Cobenzl: 17,8 Millionen Euro für ein Ausflugslokal
Das Ausflugslokal am Cobenzl wurde aufwendig saniert und neu verpachtet. Doch hinter der Fassade verbirgt sich ein kostspieliges Kapitel Wiener Stadtpolitik.

Im Herbst 2022 eröffnete das Café Rondell und die Veranstaltungslocation am Cobenzl im 19. Bezirk im neuen Glanz: Das Café im Stil der 1950er-Jahre, drei Eventlocations und ein großzügiger Neubau versprachen eine neue Ära für das traditionsreiche Ausflugsziel im 19. Bezirk. Der prominente Gastronom Bernd Schlacher (u. a. „Motto am Fluss“) war gemeinsam mit dem Investor Frank Albert als Pächter eingestiegen. Ihre gemeinsame Firma, die Weitsicht Cobenzl Immobilienentwicklung, investierte rund 16 Millionen Euro in die umfassende Renovierung und Erweiterung des Standorts. Die Stadt Wien steuerte weitere vier Millionen Euro bei.
Das Ziel: Ein wirtschaftlich nachhaltiger Betrieb an einem der schönsten Orte Wiens. Doch das Projekt entwickelte sich schnell zu einem Paradebeispiel dafür, wie ambitionierte Pläne und wirtschaftliche Realität auseinanderklaffen können. Nur ein Jahr nach der Eröffnung zog sich Schlacher wieder zurück. Als Grund nannte seine Firma die „ungünstige Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die damit verbundenen Kostensteigerungen“, die die ursprüngliche Planung über den Haufen geworfen hätten – so berichtete die ÖGZ bereits Anfang 2024.
Rückerstattung mit Folgen
Der Rückzug blieb nicht ohne finanzielle Folgen. Denn der zwischen Stadt und Weitsicht GmbH geschlossene Pachtvertrag enthielt eine brisante Klausel: Im Fall einer ordnungsgemäßen Kündigung ist die Stadt verpflichtet, die getätigten Investitionen der Pächter rückzuerstatten. Die Höhe der Rückzahlung wurde durch einen unabhängigen Gutachter ermittelt – die tatsächliche Summe war bis vor Kurzem allerdings nicht öffentlich bekannt.
Erst eine Anfrage des Journalisten Michael Ortner nach dem Informationsfreiheitsgesetz brachte Klarheit. Wie der Falter nun berichtete, bezifferte das Gutachten den sogenannten Sachwert der Investitionen mit exakt 17.817.000 Euro. Nach Abzug des bereits geleisteten städtischen Zuschusses von 4,3 Millionen Euro überwies die Stadt Wien im Juni 2024 weitere 13.509.410 Euro an die Weitsicht GmbH – ein Betrag, der in der Öffentlichkeit bislang unter dem Radar blieb.
Die Magistratsabteilung 49 (MA 49), zuständig für Forst- und Landwirtschaft, verweigerte zwar die Herausgabe des Gutachtens mit Verweis auf geschützte Betriebsgeheimnisse, nannte jedoch laut Falter die zentrale Zahl. Damit belaufen sich die Gesamtkosten für die öffentliche Hand auf über 17,8 Millionen Euro.
Seit dem Frühjahr 2024 betreibt die DoNs Catering das Café Rondell und die Veranstaltungslocation am Cobenzl im 19. Bezirk, wie die ÖGZ berichtete. „Seit der Übernahme vor rund eineinhalb Jahren hat sich der Betrieb sehr erfreulich entwickelt. Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir eine Umsatzsteigerung von rund 40% verzeichnen“, heißt es nun gegenüber dem Falter.
Renditehoffnung versus Wetterabhängigkeit
„Der Betrieb war mit dem Pachtvertrag, dem Umsatz und den steigenden Kreditzinsen nicht mehr möglich“, ließ die Motto-Gruppe zum Zeitpunkt ihres Rückzugs verlauten. Dahinter verbirgt sich ein strukturelles Problem: Der Betrieb eines Ausflugslokals mit witterungsabhängiger Frequenz lässt sich heute anscheinend kaum mit einer Investitionslogik im Millionenbereich vereinbaren.