Schweiz

Gault Millau und Russland: Eine enge Beziehung

Gault Millau
03.03.2022

Der Restaurantführer und der Ukraine-Konflikt haben mehr miteinander zu tun, als man annehmen würde.
Blau-gelbe Nationalflagge der Ukraine weht im Wind vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangshimmels
Blau-gelbe Nationalflagge der Ukraine weht im Wind vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangshimmels.

In der Schweizer Restaurantszene herrscht derzeit einiges an Aufregung. Kein Wunder: Anfang 2019 verkaufte der Franzose Côme de Chérisey 100 Prozent der Aktien von Gault Millau an eine russische Investorengruppe, die von Rechtsanwalt Vladislav Skvortsov vertreten wird. Neuer Präsident von Gault Millau wurde Jacques Bally, der gemeinsam mit Skvortsov die Holding NTI führt. Diese ist neue Eigentümerin des Restaurantführers. 

Mehrere Millionen Euro sollen damals geflossen sein, ein genauer Kaufpreis wurde nicht kommuniziert. Offizielles Statement: Man wolle Internationalisierung und Digitalisierung vorantreiben. Laut Medienberichten stehen die neuen Eigentümer angeblich in Verbindung mit der staatlichen russischen Bank VTB. Chérisey sagte damals: "Ich habe 100 Prozent der Aktien an eine russische Familie verkauft." Mehr war nicht zu erfahren. Die neuen Besitzer investierten jedenfalls fleißig in die Digitalisierung von Gault Millau.

Schweiz: Offene Fragen

Lizenzträgerin in der Schweiz ist die Ringier Axel Springer Schweiz AG. Wie geht man dort mit der Angelenheit um? Kann das Medienunternehmen weiterhin bedenkenlos Punkte verteilen, deren Marke in direkter Verbindung mit der staatlichen russischen Bank VTB steht?, fragt sich das Schweizer Gastrojournal in einem Online-Bericht. Denn wenn sich nun von den Sportverbänden bis hin zu Vereinen und Kultur-Institutionen von (staatlichen) russischen Sponsoren distanzieren - was bedeutet das für den Gault Millau? 

Vladislav Skvortsov ist jedenfalls am 28. Februar als Präsident von Gault Millau zurückgetreten, ihm folgte Mitgesellschafter Patrick Hayoun nach. Ein erster Schritt zwar, aber an den Besitzverhältnissen ändert das nichts. Urs Heller, Chef Gault Millau Schweiz, erklärt gegenüber dem GastroJournal: "Wir bezahlen für das Namensrecht jährlich eine bescheidene Gebühr, betreiben aber den Guide selbstständig und völlig losgelöst von Gault Millau International. Die Eigentümer der Marke haben bei uns nicht einen einzigen Franken investiert. Selbstverständlich werden wir die Situation gründlich analysieren."

Und was ist mit Österreich?

Hat die derzeitige Situation auch Auswirkungen auf Österreich? Wenn ja, welche? Die damalige Übernahme betraf ja die Holdinggesellschaft, der die Marke gehört. Die Ausgaben (u. a. in Österreich) werden selbstständig in einem Linzenzsystem geführt. Die Österreich-Ausgabe wird von der KHM Media-Consulting GmbH herausgebracht, die sich im Besitz von Karl und Martina Hohenlohe befindet. Eine Stellungnahme werden wir so schnell wie möglich einholen.