Sklavenarbeit in Fischindustrie

26.06.2014

Die thailändische Fischindustrie beruht auf Sklavenarbeit. Und jeder, der in Österreich unbesehen thailändischen Tunfisch und vor allem Shrimps aus konventionellen thailändischen Zuchtfarmen kauft, verkauft oder isst, macht sich mitschuldig. Das ist leider die unappetitliche Wahrheit.

Sechs Monate recherchierten die beiden Journalisten Kate Hodal und Chris Kelly für den englischen „Guardian“ in Thailand. Sie wollten herausfinden, wie dort Thunfisch und vor allem Fisch für Fischmehl („Fischabfall“) gefangen wird. Dieses Fischmehl dient als Nahrung vor allem in den thailändischen Shrimpsfarmen.
Das erschütternde Ergebnis der Recherche: Geschätzt 300.000 Menschen arbeiten in Thailand auf Fischerbooten (vermutlich sind es illegal noch viel mehr), 90 Prozent davon sind Einwanderer, viele illegal. Viele dieser Trawler fungieren ebenfalls illegal als „Geisterschiffe“. Viele der Männer, die auf diesen Fischerbooten bis zu 20 Stunden täglich schuften, werden von thailändischen Schleppern in Kambodscha, Laos oder Burma angeworben und dann in Thailand in die Sklaverei verkauft – für rund 300 Euro. Die beiden „Guardian“-Journalisten haben mit geflohenen Sklaven von den Booten und auch einem Schlepper gesprochen. Die Männer auf den Booten werden schlecht ernährt, mit Drogen vollgepumpt, geschlagen, bedroht, manchmal auch zur Abschreckung vor den Augen der anderen ermordet. Ein Zeuge erzählt von der Vierteilung eines Sklaven, der flüchten wollte.
Und das Schlimmste: Alle in Thailand wissen, was läuft – Behörden, Polizei, Regierung, Indus-trie. Die einen lassen sich bestechen, die anderen schauen weg. Zu viel Geld ist im Spiel. Die Besitzer der Trawler sind aufgrund der bereits leergefischten Gewässer vor der thailändischen Küste gezwungen, immer weitere Fahrten zu unternehmen. Oft legen ihre Trawler jahrelang in keinem Hafen an, sie werden auf offener See entladen und versorgt. Was auf ihnen vorgeht, muss dann endgültig niemanden mehr interessieren. Und fliehen kann man auf offener See auch nicht.
Der größte Fischmehlverarbeiter in Thailand ist Charoen Pokphand Food, kurz CP Food. CP Food exportiert seine Shrimps nach Europa und in die USA. In Summe sind das zehn Prozent der thailändischen Shrimpsexporte. Die vier größten globalen Supermarktketten Walmart, Carrefour, Costco und Tesco kaufen alle bei CP Food.
Der Anti-Sklaverei-Aktivist Steve Trent sagte dem „Guardian“: „Sklaverei auf den thailändischen Fischerbooten ist ein offenes Geheimnis in Thailand – und bei Thailands internationalen Geschäftspartnern im Fischgeschäft. Die Supermärkte im Westen wissen, was passiert, und sie hätten die Möglichkeit, das zu stoppen.“ Lisa Rende Taylor von Anti-Slavery International ruft die internationalen Handelsketten und globalen Fischmarken auf, endlich zu handeln und auf einer Verbesserung der Arbeitsrechte in Thailand zu bestehen: „Erst wenn die lokalen Händler verstehen, dass Noncompliance zu einem Rückgang der Umsätze führt, werden sie und die Fischmarken ihr Verhalten ändern. Das hätte direkte Auswirkungen auf das Leben der legalen und illegalen Arbeiter in Thailand. Alles, was die Einwanderer in Thailand brauchen, ist eine Arbeitserlaubnis und faire Bezahlung.“ Auf die Forderung, die thailändische Fischindustrie zu boykottieren, erwiderte der britische Verkaufsdirektor von Tesco, dass sein Unternehmen dazu nicht bereit sei. Sie zögen es vor, die thailändische Fischindustrie von innen zu reformieren. Ein Boykott würde ihre Einflussmöglichkeiten nur reduzieren.
Der „Guardian“-Artikel inkl. Videos und Diskussionen zum Thema: http://www.theguardian.com, einfach Stichwort „slavery“ eingeben.
Guten Appetit!
Thomas Askan Vierich
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