Tourismus

Braucht Wien wirklich eine Seilbahn?

Wien
14.03.2023

Die „Seilbahn Kahlenberg” soll Fahrgäste von Wien Heiligenstadt über die Donauinsel auf den Kahlenberg bringen. Macht das Sinn?
Seilbahn Kahlenberg

Die geplante "Seilbahn Kahlenberg" soll eine umweltfreundliche Möglichkeit bieten, die Naherholungsgebiete Donauinsel Nord und Kahlenberg zu erschließen. Doch ist das Projekt wirklich so durchdacht, wie es uns präsentiert wird?

Zwar bietet die Seilbahn im urbanen Raum eine moderne und innovative Mobilitätslösung, doch die Umweltfreundlichkeit wird in der Diskussion oft überbewertet. Denn auch eine Seilbahn benötigt Ressourcen. Zudem müssen für den Bau der Anlage und den Ausbau der Infrastruktur in den Stationen teilweise Flächen versiegelt und Bäume gefällt werden, was den ökologischen Fußabdruck des Projekts nicht gerade verkleinert.

Auch die Kosten für das Projekt sollten kritisch hinterfragt werden. Denn eine Seilbahn ist eine teure Investition, die in Relation zur Kapazität nicht immer gerechtfertigt ist. Die Rede ist übrigens von 70 Mio. Euro Projektkosten. 

Die Stadt zeigt sich bisher skeptisch,  eine Genehmigung gibt es nicht. Der für Naturschutz zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) sagt, man habe „fundamentale, inhaltliche Bedenken“.

Seilbahn Kahlenberg
Mit der Seilbahn in weniger als 20 Minuten von Heiligenstadt auf den Kahlenberg. Im Bild die "Bergstation".

Streckenverlauf der Seilbahn Kahlenberg

Ausgehend von der Talstation an der U4 Heiligenstadt führt die Seilbahn Kahlenberg mit einer Gesamtstrecke von 5,7 Kilometern über die Donau in sechs Minuten Fahrzeit hin zur Station Donauinsel Nord, von dieser aus geht es nach Strebersdorf und schlussendlich hinauf zur Bergstation Kahlenberg.

Seilbahn Kahlenberg
Maßstabsgetreue Darstellung der Seilbahn

"Klimafreundliche Alternative"

Die geplante Seilbahn Kahlenberg soll, so der Projektbetreiber Genial Tourismus- und Projektentwicklungs-GmbH, eine umweltfreundliche Alternative zur Erschließung der Naherholungsgebiete Donauinsel Nord und Kahlenberg. Die Vorteile: eine kurze Fahrzeit von nur sechs Minuten von der Talstation an der U4 Heiligenstadt bis zur Bergstation Kahlenberg, eine direkte Anbindung an die U4-Station Heiligenstadt und eine Park & Ride-Anlage mit 630 Stellplätzen sowie eine Bike & Ride-Station mit rd. 1.000 Bike-Boxen und E-Bike Ladestationen in der Station Strebersdorf.

Doch wie sieht es mit der tatsächlichen Verkehrsentlastung und der Reduktion des CO2-Ausstoßes aus? Unabhängige Gutachten legen nahe, dass der motorisierte Individualverkehr und der jährliche CO2-Ausstoß um bis zu 50 Prozent reduziert werden könnten. Doch werden diese Prognosen auch der Realität standhalten? Wird die Seilbahn tatsächlich genügend Fahrgäste anziehen, um die Ziele zu erreichen?

Ein weiterer Punkt, der zu diskutieren ist, betrifft die Landschaftsveränderung durch den Bau der Seilbahn. Kritiker befürchten, dass die Seilbahn die landschaftliche Schönheit des Kahlenbergs beeinträchtigen und die Ruhe des Naherholungsgebiets stören könnte.

Seilbahn Kahlenberg
Die Station Donauinsel Nord (Rendering)

Was sagt die Unesco?

Die Errichtungskosten werden rund 70 Mio. Euro betragen. Umgesetzt wird das Projekt von einem der weltweit größten Seilbahnproduzenten, der Leitner AG aus Südtirol, Generalplaner der Seilbahn Kahlenberg ist das Architekturbüro WGA ZT GmbH aus Wien.

Die im März 2022 erteilte Konzession für die Realisierung des Projekts basiert auf einer umfassenden Prüfung und Interessensabwägung, für die seitens des BVwG insgesamt 14 unabhängige Gutachten eingeholt wurden. Insbesondere aufgrund der Verringerung des Verkehrsaufkommens, des verbesserten Zugangs zu Naherholungsgebieten und der positiven wirtschaftlichen Effekte für den Wiener Tourismus wurde dem Vorhaben beschieden, im öffentlichen Interesse zu liegen.

Auch mögliche Bedenken wurden dabei ausführlich geprüft. So wurde im Zuge der BVwG-Gutachten u. a. festgestellt, dass das Projekt "mit keiner Bedrohung von Tieren, Pflanzen oder Wasser" verbunden ist. Weiters wurde im Rahmen des Konzessionsverfahrens seitens des UNESCO-Lehrstuhls „Kulturelles Erbe und Tourismus“ festgestellt, dass keine Sichtachsen des Welterbes betroffen sind.

Seilbahn Kahlenberg
Sightseeing: Gondel mit Blick auf den Karl Marx-Hof. Ob das den Anrainern auch so gut gefällt?

Pro und Contra

Der Projektbetreiber betont zwar, dass der Bau der Anlage nur minimale Auswirkungen auf die Natur habe, doch es gibt Kritiker, die anderer Meinung sind. Sie bemängeln beispielsweise, dass trotz der modularen Bauweise der Anlage immer noch drei Stützen im Nutzwaldgebiet des Kahlenbergs errichtet werden müssen und dass dies trotzdem eine Beeinträchtigung der Natur bedeutet.

Auch wenn der Projektbetreiber versichert, dass Anrainerinnen und Anrainer nicht beeinträchtigt werden, gibt es einige, die sich Sorgen um ihre Privatsphäre machen. Sie befürchten, dass die Seilbahn den Frieden in der Gegend stören und zu Lärmbelästigung führen könnte. Obwohl der Bau der Anlage geplant ist, ohne bewohnte Liegenschaften zu queren, gibt es immer noch Skeptiker, die befürchten, dass es zu Störungen kommen wird.

Der Rückbau des bisherigen riesigen Parkplatzes auf der Bergstation und die Entsiegelung und Begrünung des Geländes können als positiver Aspekt des Projekts angesehen werden. 

Seilbahn Kahlenberg
Touristisch könnte die Seilbahn einen Mehrwert bringen. 

So sollen die Kabinen aussehen

Die 115 Zehn-Personen-Kabinen verfügen über ein Infotainmentsystem, Videoüberwachung und eine Gegensprechanlage zur Station. Und sie sollen Platz für Kinderwägen, Räder und Rollstühle bieten und somit auch einen barrierefreien, schnellen und umweltfreundlichen Weg für Erholungssuchende auf die nördliche Donauinsel bieten.