Direkthandel

Direct Trade: Kaffeehandel der Zukunft?

Kaffee
26.09.2022

Wie funktioniert der Direkthandel mit Kaffee? Und wie beeinflussen Angebot, Nachfrage und Spekulationen den Preis?
Eine Frau trocknet Kaffeebohnen

Der Kaffeepreis unterliegt starken Schwankungen, abhängig von Faktoren wie z. B. Wetter, Klima, Ernteausfällen oder Währungsschwankungen. Das größte Problem sind aber die Börsenspekulationen, sogenannte Warentermingeschäfte, die zur Folge haben, dass Branchenfremde am Markt mitspielen, wie z.B. Banken, Fonds, Commodity-Händler und andere Spekulanten. 

Diese wetten darauf, dass der Kaffeepreis steigt oder sinkt und gewinnen dementsprechend Geld oder verlieren es. Pure Spekulation, die zu unnötigen Preisverzerrungen am Markt führt. Das Los der Kaffeebauern spielt dabei keine Rolle. Der Börsenpreis hat mit den tatsächlichen Kosten für die Produktion nichts zu tun, so liegt dieser derzeit in den meisten Ländern unter den Einstandskosten der Bauern.

Wie funktioniert der Direkteinkauf?

Um von diesem fragwürdigen System zulasten der Kaffeebauern wegzukommen, hat sich in den letzten zehn bis 20 Jahren ein neuer Zweig entwickelt, der versucht, sich so weit wie möglich von der Börse abzunabeln. Dieser Weg nennt sich „Direct Trade“ und bedeutet, dass die Kaffeeröster, egal ob groß oder klein, direkt bei den Kaffeebauern einkaufen können. Da viele Farmen für den Direkthandel einfach zu klein sind, wird auch über Kooperativen eingekauft bzw. über Agenturen, Importeure oder Zwischenhändler, die diese Kaffeebauern direkt vertreten. Um an der Preisschraube zu drehen, versuchen die Kaffeebauern, die Qualität zu verbessern, Spezialitätenkaffees zu produzieren und eben diese direkt zu verkaufen (Direct Trade). Dieser Sekundärhandelsplatz nennt sich auch „Specialty Coffee Market“.

Dieser Markt agiert vorwiegend börsenunabhängig, man versucht den Farmern stabile Preise zu bieten, aber natürlich beeinflussen auch hier Angebot, Nachfrage und Spekulationen den Preis. Doch anders als beim herkömmlichen Kaffee, spielt die Qualität zusätzlich in die Preisgestaltung mit hinein. Das bietet Anreize für die Bauern, qualitativ immer besser zu werden. Direct Trade lässt eine reelle Kostenkalkulation zu und fördert eine enge und langjährige Zusammenarbeit zwischen Bauern und Röstern, die vice versa jeweils auch die andere Seite des Kaffeemarktes verstehen lernen. Dies stellt eine Art Umkehr zum herkömmlichen Industriemarkt dar, der ja praktisch nur auf dem Papier, aber fern der Realität passiert. 
Für die meisten Kaffeebauern ist diese nachhaltige Lösung ideal, oft können sie sich z. B. Zertifizierungen gar nicht leisten oder verstehen diese nicht, weil sie ohnehin bio, fair und nachhaltig produzieren und sich Spritz- und Düngemittel oder den Einsatz von teuren Maschinen gar nicht leisten können.

Was ist Microlot-Coffee?

Oft sind es nur kleine bis kleinste Mengen, die die Bauern zur Verfügung haben. Man spricht hier von Microlot-Coffee. Micro kommt aus dem Griechischen und bedeutet klein. Ein kleines Lot also, wobei Lot für eine alte Gewichtseinheit steht. Microlot ist also der Anbau von Kaffee auf kleinen Parzellen, die Menge ist sehr begrenzt. Vergleichbar mit einer Riede beim Wein, einer stark limitierten Einzellage von besonders edlen und teuren Weinen. Beim Kaffee sind auf einer speziellen Lage oft nur wenige Säcke verfügbar. 

Diese Besonderheiten sind Raritäten von außergewöhnlicher Qualität und erzielen vielfach sehr hohe Preise. Der Verkauf erfolgt direkt an die Kaffeeröster, meist über Auktionen, wie z. B. dem „Cup of Excellence“-Wettbewerb, der gerade Kleinstbauern immer wieder die Möglichkeit gibt, mit Qualität zu überzeugen. Mikroklima, händische Ernte, separate Weiterverarbeitung und strenge Qualitätskontrollen sind einige Merkmale dieser Produktionen. Oft geht es gerade einmal um 20 oder 40 solcher 80-kg-Säcke, manchmal sind es sogar noch viel weniger.