Dienstleister für den Gaumen
Im Rahmen des BÖG-Kongresses trafen sich auf Schloss Fuschl acht Sterne- und Haubenköche, um über Pünktchen, Schäumchen und Sternchen beziehungsweise den Wandel der Gastronomie zu philosophieren.


Text: Irene Stelzmüller
Zum Essen und Trinken gehört auch die Unterhaltung. „Essen ist Emotion. Ich finde es traurig, dass wir mit Essen und Trinken alleine die Gäste nicht mehr begeistern können“, meint Toni Mörwald und eröffnete damit die Diskussion mit seinen internationalen Kollegen. Johann Lafer (Le Val d’Or, Stromberg/D) erzielte im Fernsehen extrem viel Aufmerksamkeit, als er nicht im Zusammenhang mit seiner Profession gezeigt wurde, sondern bei einer Tanzstunde vor dem Opernball. „Alle, die glauben, dass man Erfolg hat, weil man im Fernsehen ein perfektes Schnitzel zubereitet, täuschen sich. Die Leute schauen nicht fern, weil es ums Schnitzel geht, sondern wollen unterhalten werden. Wir müssen heute für uns Köche – beziehungsweise für das, was wir machen – werben, um neue Konsumenten zu gewinnen, sonst sterben wir mit unseren Gästen. Ich investiere in eine Schulmensa, um jungen Menschen das Essen beizubringen. Die Kinder wissen nicht einmal, wie ein Erdäpfelpüree gekocht wird. Die Gastronomie befindet sich in einem ständigen Wandel, und man besinnt sich wieder auf das, was zu Hause wächst, und kauft direkt beim Erzeuger“, betont Johann Lafer.
Weg von Moden und Trends
Wir leben in einer Zeit, in der alles transparent und vergleichbar ist, somit können nicht alle das Gleiche kochen, das wäre langweilig. „So hat zum Beispiel die Molekularküche neue Impulse für neue Kochtechniken gegeben, aber wichtig ist, was man daraus macht. Man kann auch mit traditioneller Küche die Gäste begeistern. Wir haben auch die Verantwortung, unsere Freude am Beruf weiterzugeben. Österreich hat das Glück, dass Koch und Kellner anerkannte Berufe sind und Gastfreundschaft selbstverständlich ist“, meint André Jaeger, Rheinhotel Fischerzunft, Schaffhausen/CH. Er vergleicht die Gastronomie mit der Automobilindustrie, die mit drei und sechs Rädern experimentierte und immer wieder auf vier Räder zurückkam. „So ist es auch mit dem Essen, weg von Moden und Trends. Wir müssen alte Gerichte neu interpretieren.“ In die gleiche Kerbe schlägt auch Helmut Österreicher, der bei einem Kindergartenprojekt mitarbeitet: „Wir müssen unser Wissen über die Zubereitung von Lebensmitteln und Essen an die nächste Generation weitergeben.“
Visionen geben
Die Zukunft gilt den regionalen Produkten, und hier ist Österreich mit seinen Genuss Regionen Vorreiter. „Auf meiner kleinen Insel gibt es kaum lokale Produkte. Der Schafbauer weiß, wann er seine Tiere schlachten muss, versteht aber nichts von der Fleischreifung. Der letzte Krabbenfischer hat das Handtuch geworfen, weil es sich nicht mehr rentiert. Wir wissen gar nicht, woher wir regionale Produkte bekommen könnten“, so das Resümee von Holger Bodendorf, Landhaus Stricker, Sylt/D. Norbert Niederkofler, Hotel Rosa Alpin, St. Kassian, Südtirol/I, wollte alles ausprobieren und ist dafür um die halbe Welt gereist, um heute zu wissen, was man braucht. „Wir sind ja vollkommen verrückt, wenn wir uns Produkte aus der ganzen Welt einfliegen lassen und damit kochen. Das hat mit Kreativität nichts zu tun. Ich habe mir eine Kette von Lieferanten neu aufgebaut und muss jetzt die Gemüsebestellung für den Winter bei den Bauern aufgeben. Damit gebe ich den Bauern auch eine Vision, indem ich den Zwischenhandel ausschalte und ihnen einen ordentlichen Preis für ihre Ware zahle.“ Jörg Wörther kehrt demnächst an seinen eigenen Herd zurück und schafft sich wieder eine Bühne im eigenen Restaurant. Er sieht sich als Dienstleister für den Gaumen.