Unternehmen

Franchise ist ein Jobmotor

Trotz wirtschaftlicher Flaute, Inflation und stagnierender Konjunktur meldet der Österreichische Franchise-Verband Wachstum: Mehr Systeme, mehr Standorte, mehr Beschäftigte. Was macht dieses Geschäftsmodell so widerstandsfähig?

Die österreichische Wirtschaft stagniert seit drei Jahren. Die EU-Prognosen sind düster. Und doch gibt es einen Sektor, der sich dem allgemeinen Trend widersetzt: Franchising wächst. 510 Systeme, 12.800 Standorte, 95.600 Beschäftigte, 12,4 Milliarden Euro Umsatz, eine halbe Milliarde mehr als vor zwei Jahren. Die neue Branchenstudie des Österreichischen Franchise-Verbands (ÖFV) zeigt: Während Einzelunternehmer über Personalnot, Energiekosten und administrative Überlastung klagen, skalieren Franchise-Systeme. Auch in der Gastronomie, die für 13 Prozent aller Systeme steht. Was macht diese Unternehmen so widerstandsfähig?

Arbeitsteilung als Überlebensstrategie

„Beim Franchising steht das Gemeinsame im Vordergrund“, sagt Martin Zagler, ÖFV-Präsident und selbst Franchise-Geber. „In volatilen Zeiten ist es ein Riesenvorteil, wenn nicht jeder das Rad neu erfinden muss.“ Die Zentrale entwickelt Geschäftsmodelle weiter, investiert in Digitalisierung und KI, rollt Lösungen auf die Partner aus. Der einzelne Betrieb konzentriert sich auf das operative Geschäft. „Wenn man 15, 20 Mitarbeiter hat, ist man ja gar nicht in der Lage, die Welt da draußen zu beobachten“, so Zagler. „Da schlägt der Vorteil von Franchise voll durch.“

Die Zahlen bestätigen diese Logik. Fast 60 Prozent der Systeme betreiben mehr als 16 Standorte. Der Trend zum Multi-Unit-Franchise (ein Partner führt mehrere Filialen) ist unübersehbar. Manche betreiben zwei, drei Standorte, andere zwanzig. Eine Professionalisierung, die in der Gastronomie besonders spürbar wird.

(C) ÖFV
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Deutschland zeigt, wohin die Reise geht

60 Prozent des Gastronomie-Umsatzes in Deutschland werden mittlerweile über Systemgastronomie erzielt, etwa  McDonald’s, Burger King, aber auch L’Osteria und andere. „Österreich ist nicht weit davon entfernt“, sagt Zagler. Der Grund: Während die klassische Gastronomie unter Personalnot, Energiekosten und administrativen Belastungen ächzt, können Franchise-Systeme Prozesse bündeln, digitalisieren und entlasten. Die Customer Journey digitalisieren, Recruiting zentralisieren und IT-Systeme entwickeln.

Dass auch neue Systeme wie FLiP, ein Bildungs-Franchise der Erste Bank für Finanzbildung von Kindern,  entstehen, zeigt: Das Modell reicht längst über Fast Food hinaus. Von Bildung über Pflege bis Handwerk wird franchisiert, was sich standardisieren lässt.

(C) ÖFV
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83.000 Euro Einstieg, 15 Jahre Partnerschaft

Franchise-Partner investieren im Schnitt 83.000 Euro, zahlen eine Einstiegsgebühr von 22.600 Euro und monatlich etwa 7,5 Prozent des Umsatzes als Franchise-Gebühr. „Die durchschnittliche Partnerschaft dauert 15 Jahre“, sagt Zagler. „Das zeigt, wie stabil diese Kooperationen sind, nicht selten übernehmen sogar die Kinder.“ Die beliebteste Vertragslaufzeit liegt bei fünf Jahren, wird aber regelmäßig verlängert. Mehr als die Hälfte der Systeme bietet Nachfolgekonzepte an und unterstützt beim Verkauf von Standorten.

Die Scheiterquote? Deutlich unter dem Durchschnitt. Während Neugründer in den ersten drei Jahren mit 37 bis 38 Prozent scheitern, liegt die Quote bei Franchise-Partnern bei weniger als einem Drittel davon. „Das Risiko, dass das Geschäftsmodell überhaupt funktioniert, fällt weg“, erklärt Zagler. „Das macht Franchise-Systeme viel stabiler.“

12,4 Milliarden Euro Umsatz, während der Rest der Wirtschaft kriselt. Die Franchise-Formel: Nicht selbst denken, sondern bewährte Systeme kopieren – und damit eine Scheiterquote erreichen, die nur ein Drittel des Gründer-Durchschnitts beträgt. (C) Stefan Seelig
Die Franchise-Formel: Nicht selbst denken, sondern bewährte Systeme kopieren – und damit eine Scheiterquote erreichen, die nur ein Drittel des Gründer-Durchschnitts beträgt. (C) Stefan Seelig

48 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, 29 Prozent der Führungskräfte. „Franchising ist eine sehr gute Art des Unternehmertums für Frauen nach der Karenz“, sagt Generalsekretärin Katarina Drevenakova. „Es erlaubt ein hohes Maß an Eigenständigkeit – bei gleichzeitigem Rückhalt durch das System.“ Manche Systeme bieten sogar Nebenerwerbs-Franchise an, bei dem nur ein Teil der Zeit investiert wird.

1.700 neue Partner im Jahr 2026

Für 2026 planen die Systeme die Aufnahme von 1.700 neuen Franchise-Partnern. 79 Prozent erwarten steigende Umsätze, 76 Prozent steigende oder gleichbleibende Gewinne. Fast die Hälfte befindet sich in einer Wachstums- oder Expansionsphase. Der Optimismus ist greifbar.

Doch die größte Herausforderung liegt nicht im operativen Geschäft, sondern in der Partnersuche. „Der Wunsch nach Selbstständigkeit nimmt in Österreich ab“, warnt Zagler. „Das macht es schwieriger, passende Persönlichkeiten zu finden.“ Finanzierung bleibt ein Thema, für Partner wie für Zentralen. Und die permanente Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle fordert Kapital und Innovationskraft.

Zagler selbst gibt für die Weiterentwicklung seines Systems 700.000 Euro jährlich aus, nimmt aber über die Digitalisierungsgebühr nur 228.000 Euro ein. „Dieses Bild, dass Zentralen nur den Rahm abschöpfen – das ist nicht ganz so.“

(C) ÖFV
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Von Bussen bis Schönheitschirurgie

Die Vielfalt des Sektors überrascht. Lucky Car ist mittlerweile die größte unabhängige KFZ-Werkstatt Österreichs. Mary Poppins vermittelt Hauspersonal für Privathaushalte. Selbst Schönheitschirurgie wird mittlerweile franchisiert, allerdings stoßen solche Modelle in Österreich zuweilen an regulatorische Grenzen.

„Es gibt keinen Bereich mehr, wo Franchising nicht möglich ist“, sagt Zagler. Im angloamerikanischen Raum sind Dachdecker, Spengler, Maler zu über 50 Prozent Franchise-Partner. In Kanada wird etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts über Franchise-Systeme erwirtschaftet. Frankreich hat den höchsten Anteil in Europa.

Was passiert, wenn nicht der Partner, sondern die Zentrale scheitert? Der Fall Swing Kitchen zeigt die Risikoseite. Die vegane Fast-Food-Kette ging in Insolvenz, zwei Franchise-Partner blieben übrig. „Wie machen zwei Partner das alleine?“, fragt Zagler. „Das ist äußerst kritisch.“

In Deutschland übernahmen in einem ähnlichen Fall (allerdings in einem viel größeren Franchisesystem) acht Franchise-Partner gemeinsam die insolvente Zentrale – und führten das System erfolgreich weiter. „Je größer ein System ist, desto eher gibt es Investoren oder Private Equity, die einspringen“, erklärt Zagler. Kleine Systeme im Aufbau sind verwundbarer.

(C) ÖFV
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75 Prozent der Franchise-Systeme betreiben auch eigene Standorte – meist 5 bis 30 Prozent des Portfolios. Dieser Mix aus eigen und franchisiert ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. „Man kann Dinge in Eigenstandorten ausprobieren, entwickeln, Prozesse testen“, sagt Zagler. „Sonst verliert man als Zentrale die Bodenhaftung.“
Für die Gastronomie lautet die Einladung: Umdenken. Wer wachsen will, wer aus Einzelbetrieben skalierbare Strukturen bauen will, findet im Franchising ein erprobtes Fundament. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden. Und in Zeiten, in denen die Komplexität des Unternehmertums steigt (von Nachhaltigkeitsberichterstattung bis zu digitalen Buchungssystemen), wird Arbeitsteilung nicht zum Luxus, sondern zur Notwendigkeit.

Über die Studie: Die Erhebung wurde vom ÖFV in Auftrag gegeben und zwischen März und September 2025 durchgeführt. 56 Franchise-Systeme nahmen teil. Der Verband vertritt seit 40 Jahren die Interessen der österreichischen Franchise-Wirtschaft und wird 2026 sein Jubiläum feiern.

 

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