt Bar in den Ruhestand zurück. Verdient, aber schon jetzt vermisst. Ein persönlicher Abschied.

Seit 26 Jahren ist die kleine Bar in den Wiener Stadtbahnbögen einer der renommiertesten Fixpunkte in der österreichischen Barszene. Und seit vielen, vielen Jahren auch meine ganz persönliche Anlauf- und gegebenenfalls Volllauf-Stelle. Kompetent zubereitete Drinks, mühelos und immer perfekt gemixt, während ausführlichst aus dem Nähkästchen von der Reise in die Provence über Personalrochaden im Getränkebusiness bis zu Hintergrundinfos aus den unzähligen Juryteilnahmen geplaudert wurde – das Markenzeichen von Erich Wassicek. Oft wurde gewitzelt, ob ihm eher die Geschichten oder die Spirituosen ausgehen. Mein Tipp: eher die Spirituosen. Nun zieht er sich gemeinsam mit seiner Frau Konny in die wohlverdiente Pension zurück.
Leidenschaft verbindet
Vor allem dann, wenn man selbst leidenschaftlicher Whisky-Genießer und Sammler ist wie ich, führte im letzten Vierteljahrhundert kein Weg an der Halbestadt und Erich vorbei. Enormes Fachwissen und ein stets exquisit kuratiertes Schränkchen (das ich immer auf eigene Faust durchforsten durfte) mit ausgesuchten Spezialitäten waren für mich sowohl als Gast als auch Fachjournalist immer ein kleines Disneyland. Erst recht, als die Halbestadt von LVMH zur Ardbeg Embassy Bar geadelt wurde. Oftmals fanden die für Fans und Sammler wie mich notorisch schwierig zu bekommenden Sondereditionen nur dank des Einsatzes von Erich den Weg ins heimische Regal. Über die Jahre freilich trübte sich das Verhältnis zu den umständlichen Luxus-Franzosen etwas ein. Ganz im Gegenteil zu unserem persönlichen Verhältnis, das von Enthusiast über Stammgast schließlich zu einer echten Freundschaft wuchs.
Genuss an erster Stelle
Das Besondere an Erich und seiner Bar war stets die kompromisslose Verpflichtung zur Gastfreundschaft und Qualität, ungeachtet temporärer Trends. Auch und gerade aufgrund der geradezu explodierenden Barszene in den letzten Jahren waren mir ein perfekt zubereiteter Old Fashioned, aber auch Spezialitäten des Hauses wie Dürrenmatt, Shorty’s Shrub oder der gereifte Negroni aus dem Fässchen immer wesentlich lieber als moderner Hokuspokus. So richtig im Glück war ich vor allem an Abenden, wenn ich schon am Weg zur Bar gegenüber am Gürtel (da wo auch das Lager und das geheimnisumwobene „Extrazimmer“ sind) den orangeroten Mexiko-Käfer von Regenschirm-Sammlerin und Ausnahmeköchin Konny erblickte. Dann nämlich gab es die reelle Chance, ein paar Bissen ihrer legendären Whisky-Leberpastete zu ergattern.
Herzlicher Paarlauf
Das resolute Auftreten, die spitze Zunge und eine unnachahmliche Art und Weise, Schwänke zum besten zu geben, zeichneten Konny immer schon aus und waren bei einem Besuch in der Halbestadt die ideale Ergänzung zum Shake-begleitenden Redeschwall von Erich, der oft nur durch einen „Wassicek!“ Ordnungsruf eingedämmt werden konnte. Außer jedoch dann, wenn er mit unnachahmlichen Schmelz eines seiner Lieblingsworte über die Theke gleiten ließ: „Chartreuuuuuuuse“. Was für ein Gastgeberpaar!
Ein Toast
Schon während der schwierigen Corona-Jahre zeichnete sich bei Erich der Wunsch ab, die durchaus fordernde Arbeit hinter der Theke gegen einen Platz auf der Veranda in Oggau, ein Schlückchen Plantation Rum und eine gute Zigarre zu tauschen. Aber einfach so zusperren und das Lebenswerk einer ungewissen Zukunft überlassen, das ging halt auch nicht. Nun, da die Nachfolge gesichert ist, ist es soweit. Der mehrfach ausgezeichnete Barkeeper, Liquid Market-Schöpfer und Freund des Hauses Bert Jachmann übernimmt ab Oktober 2025 die Residenz am Währinger Gürtel.
Lieber Erich, ein herzliches Slaintè und danke für deine Heldentaten (zwinker zwinker) und vielen wundervollen Abende!