Whisky zeigt 2022 viele neue Gesichter

ÖGZ-Verkostung
21.09.2022

Von: Roland Graf
Die Dynamik des Whisky-Marktes kommt – Covid-bedingt – mit Verzögerung bei uns an. Sie freut aber Genießer des Lebenswassers umso mehr
Ein Glas Scotch Whiskey ohne Eis

Für übermäßige Progressivität waren Whisky-Sammler in der Regel nicht bekannt. Man hatte gelernt, was schmeckt, und deckte sich mit mehr davon ein.
Seit einigen Jahren werden die Karten neu gemischt. Auch wenn man als konservativer Genießer vielleicht die neuen Erzeugerländer (inklusive Österreich!) ignoriert hat, geht nun nicht einmal mehr das. Denn die Aufbruchstimmung erfasst auch die klassischen Whisk(e)y-Länder. Irland erlebt einen Eröffnungsboom wie nie in seiner Geschichte bei den Destillerien. Die USA haben gerade die rechtliche Begutachtung für „American Single Malt“ (ja, der hat dann 100 % Gerstenmalz, keinen Mais oder Rye!) am Laufen. Und in Schottland muss die Landkarte der Malts ebenso neu gezeichnet werden. Bestes Beispiel dafür ist die Insel Skye, die über Jahrzehnte deckungsgleich mit „Talisker“ war. Mit der Eröffnung von „Torabhaig“ steht aber nunmehr eine zweite Destillerie auf der Hebrideninsel. Und der Erstling war sofort ausverkauft, die getorfte Folgeedition „Allt Gleann“ lässt trotz ihrer Jugend bereits den Hausstil erkennen. 

ÖGZ-Kosterrunde
Die ÖGZ-Verkoster rund um ÖGZ-Autor Roland Graf (2. v. l.). Für den Whisky-Test verstärkten „Torberg“-Chef Gerald Gsöls und Schiffs-Chefkoch Manfred Umfahrer (links) das Team. Außen: ÖGZ-Autor und Whisky-Kenner Daniel Nutz.

Denn längst müssen es nicht mehr die Standard-Altersangaben sein, die einen Whisky ausmachen. „12 years“ mag lange die Einstiegsreifezeit gewesen sein. Doch mit besserem Fass-Management hat sich das geändert. Das „richtige“ Alter ist nun gefragt. Zumal auch jugendliche Malts und Blends ihre Berechtigung haben: nämlich im Cocktail. Vom Erfolg der irischen Whiskeys getrieben, sind leichtfüßigere und fruchtige Abfüllungen en vogue. Wer es auch beim Mixen kräftiger als in einem „Whisky-Soda“ liebt, hat mit dem „Islay Mule“ selbst für die rauchige Fraktion einen Highball als Option. Und da kommt noch mehr! 

Welche Whiskys aus heimischen und internationalen Brennblasen aktuell ÖGZ-Gold tragen, lesen Sie unten.

Die besten Whiskys 2022

Mossburn: Sanft und großartig fruchtig – Gold! 
Auchroisk kommt aus dem schottischen Gälischen und bedeutet „Flache Furt über den roten Bach“. Bei diesem Mossburn reift erste Abfüllung anfänglich in Ex-Bourbon-Casks für zwei Jahre und anschließend in Sherry-Casks, wodurch das erste bekannte „Finish“ entsteht. 
Kostnotiz: Fast süße, rote Fruchtexpression, schmeichelnd und dezent nussig in der Nase. Weiches Mundgefühl, das den Wiener an Nussbeugerl erinnert, aber auch eine fruchtsüße Ahnung von Erdbeere mitbringt. „Richtig schön harmonisch – und führt auch Einsteiger an die Kategorie heran!“
Mossburn // Single Malt Vintage Casks No. 30 Auchroisk 2007 / 46 % € 69,90 / www.topspirit.at

Torabhaig: Smoke für Einsteiger holt sich Gold 
Es ist überhaupt erst die zweite legale Destillerie auf der Isle of Skye. Und seit 190 Jahren die einzige, die neu in Betrieb genommen wurde. Diese Destillerie in Torabhaig ist wahrlich das Ergebnis der Umgebung und ihres Erbes, geprägt von der wilden Landschaft und dem Klima auf der Isle of Skyes.
Kostnotiz: Fein dosierter Rauchton in der Nase – wie eine Erinnerung an die gebrannten Mandeln am Jahrmarkt, die von Wacholder und Pumpernickel begleitet werden. Am Gaumen kommt noch ausgeprägte Süße hinzu, im Finale betreten dann alle Akteure – der Rauch, Nuss-Noten und viel Frucht – zusammen die Bühne.
Torabhaig // Single Malt Allt Gleann The Legacy Series 46 % / € 69,90 / www.topspirit.at

Wild Turkey: Power für die Cockttailbar und „golden“ 
1940 brachte Thomas McCarthy,­ einer der Manager der Destillerie, Whiskey der eigenen Firma zur Jagd auf die Truthähne (engl.: Wild Turkey) mit. Seinen Freunden schmeckte der Whiskey sehr gut. Daraufhin wurde der umgangssprachliche Name zum Markennamen.
Kostnotiz: Blutorange und viiiiel Nusscreme in einem extrem zugänglichen, von dunklem Getreide geprägten Duft. Am Gaumen mit einer überraschend sanften Art für die Alkoholstärke, aus der sich dann nussige und roggenwürzige Final-Noten schälen. Für die ÖGZ-Jury ganz klar: „Das schreit nach einem Cocktail damit.“
Wild Turkey // Rare Breed Kentucky Straight Bourbon Whiskey / 58,4 % € 34,90 / www.campari.com