Finanzierung

Der Ukraine-Krieg ist ein Gamechanger

Finanzierung
31.05.2022

Von: Daniel Nutz
Seit Jahresbeginn steht Matthias Matzer der Tourismusbank ÖHT vor. Ein Interview über seinen Wandel vom Kommerzbanker zum Fördergeber, die Verbannung von dreckig-teuren Ölheizungen und seine Lehren aus der jüngsten Rechnungshofkritik an der ÖHT.
Matthias Matzer

Herr Matzer, seit Jänner stehen Sie als Geschäftsführer der ÖHT vor. Was ist Ihr Resümee der ersten Monate?
Matthias Matzer: Ich habe im Jänner zunächst das Thema Covid-Förderungen in der ÖHT marktseitig übernommen. Diese sind immer noch die heiße Kartoffel in der gesamten Tourismus-Förderung der ÖHT. Da ich aus einer Kommerzbank komme, musste ich mich klarerweise in diverse Förderthemen einarbeiten. Ich denke, wir sind sehr gut aufgestellt und haben zuletzt gezeigt, was alles on top zum klassischen Grundgeschäft der ÖHT noch geht. Das Team hat in den letzten zwei Jahren wirklich viel geschafft, darum sehe ich uns auch für die Zukunft bestens gewappnet. 

Sind die Mittel ausreichend?
Wir sprechen ja immer von zwei Welten: den ÖHT-Covid-Förderungen und den klassischen ÖHT-Förderungen. Ich würde sagen, sowohl in den Corona-Töpfen als auch für unsere klassischen Aufgaben sind ausreichend Mittel vorhanden. 

Zuletzt gab es recht weitreichende Kritik des Rechnungshofes, der etwa das Fehlen von Qualitätskriterien und ein Punktesystem bei der Fördervergabe vermisst. Außerdem kämen bei gewissen Förderungen von 10 Euro nur 4 Euro bei den Betrieben an. Der Bericht befasst sich mit der Periode 2016 bis 2018. Was werden Sie jetzt ändern? 
Die Kritik kann aus meiner Sicht in drei Teilbereiche aufgeteilt werden. Ein Drittel sind berechtigte Punkte, die wir gerade anpassen und teilweise schon umgesetzt haben. Bei einem weiteren Drittel geht es um Punkte, die wir nur in enger Abstimmung mit dem Ministerium prüfen und gegebenenfalls umsetzen können. Bei diesen geht es darum, in Zusammenarbeit mit dem Ministerium zu schauen, wo wir sofort zupacken können und wo wir eine längerfristige Strategie brauchen. Da die Förderrichtlinien im September auslaufen, ergibt es jedoch wenig Sinn, dass wir diese Punkte unter den laufenden Richtlinien ändern. Und dann gibt es noch ein Drittel der Kritikpunkte, die ich für schwer umsetzbar halte. 

Und das wäre etwa?
Etwa wenn unsere Leute aus dem Vertrieb alle zwei bis drei Jahre zum Kunden fahren, Kundenbeziehungen aufbauen und wir diese Beziehungen mutwillig abbrechen müssten, hielte ich das nicht für sinnvoll. Würden wir das so umsetzen, würden wir eine bürokratische Hürde aufbauen, die komplett unnötig ist.

Die ÖHT hat in der Vergangenheit sehr breit gefördert. Man könnte sagen, nach dem Gießkannenprinzip. Inwiefern kann und soll man die Fördermaßnahmen zielgerichteter abstimmen?
Meine Hoffnung ist, dass die neuen Förderrichtlinien mit einem starken Nachhaltigkeitsfokus versehen werden. Es wäre sinnvoll, hier „Awareness“ zu schaffen und den Unternehmen mit klaren Kriterien zu zeigen, was „nachhaltig“ bedeutet. So kommen wir vom Vorwurf des Gießkannenprinzips weg, wenn wir mehr Mittel in die richtigen Projekte stecken. Neben der Nachhaltigkeit gibt es das große Thema Innovation. Wenn wir hier zielgerichteter fördern können, sind wir auf einem guten Weg. 

Ein Großteil der Hotels heizen noch mit Öl. Was wird für den Umstieg getan?
Die jetzigen Richtlinien geben uns bereits gute Fördermöglichkeiten. Hier gilt es aber meiner Meinung nach noch stärkere Anreize durch Förderungen zu setzen.

Lohnt es sich also zu warten?
Nein, das Thema Förderung ist ja letztlich die Schlusskomponente einer Investitionsentscheidung. Die Grundsatzentscheidung zur Investition muss ja vom Unternehmer kommen und dann folglich von der Hausbank grundsätzlich mitgetragen werden – und erst dann kommen wir als Förderbank ins Spiel. Aus meiner Sicht würde ich nicht zuwarten, wenn die Grundlagen für die Investitionsentscheidung passen, weil die Förderperiode noch immer eine gute ist. Der Ukraine-Konflikt ist hier jedoch ein Game­changer, da viele Unternehmen mit Kostenexplosionen zu kämpfen haben und tendenziell beginnen, Investitionen aufzuschieben.

Stichwort zukünftige Förderkriterien. Wie schafft man Kriterien, die dann wirklich nachhaltig sind? 
Ich denke, dass sich das Regime künftig an der EU-Taxonomie orien­tieren könnte. In diesem Fall gäbe es klare Kriterien und keine Graubereiche. Die Frage wird nur sein, wie leicht sich Taxonomie­regeln auf die Kunden der ÖHT (fast ausschließlich KMU, Anm.) umsetzen lassen? In diesem Fall ergibt es wohl Sinn, dass wir uns stärker mit der KPC (die Umweltförderagentur Kommunalkredit Public Consulting, Anm.) abstimmen und die Richtliniengeber sich überlegen, welche Nachhaltigkeitskriterien für KMU im Tourismus Sinn ergeben.

Die Pariser Klimaziele sind dennoch in der Ferne. Wie werden wir nachhaltiger?
Wichtig ist, dass jeder sich überlegt, wie er seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann und will. Der eine verzichtet auf Plastik, der andere tauscht seine Ölheizung oder saniert das Gebäude thermisch. Wir sehen ja schon, dass die Gäste das auch immer stärker einfordern. Gerade beim Thema Anreise sehen wir, dass die jungen Gäste teilweise kein Auto mehr haben. Die Logik verändert sich. Der Hotelier wird sich bald die Frage stellen müssen: Wie bringe ich meine Gäste zu mir, wenn sie kein Auto mehr haben? 

Als Leuchtturmförderung werden innovative Beschäftigungsmodelle im Tourismus gefördert. Was erhoffen Sie sich denn dadurch?
Wir wollten zum Überlegen anstoßen, welche Modelle und Anreize es gibt und geben könnte, um Leute in den Tourismus wieder zurückzuholen. Obwohl es nicht unser Kernförderungsprodukt ist, wollten wir hier einen Impuls setzen. Es geht auch darum, innovative, neue Modelle zu entwickeln, die Probleme der Zukunft lösen können. Dass es zwei bis drei Leute gibt, die sich um eine Stelle im Tourismus bewerben, wird es bald nicht mehr geben. Ich glaube, hier können Innovationen entstehen. Vielleicht gibt es Ideen, die umgesetzt werden können und die dann auch in anderen Betrieben der Branche Umsetzung finden.

Zur Person

Matthias Matzer ist seit Jänner Geschäftsführer der ÖHT und übernahm damit die operativen Agenden von seinem Vorgänger Wolfgang Kleemann, der in den Ruhestand geht. Matzer war bei der RBI davor im Bereich Investment Finance und International Business tätig.