Unser (Bar-)Mann in New York

Roland Graf
12.09.2017

Bekannt war er schon in der Wiener Sky Bar, seit seinem Erfolg in New York ist Albert Trummer der Wolfgang Puck des Cocktails.

The Austrian, who set his bar aflame: Albert Trummer.

Vor 17 Jahren wechselte Albert Trummer von der Sky Bar nach New York. Was als „sechs Monate Umschauen“ gedacht war, wurde durch ein Engagement bei Spitzenkoch Daniel Bouley zur wohl spektakulärsten Bar-Karriere eines Österreichers. Jetzt war er auf Besuch in Wien.
Statt im „Drawing Room“ (Miami) oder seiner Themen-Bar „Sanatorium“ in New York, die mit ihren grünen Wänden und Getränke-Spritzen exakt so aussieht, wie der Name es suggeriert, mixte der gebürtige Steirer „Elderflower Negronis“ in der Wiener Josefstadt im „Tür 7“. Campari und Holunderblüten-Sirup vertragen sich wunderbar – und die erste Frage ist naheliegend.

An den Drinks heute fällt auf, dass sie sehr simpel sind, so gar nicht „fancy“ New Yorker Stil. Betonen Sie immer noch, dass es wichtig ist, sie nachmixen zu können?
Albert Trummer: Es ist ein Missverständnis, dass Top-Drinks nur in Bars und aus sieben oder acht Zutaten zu machen sind. Drei hervorragende Bestandteile reichen! Gin beinhaltet ja ohnehin Kräuter, der ist einfach zu vermixen, auch der Wodka. Tequila hingegen hat einen aromatisch herausragenden Charakter, da wird es schwieriger. Aber vor allem sollten wir weg vom vielen Zucker und künstlichen Aromastoffen, man kann doch so viel selber machen: Zesten einlegen oder mit Vanille aromatisieren etc. Mein Vater hat immer seinen Nusslikör gemacht. Und wenn du mit Weichsel- und Nusslikör aufwächst in einem steirischen Gasthaus, dann hast du immer ein Grundempfinden für natürliche Aromen.

Wie wirkt sich denn die aktuelle Gesundheitswelle auf die Drinks in New York aus? Sieht man dort auch mehr Wermut, Liköre oder Beerenauslesen anstatt harter Spirituosen?
Schon auch, wobei die Zauberworte bei den Spirituosen aktuell „handcrafted“, „signature“ und „small batch“ sind. 1999 hatten wir vielleicht drei Bourbons auf der Karte, dafür brauchten wir Tonnen von Wodka, jetzt gibt es die ganze Vielfalt an Whisky. Oder auch bei den Fruchtpürees, die haben wir früher selbst gemacht und einfrieren müssen, weil es nichts gab. Wir haben ja immer schon viel mit Kräutern und Früchten gearbeitet, in der „Apotheke“ etwa habe ich an die 80 Essenzen selber hergestellt. Das wirkt sich unmittelbar auf die Qualität der Drinks aus, macht aber natürlich auch Arbeit. Doch als Koch gehst du in der Früh auch in den Garten oder auf den Markt zur Vorbereitung. Vielleicht hat der Witzigmann deshalb einmal gesagt „Trummer, Sie wären ein guter Saucier“ (lacht). Alle Zitronen und Früchte kommen heute bei uns täglich frisch. Und vor allem nehme ich keinen Zucker, sondern arbeite mit einer Zuckerrohrpresse. Da hilft die Nähe zu Florida, da bekommen wir das unfermentierte Zuckerrohr, und das reduziert den Zuckergehalt in den Drinks schon deutlich.

Was ist sonst noch trendy in der Barhauptstadt New York?
Tequila und Mezcal sind ganz stark, was aber auch daran liegt, dass viele Gastromitarbeiter aus Mexiko kommen – und die wollen das dann auch trinken. Letztens etwa war ich in der Lower East Side essen und bekam ein wirklich tolles Wiener Schnitzel, obwohl nur Mexikaner in der Küche standen, kein einziger Österreicher. Aber ich hab dann nachgefragt, und dann hat es geheißen, sie haben alle bei Kurt Gutenbrunner (österr. Gastronom in NYC, u. a. mit dem „Wallsé“ oder „Café Sabarsky“) trainiert.

Die Hälfte Ihrer Google-Einträge besteht aus der Aufregung um die Feuershow in der „Apotheke“. Tenor: The Austrian, who set his bar aflame …
Die Apotheke war ja eine ehemalige Opiumhöhle in Chinatown. Und die Amerikaner wollen gerne an Sachen erinnert werden, wenn also Besuch aus L.A. kam, dann haben die New Yorker denen „the opium den“ zeigen müssen. Und nachdem damals Absinth ein großes Thema war und wir einen sehr hochprozentigen führten, haben wir den dann geflämmt. Drei Jahre lang ging das sicher zehn- bis fünfzehnmal pro Abend so, mit Musik (etwa die „Carmina Burana“) dazu – eine echte Show eben. Und für TV-Kameraleute, die das sehen wollten, haben wir für die Flammen schon mal nachgelegt, damit das auch im Film gut aussah. Und dann kam der Feuerinspektor und meine kurzzeitige Verhaftung deswegen, weil man da eine eigene „Pyro“-Lizenz braucht. Ich habe versucht denen zu erklären, dass sie dann auch jeden Küchenchef verhaften müssten. Im Endeffekt war das Dumme nur, dass du da einen Eintrag wegen „arson“ bekommst, also wie ein Brandstifter dastehst.

Ihre Bars hatten immer ein Thema, das in den Details umgesetzt wurde. Wie wichtig ist dieser Showfaktor?
Ich glaube, die Gäste sollten grundsätzlich ein Lokal positiv gestimmt verlassen. Da geht mein Verständnis zurück zu der Ausbildung bei Rainer Husar. Das war eine gute Schule, die Bar ist eben Bühne und Ballett gleichzeitig. Der Rainer hat schon einmal für einen Tisch 30 Flaschen Champagner mit dem Säbel geöffnet – und alle tranken an dem Abend dann eben Schampus. Übrigens verdankt sich dieser Zeit auch der Name der „Apotheke“-Bar. Denn wenn die Hütte voll war, hat der Rainer zu uns immer gesagt, „ihr müsst schneller werden, ihr arbeitet ja wie die Apotheker“.

Kann die US-Szene auch etwas von Österreichs Gastronomie lernen?
Es gibt viele österreichische Köche, die Erfolg in den USA haben. Das liegt auch an unserer Gastfreundschaft, würde ich meinen. In Städten wie London oder New York, die allein aufgrund ihrer Größe ein wenig unpersönlich sind, kommt das gut an. Denn es ist nicht so selbstverständlich, dass der Gast merkt, dass du ihm etwas Gutes tun willst. Du wirst deshalb auch in jedem Tophotel weltweit im Restaurant zumindest einen Österreicher finden. 
Ich arbeite auch in der Bar gern mit österreichischen Firmen, weil da die Qualität passt. Die Sachen vom Hans Staudt hab ich früher immer im Koffer mitgenommen, heute schickt er sie ganz regulär. Und ich würde gerne einmal in Wien etwas machen, wenn sich was anbieten sollte. Falls mal eine alte Apotheke zumacht zum Beispiel …

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