Gastgarten: Es rauchen die Köpfe
Mehr als 468.000 Österreicher haben die Petition „Don’t Smoke“ unterzeichnet. Sie richtet sich gegen das von der Bundesregierung geplante Kippen des Nichtraucherschutzgesetzes und mündete schließlich ins gleichnamige Volksbegehren, das derzeit unterstützt werden kann.
Raucherbastion?
Unklar ist derzeit noch, ob Österreich die letzte „Raucherbastion Mitteleuropas“ bleiben wird. Was Initiatoren des Volksbegehrens und Ärzte angeht, ist die Sache eindeutig, sie sprechen sich klar für Einschränkungen aus: „Rauchverbote haben enorm viele Benefits. So dienen sie der Prävention von chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD und Lungenkrebs. Bei beiden Erkrankungen ist in über 80 Prozent das Rauchen eindeutig als Verursacher identifiziert. Schütze ich Menschen also vor Rauch, so schütze ich sie vor diesen tödlichen Krankheiten. Und dies betrifft sowohl Aktiv- als auch Passivraucher“, bringt es Lungenfacharzt Dr. Peter Schenk, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), auf den Punkt. „Als Lungenexperten treten wir daher eindeutig für die Beibehaltung des bereits beschlossenen Nichtraucherschutzes ein und rufen die Bevölkerung auf, das Volksbegehren ‚Don’t Smoke‘ zu unterzeichnen.“
Wie sollen sich nun Gastronomen, die jetzt ein neues Lokal oder einen Umbau planen, verhalten? Soll man einen Raucherbereich in seine Planungen miteinbeziehen?
Wir haben uns bei Profis umgehört. Bernhard Hiehs, Geschäftsführer von Derenko, einem renommierten innenarchitektonischen Planungsbüro für Gastronomie und Hotellerie, hat das Ohr bei diesem Thema klarerweise ganz nah an der Branche. Er sieht die Sache so: „Offen gesagt, paart sich momentan die natürliche Verunsicherung der Gastronomie mit nüchterner Unwissenheit all jener Planer, Architekten und Berater, die diese Branche begleiten. Ein Kippen des generellen Rauchverbots war selbst für bekannte Gastronomiegrößen undenkbar und hat so manche Pläne wortwörtlich auf den Kopf gestellt. War Rauchen bei den meisten Neuplanungen bis Jahresende kaum noch präsent, ist dies aktuell wieder zum Gesprächsthema geworden.“
Rauchen im Freien
Die Verunsicherung ist groß, manche Gastronomen stellen bzw. stellten mittlerweile freiwillig auf Nichtraucher um (siehe auch Umfrage auf Seite 10, Anm.). Die Tatsache, dass Raucher ihre ehemaligen Stammlokale (hoffentlich) weiterhin besuchen werden, stellt Unternehmer allerdings vor neue Herausforderungen. Denn nicht alle Raucher werden ab Mai zu Nichtrauchern ...
Es gilt also, Raucherbereiche im Freien zu schaffen. Für jene Betriebe, die keinen Gastgarten haben, nicht gerade einfach. Denn es droht – vor allem in innerstädtischen, dicht besiedelten Bereichen – neues Ungemach. Hiehs: „Natürlich beinhalten Lärmquellen vor der Tür – wie ausgelassene Gespräche zu später Stunde – Konfliktpotenzial mit Anrainern. Hier den kompletten Lärmschutz bieten zu können widerspricht jedoch leider dem Gesetz der Natur.“
Auch was die Gestaltung angeht, gibt es eine große Bandbreite an Möglichkeiten. Wer einen Gastgarten hat, ist in Sachen Gestaltung klar im Vorteil. Möglichkeiten gibt es viele. „In Bezug auf Gestaltung gilt es, sich den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Eine Raucherlounge im Freien auf der Skihütte mit Fellen und Liegestühlen lässt sich natürlich besser inszenieren als innerstädtische Gehsteige.“
Abwarten
Auch Experten tun sich derzeit schwer, es zeichnet sich bestenfalls eine Tendenz ab. „Eine Empfehlung in diesen Tagen auszusprechen ist sicherlich gut gemeint, aber womöglich verfrüht. Pressemitteilungen, Politikversprechen, Onlinepetitionen und Volksbegehren sind in aller Munde. Im Moment gibt es aber definitiv noch keine Änderung der Gesetzeslage, und es wurde auch offiziell seitens der Regierung noch kein Gesetzesentwurf zur Novellierung des aktuellen Tabakgesetzes, welches zum 1. Mai 2018 in Kraft tritt, eingebracht“, analysiert Derenko-Geschäftsführer Bernhard Hiehs, der auch gleich eine langfristige Prognose parat hat: „In einer perfekten Welt stellt sich die Frage des Rauchens womöglich kaum noch. Obgleich dies noch ein langer Weg ist, denke ich persönlich nicht, dass Rauchen in der Gastronomie Zukunft hat – sei es nun per Gesetz oder unserer steigenden Wertschätzung dem Essen, der Getränke und Atmosphäre gegenüber geschuldet.“
Was nun?
Ein Gastronom, der anonym bleiben will, hat seine Vorgehensweise gegenüber der ÖGZ so formuliert: „Bei mir darf – solange es noch legal ist – weitergeraucht werden. Ich selbst bin zwar Nichtraucher, freiwillig würde ich aber nie auf die Idee kommen, in meinem Lokal das Rauchen zu verbieten. Dazu habe ich meine Umsätze zu sehr liebgewonnen.“ Falls das Rauchverbot kommt, wird er nach Möglichkeit einen Rauchbereich im Freien schaffen, in dem Gäste einigermaßen gut vor der Witterung geschützt sind – auch mit Heizstrahler, wenn seine Gäste diesen Wunsch äußern. „Irgendwann kommt dann möglicherweise das Heizstrahlerverbot in der Gastronomie – aus Klimaschutzgründen. Dann können’s mich aber alle gern haben, dann gebe ich auf“, fügt er an.
Rauchen in der Gastronomie: Das sagt die WKO
Bevor ein mögliches Rauchverbot in der Gastronomie kommt, hier der Status quo: Ziel des Tabakgesetzes ist der Schutz der Nichtraucher vor einer Gesundheitsgefährdung durch die Einwirkung von Tabakrauch. Mit Jänner 2009 wurde das in „Räumen öffentlicher Orte“ geltende Rauchverbot auch auf Gastronomie und Hotellerie ausgedehnt. Grundsätzlich ist Rauchen in Gastronomie und Hotellerie also verboten. Allerdings gibt es Ausnahmen: Raucher- und Nichtraucherbereiche müssen räumlich getrennt sein. Es muss gewährleistet sein, dass der Tabakrauch nicht in den Nichtraucherbereich dringt. Der Hauptraum muss im Nichtraucherbereich liegen. Zumindest die Hälfte der vorgesehenen Verabreichungsplätze müsse im Nichtraucherbereich liegen. Gasträume (Raucher- bzw. Nichtraucher) müssen zumindest durch eine normale Tür getrennt werden. Dem Gast muss vor dem Betreten des Lokals signalisiert werden, ob es sich um ein Raucher-, Nichtraucherlokal oder um einen Betrieb mit Raucher- und Nichtraucherzonen handelt. Die Kennzeichnung hat beim Eingang zum Lokal zu erfolgen. Es ist zu beachten, dass die Aufkleber eine dem Tabakgesetz entsprechende Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich voraussetzen. Ein Ein-Raum-Betrieb, der auch einige Nichtrauchertische anbietet, wäre daher an der Eingangstüre als Raucherlokal zu deklarieren.