Märzen und Zwickl 2022

Märzen und Zwickl im ÖGZ-Test

Bier
24.08.2022

Die Erwartungshaltung der Gäste bei der Bestellung „eines Bieres“ in Österreich? Hell, süffig, nicht zu stark und manchmal ungefiltert soll es sein: Märzen, Zwickl und Lager im ÖGZ-Test.
Eine Person zapft Bier aus einem Holzfass.

Menschen sind Gewohnheitstiere. Und das trifft natürlich auch auf die große Schar der Biergenießer zu.

Laut dem noch unveröffentlichten Bierkulturbericht 2022 der Brau Union greifen knapp zwei Drittel der Inlandsgäste zum regionalen Bier aus der Urlaubsregion.  Beim präferierten Bierstil bleibt man aber gerne im Fahrwasser  des Bekannten, sprich beim Märzen bzw. Lagerbier. 

Bierstile gibt es viele, allein beim jährlich stattfindenden European Beer Star, einem der renommiertesten Bierwettbewerbe der Welt, werden Produkte in 72 Kategorien verkostet und bewertet. Zählt man die Gruppe der „Free Style Beers“ hinzu,  in der sich die „Exoten“ tummeln, die in keine Kategorie passen (wollen), werden es noch deutlich mehr. 

Bierwunder Österreich

Wenn es einen Urknall des österreichischen Bierwunders gegeben haben soll, dann würde man diesen mit dem Aufkommen der Bierkultur, dem wachsenden Interesse der Konsumenten an Themen wie Qualität, Regionalität und Herkunft vor gut 20 Jahren festlegen. Und seit die Mehrheit der Brauereien erkannt hat, dass die Herstellung geschmacksarmer Massenprodukte unsexy ist und von Genießern immer öfter abgelehnt wird, ist hierzulande Unglaubliches geschehen – im Positiven. Aus einer Diaspora der Einheitsbiere wurde ein blühendes Land, in dem Biervielfalt gelebt und Qualität an vorderster Stelle stehen.

Wie viele Brauereien gibt es in Österreich?

Mittlerweile hat Österreich nicht nur eine Brauereidichte, die im weltweiten Spitzenfeld liegt, wir zeigen auch bei internationalen Bewerben wie dem oben erwähnten European Beer Star Jahr für Jahr auf. Heute gibt es zwischen dem Burgenland und Vorarlberg laut Brauereiverband 208 gewerbliche sowie 127 Haus-Brauereien. Wir sind zu einem Bier-Schlaraffenland geworden. 

Das Schönste an diesem Bier-Wunder ist aber die Vielfalt, die in Österreich gezapft und ausgeschenkt wird. Braumeister zelebrieren gekonnt die große Oper der Braukunst. Gastronomen legen Wert auf Schankhygiene, Glas­auswahl und korrekte Trinktemperaturen. Allen Moden zum Trotz, und hier kommen wir schon zum Schwerpunkt dieser ÖGZ, gibt es hierzulande eine unangefochtene Nummer eins: Märzen, eingebraut nach österreichischer Brauart, ist mengenmäßig unschlagbar, und daran wird sich realistisch gesehen in den nächsten Jahrzehnten auch nichts ändern.

Wie schmeckt Märzen Bier?

Laut Definition hat Märzenbier einen ausgewogenen Malzcharakter und vollmundig im Geschmack. Auch die Hopfenbittere muss ausgewogen sein und gering bis mittel ausfallen, in jedem Fall aber mild sein, ein übertriebener Einsatz von Hopfen ist nicht stilgerecht. Absolutes No-Go ist ein Karamellcharakter, der etwa bei einem Wiener Lager erwünscht und völlig in Ordnung ist. Auch Diacetyl, ein Stoffwechselprodukt der Hefe, das während der Gärung gebildet und an die Würze abgegeben wird, ist bei einem Märzen nicht akzeptabel. 

Beim Märzen geht es auch um die Süffigkeit, die Drinkability. Es soll zudem erfrischend sein und nicht zu schnell betrunken machen - das freut klarerweise den Gastwirt, aber auch den Gast selbst. Daher bewegen sich Märzen bzw. Lagerbiere auch im Bereich 5,0 bis 5,2 Vol% Alkohol. 

Woher kommt der Name Märzen?

Das Märzen hat seinen Namen vom Monat März. Früher durfte in der Sommersaison nicht gebraut werden. Genau genommen war es der Zeitraum zwischen dem 23. April (Georgi) und dem 29. September (Michaeli). Höhepunkt für Brauereien war (und ist auch heute noch) der Brausilvester (30. September). Übrigens wurden die Keller, in denen früher Bier gelagert wurde, auch "Märzenkeller" genannt. Und der Überlieferung nach sind Oktoberfeste nur deshalb entstanden, weil man die Reste des Märzen-Bieres austrinken wollte. Was Sinn macht, denn im Herbst durfte ja wieder gebraut werden. Heute freilich wird (zu unser aller Glück) ganzjährig gebraut. Das ist dem technologischen Fortschritt und der Verwissenschaftlichung des Brauprozesses zu verdanken. 

Und weil Zwickl-Biere (auf Basis von Märzen) für die Gastronomie eine spannende Ergänzung zum Einser-Bier sind, haben wir in unserer Verkostung auch diesen Bierstil unter die Lupe genommen. 

Wie wird Bier richtig gezapft?

Wichtig für die Drinkability: Glaspflege, Glasauswahl, Schankhygiene. Einschenk-Tipp: Wer auf Bekömmlichkeit und Trinkbarkeit schaut, sollte Bier immer schwungvoll einschenken. Das Bier darf dann auch ruhig drei bis vier Minuten stehen und sollte auf zwei-bis dreimal fertig gemacht werden. Warum? Man hat so von der gebundenen Kohlensäure einen guten Teil entbunden. Neben der schönen Optik erhält man auch ein trinkbareres Bier, das durch Aromenreichtum glänzt.

Die besten Biere 2022: Märzen, Zwickl, Internationales Lager

  • Stiegl Hell: Vollmundigkeit geht auch mit weniger Alkohol

In der Stieglbrauerei zu Salzburg setzt man seit 530 Jahren auf Qualität und Tradition. Durch echte Brauhandwerkskunst in Kombination mit modernster Technik und „Slow Brewing“ werden bei Stiegl mehr als 20 verschiedene Bierspezialitäten für den perfekten Biergenuss gebraut. 
Kostnotiz: Strohgelb, klar und mit reinweißem Schaum – eine Schönheit! In der Nase Getreidenoten, Weißbrot und ein Hauch von Kräutern. Im Antrunk süffig mit schlank-lieblichem Körper (leichte Restsüße). All das wird von einem hopfigen Ausklang balanciert. Die Jury empfiehlt dazu kalten Schweinebauch.
Stiegl Brauerei zu Salzburg // Stiegl Hell / 4,5 % / 11° www.stiegl.at

  • Stiegl Goldbräu: Balance vom Anfang bis zum Ende

Die Werte, denen wir uns seit der Gründung der Brauerei im Jahr 1492 verpflichtet fühlen, haben uns zur führenden Privatbrauer Österreichs gemacht. Der Erfolg der Brauerei ist untrennbar mit dem Namen „Kiener“ verbunden. Seit mehr als 120 Jahren ist die Brauerei im Besitz der Familie Kiener.
Kostnotiz: Heublume in der Nase und äußerst frisch, so der erste Eindruck. Vom Anfang bis zum Ende harmonisch und stiltypisch, auch wenn der Körper viel Charakter zeigt. Dezent feine Bittere im Nachtrunk, die von einer perfekten Balance zeugt. Zum Wiener Schnitzel vom Kalb eine Offenbarung.
Stiegl Brauerei zu Salzburg // Stiegl Goldbräu / 5,0 % / 12°   www.stiegl.at 

  • Zwettler Export Lager: komplexe Aromatik ohne Angebereien

Im Herzen des Waldviertels gelegen verfügt die Privatbrauerei Zwettl über Zugang zu vorzüglichen Rohstoffen zum Brauen von gutem niederösterreichischem Bier. Das auf einem gewaltigen Granitsockel ruhende Waldviertel wartet aufgrund der geologischen Besonderheit mit idealem Brauwasser auf. 
Kostnotiz: Feine Hopfenaromatik, Honig und mediterrane Kräuter in der Nase machen Lust auf den ersten Schluck. Ein zunächst süffiger, milder Antrunk offenbart schließlich final eine harmonische Vollmundigkeit, die man gleich ins Herz schließt. Dieses Bier zwingt förmlich zum Weitertrinken. Allrounder für Food-Pairings!
Privatbrauerei Zwettl //  Zwettler Export Lager / 5,0 % / 11,8° www.zwettler.at 

  • Hofbräuhaus Traunstein "Helles": Höchstnoten für die Trinkbarkeit

Erstklassige Biere, die durch aufwendige Veredelungsprozesse immer besser werden. Ein eingeschworenes Team, das gemeinsam mutig vorangeht – mit handwerklichem Können, Leidenschaft und Humor. Diese Dinge sind es, die uns begeistern und antreiben – seit unserer Gründung im Jahre 1612.
Kostnotiz: Unser einziger Vertreter des Bierstils „Internationales Lager“ holt auch gleich Gold: keine Malznoten in der Nase, dafür grasige Hopfennoten. Wenig komplex im Antrunk und zu 100 Prozent auf Trinkbarkeit ausgelegt. Ideale Balance zwischen Malz und Bittere, traumhaft zur Foccacia. 
Hofbräuhaus Traunstein //  Helles / 5,3 % / 12,3°  www.hb-ts.de

  • Wieselburger Zwickl : Zwickl für Fortgeschrittene

Seit 1770 braut man in Wieselburg traditionelle Bierspezialitäten. Für das nachhaltige Fernwärmeprojekt wurde die Brauerei, die international zu den effizientesten in puncto Energie- und Wasserbedarf zählt, mit dem Energy Globe 2015 in Niederösterreich ausgezeichnet.
Kostnotiz: Orange-gelb und blickdicht trüb. Das Duftbild überrascht: gelbe Früchte, kräftige Kräuternoten und Weißbrot. Äußerst süffig zu Beginn und mit merkbarem Mousseux ausgestattet, läuft dieses Bier dank durchgehender Hopfenaromatik zur Höchstform auf, zeigt sich final nicht mehr ganz so komplex und mit leichtem Säurespiel. 
Brauerei Wieselburg //  Wieselburger Zwickl / 5,0 % / 11,6° www.wieselburger.at

  • Schwechater Zwickl: handwerklich tadellos zu Gold

Seit 1632 steht Schwechater für Pionierleistungen in der Braukunst. Anton Dreher stellte 1841 das erste untergärige Lagerbier der Braugeschichte her und machte damit das Schwechater Bier weltberühmt. 2016 gab es etwas zu feiern: 175 Jahre Wiener Lager aus Schwechat. 
Kostnotiz: Feine Kräuter, Zitrusschalen und Weißbrot – das Duftbild ist harmonisch wie ein Streichtrio von Schubert – nur nicht so unvollendet. Eine sehr hohe Drink­ability und erfrischend, so soll ein Zwickl sein! Zum cremigen Körper kommen feine Malznoten hinzu, die von einer edlen Bittere abgelöst werden.
Brauerei Schwechat //  Schwechater Zwickl / 5,4 % /12,5° www.schwechater.at