Weinbau – was ist nun was?

Landwirtschaft
11.04.2016

 
In der Weinbranche geht der Trend deutlich zur naturnahen Weinbereitung. Aber was ist nun genau der Unterschied zwischen konventioneller, Bio- oder bio-dynamischer Bewirtschaftung?
Winzer Reinhard Waldschütz (l.) und Wirt Karl Meixner (r.)
Winzer Reinhard Waldschütz (l.) und Wirt Karl Meixner (r.)

Dem Gastronomen bietet sich heute ein nie da gewesenes Spektrum an Weinen in einer Vielfalt an Herkünften, Typen und Sorten, aber auch, was die Vinifizierung betrifft: Weine konventioneller Machart, biologisch-organische, biologisch-dynamische, Orangeweine, solche aus nachhaltigem, naturnahem oder integriertem Weinbau, Amphorenweine. Ich sitze in Meixners Gastwirtschaft in Wien-Favoriten und koste einige Orangeweine. Wirt Karl Meixner hat vor sechs Jahren begonnen, sich mit dem Thema zu befassen. Auf seiner Weinkarte sind bis zu 50 verschiedene Orange und Natural Wines, aber auch Weine konventioneller Machart.

Ich verkoste den Riesling „Jesus“ 2011 vom Weingut Ankermühle: ein Hauch Leder und Nuss, bald darauf kommt mit feinziselierter Säure immer mehr Frucht ins Spiel, unterlegt von feinen Kräuternoten. Der Wein wird immer besser. Der zweite Wein, den Meixner kredenzt, war sein erster Orangewein. „Traube, Liebe, Zeit“ Chardonnay 2008 von Franz Strohmeier ist naturtrüb, gelb-orangefarben, in der Nase Himbeeren mit Kräutertee, am Gaumen salzig, elegant und saftig. Warum Meixner so einen Wein vor fünf Jahren auf die Karte setzte? „Ich habe gemerkt, dass ich diesen Typus Wein besser vertrage, aber beim Verkauf musste ich sehr aktiv am Gast arbeiten.“ Der Erfolg gibt ihm recht, sein Weinkarte macht durch echte Neuentdeckungen von sich reden.

Konventionell vs. integriert

Obwohl wir in einem sehr technischen Zeitalter leben, liegt die Basis für einen guten Wein nach wie vor im Weingarten. Hier muss gegen tierische Schädlinge oder Pilzerkrankungen vorgegangen werden, sei es mit Pestiziden oder alternativ mit Nützlingen. Soll Kunstdünger oder Kompost die Nahrung für die Pflanze sein? Ich meine, der konventionelle Weinbau ist wie Schulmedizin, die, richtig angewandt, natürlich nach wie vor ihre Berechtigung hat. Biologischer Weinbau, sei es dynamisch oder organisch, wäre wie Homöopathie oder TCM – mit stark ansteigender Akzeptanz.

Der konventionelle Weinbau erlaubt dem Winzer den Einsatz einer Palette von in Österreich zugelassenen Pflanzenschutzmitteln und Düngern, die zu empfohlenen Zeiten auszubringen sind. Ziel ist die Vernichtung jedweder Schädlinge, wobei auch systemische Mittel verwendet werden, die von der Pflanze direkt aufgenommen werden, mit deren Adern auch während des Wachstums zu allen Pflanzenteilen transportiert werden und so den Boden nicht belasten. Etwas sanfter als konventionell ist der integrierte Weinbau, vormals KIP (Kontrollierte integrierte Produktion). Hierbei sind nur Mittel zugelassen die zu den umweltschonenderen gehören. Auch beinhaltet das Programm Kulturmaßnahmen, Pflanzenquarantäne, biotechnische Verfahren, mechanisch-physikalische und chemische Maßnahmen. Wenn alles eingehalten wird, gibt es dafür finanzielle Förderungen seitens des Landwirtschaftsministeriums.

So naturnah wie möglich

Reinhard Waldschütz betreibt auf 27 Hektar in Straß im Straßertal Weinbau. Er ist geprüfter Biobauer, hat sich aber nach dem Versuch, auf fünf Hektar Bioweinbau zu betreiben, wieder zum konventionellen Weinbau bekannt. Warum hat er diese Entscheidung getroffen? „Als ich den Versuch gestartet habe, war ich voll Euphorie, wurde aber bald eines Besseren belehrt. Ich habe sehr feuchte Lagen und Randlagen mit wenig Luftdurchzug, dadurch entsteht sehr leicht Pilzbefall, dem mit Schwefel und Kupfer, bzw. mit Teespritzungen nicht beizukommen ist. Trotz enormer Anstrengung musste ich zusehen, wie ein großer Teil des Traubenguts infiziert war.“ Noch sei er nicht so weit, vielleicht schaffe sein Sohn die Umstellung, erzählt Waldschütz, und dass er mit der momentanen Bewirtschaftungsweise zufrieden sei. Er schont die Umwelt so weit wie möglich und fördert Nützlinge im Weingarten, die Schädlinge fressen. Ebenso arbeitet er mit Pheromonfallen, die den Sauerwurm so verwirren, dass er sich nicht paaren kann. „Ich versuche, den Boden so zu bearbeiten, dass immer eine Zeile mit vielen Kräutern, Gräsern und Blumen begrünt ist, die nächste ist offen“, so der Weinbauer. „Ich arbeite nach dem empfohlenen Spritzplan und bevorzuge dabei systemische Mittel, dadurch muss ich nicht so oft mit dem Traktor in den Weingarten fahren.“

Text: Günter Reindl