So funktioniert die bargeldlose Bezahlung in der Gastronomie
Das bargeldlose Transaktionsvolumen legt weltweit bis 2025 um mehr als 80 Prozent zu. Ist die Entwicklung weg vom Baren noch zu stoppen?


Die Soulkitchen-Betriebe haben es konsequent durchgezogen: Gleich im ersten Lockdown wurde fast komplett auf bargeldlose Zahlung umgestellt. In den Glorious-Bastards-Standorten in Linz, Salzburg und Innsbruck bekommen die Gäste seitdem am Eingang den Hinweis: Zahlung per Kredit- oder Bankomatkarte sowie per Mobile Payment.
Wie funktionieren aufladbare Kundenkarten?
„Wir haben allerdings einen kleinen Notausgang eingebaut“, so Soulkitchen-Inhaber Heiner Raschhofer. Eine herkömmliche Kasse für alle, „die ihr Bargeld bei uns lassen wollen“. Die Gäste können auch ihre Glorious-Bastards-Karte mit dem Baren aufladen und dann zahlen. Der Anteil Cashless beträgt mittlerweile 98,9 Prozent, gerade mal 1,1 Prozent der Zahlungen sind noch Bargeld. Alles funktioniert reibungslos, auch das Zuweisen der Trinkgelder klappt besser. Auf den Tischen stehen Kärtchen: Wir sind cashless, aber Trinkgeld ist natürlich weiter möglich! Das läuft über ein mobiles Terminal, mit dem das Personal an den Tisch kommt. Damit lässt sich etwa eine 192-Euro-Rechnung auf 200 aufrunden.
Wie funktioniert Mobile Payment?
Neben Bankomat- oder Kreditkarte gibt es auch Mobile Payment. „Wir haben eigentlich alles – Apple Pay, Google Pay, WeChat Pay.“ Fürs chinesische WeChat Pay fehlen momentan die chinesischen Gäste, grundsätzlich sieht Raschhofer aber einen stetigen Anstieg von Mobile Payment. „Die jüngeren Gäste benutzen zum Zahlen wie selbstverständlich Smartphone oder Smartwatch.“ Leider gibt es bisher keine Kooperation zwischen den österreichischen Kreditkarten-Instituten und Apple Pay, sodass sich der Dienst nur mit Bankomat-Karte nutzen lässt. „Aber das wird sich sicher bald ändern“, so Raschhofer. Seine Maxime: immer offen sein für kluge Innovationen. Es sei superpraktisch, cashless zu arbeiten, egal ob Kreditkarte oder Apple Pay. Das spare auch Ärger: „Wir müssen kein Wechselgeld mehr verwalten und abends dreimal nachzählen. Wir müssen das Bargeld auch nicht mehr sicher verwahren, bis wir es zur Bank bringen. Der ganze lästige Aufwand fällt weg.“ Zudem ist alles transparent: Es gibt keine Diskussionen mehr, wer sich wo vielleicht mal verzählt hat.
Bargeldloses Zahlen als Service
Claudia Kogler, Besitzerin des Restaurants „Die Wilderin“ in Innsbruck, sieht bargeldloses Zahlen ganz pragmatisch als Service, als eine weitere Möglichkeit zu bezahlen. Wirtschaftliche Erwägungen spielen keine Rolle: „Es geht nicht darum, mit Kartenzahlungen höhere Umsätze zu erzielen.“ Auch beim Umgang mit Apple Pay und ähnlichen mobilen Diensten zeigt sich Kogler gelassen: „Wenn Gäste so zahlen möchten, dann sollten sie das im Restaurant auch können. Wenn mal was nicht funktioniert, dann gibt es ja immer noch Bargeld oder den nächsten Bankomaten um die Ecke.“ In Koglers Betrieb wird kein Mobile Payment angeboten, da die Gäste nicht danach fragen. Sie können neben Bargeld mit Bankomat- und Kreditkarten schnell zahlen. Ob Corona die digitalen, bargeldlosen Bezahlsysteme ankurbelt, lasse sich nicht sagen. „Wir hatten seit Jahren ein stetiges Wachstum, auch schon vor der Pandemie.“
Steigerungen bei bargeldlosen Zahlungen
Petra Schmidt, Vorstand für Marketing und Vertrieb des österreichischen Payment-Anbieters Card Complete, sieht eine klare Veränderung: „Corona hat wie ein Turbo für das bargeldlose Bezahlen gewirkt, auch in der Gastronomie.“ Die Restaurants, die Payment-Lösungen von Card Complete nutzen, verzeichneten in den Lockdown-freien Sommermonaten Juni, Juli und August 2021 eine Steigerung der Zahlungen von 12,6 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2019. Zwischen 2020 und 2021 lag der Zuwachs an bargeldlosen Zahlungen in den Sommermonaten sogar bei 20,6 Prozent. Während der Lockdowns in den Jahren 2020 und 2021 sei auch der Bedarf an Lieferservices und Take-aways in der Gastronomie stark gestiegen. Die Betriebe hätten besonders in diesem Bereich verstärkt auf das bargeldlose Bezahlsystem gesetzt.
Schmidt ist überzeugt, dass der Cashless-Boom dort auch nach Corona anhält: „Bargeldloses Bezahlen vor allem mit Kreditkarten nimmt weiter zu. Besonders junge Menschen erwarten überwiegend bargeldlose Bezahlmöglichkeiten in der Gastronomie und nutzen diese auch.“
Auch Gastronomieberater Nicolas Bergero von der Wiener Firma Zeta Gastro stellt fest: Die Pandemie hat den Digitalisierungsprozess angeschoben – und damit als Nebeneffekt auch das bargeldlose Bezahlen. Nach den ersten Monaten mit dem Virus begannen viele Betriebe, vermehrt digitale Plattformen wie Getsby.at, Lieferando oder Mjam zu nutzen. Fast alle bieten Kunden jetzt die Möglichkeit an, zu bestellen und dann digital zu bezahlen. „Aber nicht aus freien Stücken, sondern weil die Plattformen nur die digitale Bezahlung zulassen.“
Zustellgeschäft: Kontaktlos bezahlen
Die Anbieter brachten auch viele neue Tools auf den Markt, etwa für die Erstellung von Tagesmenüs und Stempelkarten. Oder neue Einstellungsmöglichkeiten, die den geänderten Hygienevorlieben entsprechen. Beispiel: das kontaktlose Abstellen der Lieferung vor der Tür. Die neuen Tools trugen dazu bei, „eine digitale Beziehung zwischen den Gästen und den gastronomischen Betrieben zu schaffen“. Bargeld sieht der Gastronomieexperte deswegen aber nicht als Auslaufmodell. Gastronomen wie Gäste bevorzugten immer noch den persönlichen Kontakt. Zwar werden digitale Speisekarten angeboten – aber die Gäste entscheiden sich immer noch für die Papierkarte. Zwar gibt es QR-Codes für alles Mögliche – aber die Gäste sehen immer noch lieber in die Gesichter des Personals.
„Die Gastronomie ist auf dem Weg in die Digitalisierung, keine Frage. Aber wenn es darum geht, diesen Schritt tatsächlich zu gehen, gibt es noch viele gemischte Gefühle.“ Auch beim Thema bargeldloses Bezahlen.
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